13. Tag: Jomosom – Marphá – Tukuche
Auf dem alten Karawanenweg entlang des windigen Schottertals des Kali Gandaki trekken wir bis ins Verwaltungszentrum Jomosom. In dieser ariden Steppenlandschaft erreichen wir nach ca. 3-4 Stunden das stattliche Dorf Marpha (2.650 m). Ringsum gedeiht Getreide auf bewässerten Terrassen und wachsen Obstbäume mit saftigen Äpfeln. Auffallend sind die aneinander gebauten Flachdachhäuser. Das Leben der tibetischen Thakali spielt sich meist in den Innenhöfen ab. Doe oft mit Holzschnitarbeiten verzierten Gebäude bieten auch Schutz vor den heftigen Winden, die durch das enge Tal des Kali Gadaki toben. Mit dem Einzug des Tourismus erleben die Bewohner einen Aufschwung und wandeln ihre Häuser in Herbergen um. So ist es auch im nächsten Thakali-Dorf, dem Handelszentrum Tukuche, das wir nach ca. 2 Stunden betreten.
Gehzeit: 6h; Abstieg: 350m;
Die Stimmung am Morgen ist gedrückt. Eva und Thomas musste am Vorabend unsere Tour aus familiären Gründen kurzfristig abbrechen, und sind am frühen Morgen schon mit dem Jeep Richtung Jomosom gefahren, von wo sie mit dem Flieger nach Kathmandu weiterreisen wollen.
Die beiden fehlen der Gruppe, von uns 13 sind nur noch 11 „übrig“.
Wir bekommen zum Abschied vom Wirt der Lodge schöne weisse Schals umgebunden als wir uns verabschieden, und ich werde diesen Schal, gut verknotet an meinem Rucksack, bis nach Karlsruhe mitreisen lassen.
Die ersten Stunden wird wenig gesprochen. Ich gehe heute meist direkt hinter Bhim ganz vorne und bin in Gedanken versunken. Mein „Tief“ von gestern habe ich aber überwunden, ich freue mich auf die restlichen Tage, die noch vor uns liegen.
Zu Beginn unserer Etappe folgen wir dem sehr breiten Flussbett des Kali Gadacki, das allerdings wenig Wasser führt. Ob man während den Monsun-Monaten hier so einfach entlang spazieren kann?
Der Wind hat im Vergleich zu gestern spürbar nachgelassen, so dass ich ganz entspannt die steilen Bergwände auf beiden Seiten der Schlucht geniessen kann.
Wir teilen uns den Weg mit etlichen Pferde-Karawanen, Ziegenherden, Jeeps, Motorrädern und Bussen. Wieder einmal erleben wir die Vergangenheit und die Zukunft Nepals ganz hautnah und ich frage mich, wie sich diese Gegend ändern wird, sobald die Strasse wie geplant asphaltiert wird und damit von „jedem“ benutzbar wird.
Die Trekking-Route wird sich dann sicherlich nicht mehr an der Strasse entlang schlängeln, und die Zahl der Touristen wird weiter steigen. Mit sicherlich vielen positiven, aber wohl auch einigen negativen Auswirkungen für die Natur und die Menschen, die hier leben.
Am frühen Mittag erreichen wir Jomosom, ein grosse Stadt, die Dank ihres Flughafens einer „der“ Knotenpunkte für Trekkingtouren in Nepal ist. Hier beginnen viele Trecks und hier finden viele Trecks ihr Ende. Dementsprechend ist die Hauptstrasse gesäumt mit Lodges und Hotels, mit Bars und Restaurants und mit den uns mittlerweile schon sehr vertrauten Souvenir-Ständen.
Ich nutze wie die meisten von uns die Gelegenheit, meine Bargeldreserven aufzufrischen, und hoffe, dass ich nun für den Rest der Tour gut versorgt bin.
Nach einer ausgiebigen Trinkpause, in der ich dem Treiben auf der Hauptstrasse zuschaue, geht es weiter. Vorbei am Flughafen wandern wir jetzt mit viel Gegenwind und noch mehr Staub Richtung Marphá.
Die meisten von uns sind zum Schutz vor dem Staub dick vermummt. Ich begnüge mich mit meiner Kappe und ziehe mir ,wenn der Wind gar zu viel Staub aufwirbelt, meinen Pullover über den Mund.
In Marphá werden wir für unsere Mühen mit einem sehr leckeren „apple crumle“ belohnt. Kein Wunder, sind wir doch nun im „Apfelparadies“ von Nepal. Überall sehen wir Apfelplantagen, in denen die Bäume wie bei Zuhause im Schwäbischen in Reih und Glied aufgereiht sind.
Nach unserer Mittagspause wartet dann aber schon wieder Staub, mehr Staub, und noch mehr Staub auf uns. Einzig eine kurzes Wegstück durch den Wald bietet ein wenig Abwechslung.
Ich komme mir dabei plötzlich vor wie im Schwarzwald, mit grünen Wiesen, Tannen und Kiefern und einem herrlich erfrischen Gebirgsbach an dem wir rasten und Wolfgang die Reste seiner Riesensalami verteilt.
Kurz vor dem heutigen Etappenziel überqueren wir die vielleicht längste, auf jeden Fall aber windigste Hängebrücke unserer Tour. Da fühle ich mich an die eine oder anderen Szene aus Indiana Jones erinnert, und ich bin zugegebenermassen froh, als ich wieder festen Boden unter den Füssen habe.
Unsere Lodge in Tukuche überrascht mich mit einem wunderschönen Innenhof, der ganz in Blau gehalten den idealen Rahmen für ein Feierabendbier bietet. Auch während der zweiten Hälfte unserer Tour folgen die (Bier-) Preise wohl den Höhenmetern, so dass wir wieder ein wenig billiger anstossen können.
Der heutige Tag war sehr anstrengend. Mein Knie schmerzt, die Wade zwickt und den vielen Staub werde ich wohl erst in Kathmandu endgültig abwaschen können.
Kurz vor dem Abendessen spaziere ich noch ein wenig durch die engen Gassen von Tukuche und als mich ein paar Kinder vor einem kleinen Laden ansprechen und „Sweets“ wollen, tue ich ihnen den Gefallen und kaufe für alle Schokolade. Wobei sich das dann wie ein Lauffeuer in der ganzen Strasse herumspricht und mir plötzlich 1o weitere, Schokoladen-hungrige Kinder gegenüberstehen. Bei einem Preis von ca. 5 Cent pro Schokolade bin ich aber gerne grosszügig und lade alle ein. Wofür ich sowohl von den Kindern als auch vom Besitzer des Ladens ein strahlendes Lächeln bekomme.
Als „Gegenleistung“ gibt es natürlich ein paar Fotos von den Kindern. Viel lieber scheinen sie aber noch mit mir ein wenig zu „bubeln“, was ich natürlich gerne mache bis ich völlig ausser Atem bin und es Zeit fürs Abendessen ist.