Der Ausflug der toten Mädchen Anna Seghers. Aufbau Taschenbuch 1995, Taschenbuch, 140 Seiten, € 3,89 Es gibt da einen gewaltigen Unterschied zwischen Schriftstellern und Schreibern. Die ersteren bewegen etwas mit ihren Geschichten, die letzteren haben Erfolg. Vielleicht ist das etwas zu pauschal ausgedrückt, aber es läßt sich am obigen Beispiel hervorragend überprüfen. Ein Schulmädchenausflug kurz vor Beginn des ersten Weltkrieges ist kein Stoff, aus dem publikumsträchtige Kinofilme gemacht werden können, doch an diesen erinnert sich die damals vom Exil schon schwer gebeutelte Seghers. Sie erinnert sich an die Freundschaft zwischen Marianne und Leni, die da noch Hand in Hand den Spielplatz unsicher machten. Und sie erinnert sich daran, wie die eine Jahre später Marianne ihre Hilfe verweigerte, als Leni von der Gestapo ins KZ geschafft wurde. Es sind die summierten Grausamkeiten des kleinen Mannes, die das dritte Reich zu einem Horrorszenario werden ließen. Der Verlust des Vertrauens zu seinem Nächsten muß wohl das Schlimmste gewesen sein und das kommt auch in der letzten Geschichte, „Das Ende“. Dort hat es allerdings auch sein Gutes. Wer mal das siebte Kreuz gelesen oder wenigstens gesehen hat, erinnert sich vielleicht an den KZ-Aufseher Zillich. Der versucht nach dem Krieg wieder zurück zu seiner Familie zu [...]
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Anna Seghers – Der Ausflug der toten Mädchen und andere Erzählungen
Autor des Artikels : mczarnetzki
Matthias Czarnetzki begann als Banker, wurde Journalist und studierte Informatik, bevor er feststellte, dass Schriftsteller mehrere Leben führen können, aber nur für eins Steuern zahlen müssen. Er ist unabhängiger Autor und unterstützt seine Indie-Kollegen darin, den gleichen Respekt zu erlangen...