Tag: Ghandrung – Birethanti – Nayapul – Pokhara
Das Streudorf ist dank seiner hervorragenden Lage im Angesicht von Annapurna-Süd, Hiunchuli und Machhapuchare ein beliebter Etappenort. Nach einem hoffentlich stimmungsvollen Sonnenaufgang in Richtung Annapurna Sanctuary können wir einen Bummel durch das weitläufige Gurung-Dorf machen. Nun steigen wir am Westhang des Modi Khola-Tales ab und erreichen über den Ort Khimche (1.600 m) den Talboden. Bald sind wir im gepflegten und blumengeschmückten Dorf Birethanti (1.000 m). Wir queren die Stahlseilbrücke über den rauschenden Modi Khola und treffen flussabwärts auf die Straße bei Nayapul. Spätnachmittags erreichen wir per Bus über den 1.700 m hohen Khare-Pass unser Hotel in Pokhara. Falls die Zeit reicht, können wir noch einen Einkaufsbummel an der „Lakeside“ machen.
Gehzeit: 5h; Aufstieg: 0m; Abstieg: 920m;
Der letzte (Wander-) Tag. Der letzte Tage in dieser unglaublichen Natur. Der letzte Tage mit nichts als Sonne, blauer Himmel, Stille, Zeit für mich beim immer den einen Schritt auf den anderen tun. Der letzte Tag im Himalaja.
Laut Narayan sind es noch 3000 Stufen bis zum Ziel. 3000 Stufen, die uns erst einmal überraschend lange durch Ghandrung führen. Vorbei an prächtigen, farbenfrohen Häusern. Umrankt mit viel Gelb, Rot und Grün.
Wir wandern durch tiefgrünes Land. Rings um uns Reis- und Hirsefelder. Teil frisch abgeerntet, teils frisch überflutet, teil in voller Pracht. Narayan erzählt, dass in dieser Region bis zu viermal im Jahr geerntet werden kann. Ein grünes, fruchtbares Paradies.
Wir gehen über vielen Stufen immer tiefer, und mit jeder Stufe wird es heisser und schwüler. Und die Geräusche kommen zurück. Das Grillen der Zirpen, das Zwitschern der Vögel.
Am Mittag rasten wir zum letzten Mal an einer grossen Hängebrücke. Ich bestelle zur Feier des Tages natürlich „veg noodle soup“ und „applie pie“ und bin so recht noch nicht vorbereitet auf die Welt „unten im Tal“.
Die letzten zwei Stunden wandern wir auf einem breiten Wanderweg entlang dem Fluss. Zusammen mit vielen Tagestouristen, herausgeputzten Schülerinnern und Schülern und den wohl unvermeidlichen Ziegen- und Schafherden.
In Nayapul ist dann gegen 13:30 Uhr und nach gut 100 Stunden auf den Beinen tatsächlich Schluss. Der Bus wartet schon und die Träger verladen unser Gepäck. Ich ergattere mir einen Fensterplatz und während wir uns über den Khare-Pass Richtung Pokhara bewegen, nehme ich Abschied von den letzten 16 Tagen. Von den Bergen, den imposanten Aussichten, dieser grandiosen Natur.
Aber ich nehme auch vieles mit. Die vielen Begegnungen mit den offenen, herzlichen Einheimischen. Die Schönheit der Natur, den Stolz aus das Erreichte.
Die Langsamkeit meiner Schritte und auch meiner Gedanken, die spätestens in der Höhe von ganz alleine kam. Den Moment auf dem Pass, als ich die Gebetsfahnen aufgehängt habe für die Menschen, die mir wichtig sind. Als ich „mein Schweres“ zurückgelassen habe auf einem Ehrenplatz in der Höhe.
Die Kinderaugen und das Kinderlachen. Die guten Gespräche mit Ellen und Narayan. Beim Wandern. Am Abend in der Küche oder am Kamin sitzend.
Die Abende in den Lodges, im Kontakt mit anderen Wanderern und Gästen. Auf Deutsch, Englisch oder beliebigen Kombinationen davon.
Die Stunden, in denen ich schweigend einen Schritt nach dem anderen gemacht hab, und mich ergreifen lassen habe von der Schönheit, mit der sich die Berge, mit der sich Nepal mir gezeigt hat.
Die Reisfelder in allen nur erdenklichen Grüntönen am Anfang und Ende unserer Tour. Die steilen Berghänge, die sich links und rechts über uns in den Himmel gestreckt haben. Die Wälder. Ob wie im Schwarzwald oder echter Dschungel.
Der Sonnenschein, das tiefe Blau. Das strahlende Weiss. Das Funkeln der Sterne am Himmel. Die bunten Farben der Gebetsfahnen. Das Rattern der Gebetsmühlen. Die Stille in den Bergen.
So in Gedanken versunken, vergeht die Fahrt nach Pokhara wie im Flug und ehe ich mich versehe sind wir wieder mitten drin im hupenden, lärmenden und leider auch stinkenden Verkehrschaos. Als kleine Entschädigung dafür werden wir in einem sehr schönen Hotel direkt am Seeufer untergebracht.
Ich dusche und werfe mich für einen kleinen Stadtbummel mit frischem Hemd regelrecht in Schale. Pokhara gilt (zurecht!) als eine der schönsten Städte Nepal´s und ich schlendere neugierig durch die breite Hauptstrasse, an der sich an beiden Seiten Läden, Restaurants, Banken, Trekking-Agenturen und Massage-Salons abwechseln.
In einem richtig „hip“ eingerichteten Café bestelle ich „original italian coffee“ und in der Tat: schmeckt wie in der Espresso-Bar am Ludwigsplatz. Dazu ein leckeres Schoko-Croissant und die neuesten Mails auf meinem iPhone. Auch die „Zivilisation“ hat zugegebenermassen ihre Vorzüge.
Bevor ich mich wieder auf den Weg zurück ins Hotel mache, möchte ich an einem der Bankautomaten ein wenig Bargeld abheben. Doch das stellt sich als letztendlich unlösbare Aufgabe heraus. Der erste Automat meldet zwar keinen Fehler, gibt mir aber auch kein Geld. Der zweite zeigt mir nach wenigen Klicks den „Windows“-Anmeldeschirm und der dritte begrüsst mich direkt mit einem „Out of order“ – immerhin umrahmt von wunderschönen Aufnahmen vom Sonnenuntergang in Pokhara. Muss ich wohl wieder Angelika anpumpen, die in ihrem Gürtel fast unendliche Bargeldreserven verstaut hat.
Am Abend treffen wir uns alle zum Essen mit Musik direkt am See. Das Essen ist zwar eindeutig einheimisch aber dennoch kalt und die Hausband gibt sich zwar sichtlich Mühe, aber der Funke will so recht nicht überspringen.
Den „Absacker“ genehmige ich mir zusammen mit Ellen, Volker und Wolfgang in der V-Lin Bar. Auch dort scheint heute Live-Music angesagt zu sein, und die drei Jungs rocken was das Zeugs hält. Der Funke will allerdings auch hier nicht überspringen. Wohl vor allem weil wir die einzigen Gäste sind.
Wolfgang´s Erzählungen vom Urologen sind aber sowieso viel mitreissender und spätestens als der seinen Lieblingswitz (ich sag nur „30cm grossen Simmel“) zum wiederholten Male zum Besten gibt, ist alles gut.
Und im See spiegelt sich der Mond dazu.