Annapurna Round 2010 – Teil 10

10.Tag: Churi Lattar – Thorong Phedi
Über das letzte Dorf Churi Lattar (4.150 m) kommen wir nach Thorong Phedi (4.450 m), der letzten einfachen Unterkunft vor dem Thorong La. Vor unserer „Königsetappe“ sind wir nur einen halben Tag unterwegs, können den Rest des Tages also ausruhen und Energie tanken.
Gehzeit: 4h; Aufstieg: 450m;

In der Nacht wache ich völlig durchfroren auf, obwohl ich mit zwei Pullovern, Jogginghose, Socken und nepalesischer Wollmütze im Schlafsack recht ordentlich verpackt bin. Für über 4500 Höhe wohl aber nicht gut genug. Ich schäle mich notgedrungen aus meinem Schlafsack und ziehe mein (fast) letztes Ass aus dem Ärmel bzw. Seesack. Der zweite Schlafsack, der bis jetzt vor allem Michael beim Tragen beschäftigt hat und jetzt den ersten Einsatz findet.

Ist eine interessante Übung nur mit Stirnlampe bewaffnet in zwei Schlafsäcke und kriechen, und die dann auch noch einen nach dem anderen zu schließen. Danach ist mir allerdings warm und ich schlaf noch ein paar Stunden bis zum Morgen.

Der „dining room“ wurde wohl die ganze Nacht gelüftet, von meinem kleinen Ausrutscher am Abend zuvor ist nämlich nichts mehr so sehen und vor allem zu riechen. Allerdings unterschiedet sich nun die Temperatur im „dining room“ nur unwesentlich von der ausserhalb. Doch bei einer extra Portion „black tea“ verkraften wir auch das, und brechen wenig später gut gestärkt auf.

Die Sonne strahlt mit uns um die Wette, und die Stimmung bei allen ist prächtig. Ich komme nach wie vor sehr gut mit der Höhe zurecht. Habe gut geschlafen, habe Appetit und das Laufen fällt mir bei entsprechendem langsamen Gehen leicht.

Ich muss an Manfred´s Seminar denken, das er im Januar anbieten wird und an die Meditationsübung, der er mir schon mal „vorab“ verraten hat: eine Stunde schweigend und so langsam wie möglich, aber nicht langsamer, im Kreis gehen. Irgendwie fühle ich mich heute fast so, und genieße das „meditative“ Gehen mit Bergblick.

Mit Ellen verstehe ich mich immer besser und wir unterhalten uns heute lange über das „Hier und Jetzt“, über Yoga, über Gestalt-Therapie und über die vielfältigen „Wege zum Ich“. Ich habe selten eine „jüngere“ 50-jährige kennengelernt und fühle mich so wie sie sagt, in der Tat „seelenverwandt“ mit ihr.

Da wir heute nur eine kurze Etappe von ca. 4 Stunden bewältigen müssen, bleibt genügend Zeit für ein ausgiebiges mittägliches Sonnenbad. Nach vorausgegangener „veg noodle soup“ versteht sich. Eingepackt in meine farbenfrohe Wollmütze trotze ich auch dem doch recht starken und eisigen Wind und gönne mir eine zusätzliche Portion Sonne.

Nach unserer Ankunft in Thorong Pedi, einer Ansammlung mehrerer Lodges und (fast) letzter Unterkunft vor dem Thorong La, ruft Narayan bald wieder zum Akklimatisationsspaziergang. Von „Spaziergang“ kann dieses Mal aber nicht die rede sein, denn wir steigen „auf die Schnelle“ die ca. 400 Höhenmeter zum Thorong La High Camp auf, der wirklich letzten Übernachtungsmöglichkeit vor dem Pass.

Dort gibt es dann aber einen wunderbaren „apple pie“ und nach einem kleinen Plausch mit einer deutschen Wandergruppe, die es auf unsere (Sitz-) Plätze im Aufenthaltsraum des High Camps abgesehen hat, steigen wir wieder ab. Beim Rückweg teilen wir uns die schmalen Serpentinen mit einer langen Maultier-Karawane. Die Tiere sind wie immer voll beladen und die Treiber gewohnt unnachgiebig, wenn eines der Tier nicht weiter will. Mich fasziniert, wie genau die Tiere den Weg zu kennen scheinen und sich den offensichtlich kürzesten Weg durch das Geröll suchen.

Vor dem Abendessen im dieses Mal leider unbeheizten und deshalb recht ungemütlichen „dining room“, mache ich nach knapp der Hälfte unserer Tour einen kleinen Kassensturz. Der allerdings ernüchternd ausfällt, da die ursprünglich veranschlagten 10-15 Euro pro Tag für (Mittag-) Essen, Snickers oder Mars und Getränke bei weitem nicht auszureichen scheint.

Unglücklicherweise gibt es auf 4500 Meter auch keinen Geldautomaten, so dass ich jetzt einfach sparen muss, bis wir in ein paar Tagen wieder an einer Bank vorbeikommen werde. So ein „Sparzwang“ sollte ich mir ab und an auch mal in Deutschland auferlegen, meinem Konto würde das sicherlich gut tun.

Thorong Pedi ist ein echter Massenbetrieb, der er mit jeder überlaufenen Hütte in den Alpen aufnehmen kann.

Eine Unzahl von Treckern aus allen Herren Ländern, vor allem Franzosen und Deutsche. Aber auch Spanier und Italiener und sogar ein paar Israelis glaube ich zu erkennen. An diesem Abend scheint es in der Tat keinen freien Schlafplatz mehr zu geben, denn während wir uns noch mit unserem Abendessen für die morgige Königsetappe stärken, bauen ein paar Spanier neben unserem Esstisch ihr Nachtlager auf. Wobei sie sich dabei keine allzu große Mühe geben, ihre Müdigkeit zu verbergen verbunden mit der (in-) direkten Aufforderung, wir mögen uns doch endlich aus dem „dining room“ verabschieden.

Da Königsetappen meist „lang und schwer“ sind, und wir dementsprechend morgen schon um halb Vier geweckt werden, fällt uns der Abschied aber leicht und kurz nach 8 Uhr (!!) grabe ich mich in meine zwei Schlafsäcke ein. Und ja, das allerletzte Ass in meinem Seesack habe ich da auch schon gezogen: meine lange Unterhose, die mich dann aber auch die Nacht und den ganzen nächsten Tag über schön warm halten wird.

Annapurna Round 2010 – Teil 10

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