Angie Thomas, James Baldwin, Tupac & more

Angie Thomas, James Baldwin, Tupac & moreNachdem ich vor ein paar Tagen endlich den Film I am not your negro (Regie Raoul Peck) mit James Baldwin gesehen habe, ist mir das Jugendbuch The Hate U Give wieder eingefallen. Habe ich dazu bisher gar nichts geschrieben? Es hat mich doch wahnsinnig aufgewühlt, mich wütend und glücklich zugleich gemacht. Meine Gedanken rasen hin und her zwischen James Baldwin und Angie Thomas. Baldwins Worte über die Sechziger Jahre in den USA und die Dokumentaraufnahmen von prügelnden Cops ähneln so sehr der Geschichte um das schwarze Mädchen Starr Carter und ihren Freund Kahlil in der heutigen USA. 

Ihre Eltern wollen für Starr und ihren Bruder Seven das Beste. Ein besseres Leben jedenfalls, als sie selbst es hier im schwarzen Viertel Garden Heights haben. Doch der Alltag an einer Schule mit weißen Kids bringt Starr in große Konflikte.

Als dann ihr bester Freund Khalil völlig grundlos bei einer normalen Autokontrolle von einem weißen Cop erschossen wird, ändert sich das Leben von Starr radikal. Sie muss erleben, wie ihr toter Freund einfach auf der Strasse liegen gelassen wird. Mit kalter Ignoranz. Wie ein Ausstellungsstück. Während die Cops sein Auto durchwühlen, versucht Starr ihnen zu sagen, dass sie das lassen und lieber Khalils Augen schließen sollen:

Bitte, deckt ihn zu. Bitte, schließt seine Augen. Bitte, schließt seinen Mund. Nehmt die Pfoten von seinem Wagen. Fasst seine Haarbürste nicht an (Seite 34).

Schließlich klopfen die anderen Cops dem Cop, der geschossen hat, beruhigend auf die Schulter und versichern ihm, dass alles gut würde. Schließlich hätte die Haarbürste eine Waffe und der schwarze Junge ein Drogendealer sein können. Entsetzt frage ich mich, wie „alles gut werden kann“, wenn ein Cop gerade einen Unschuldigen erschossen hat?! Und was ist überhaupt mit Starr?! Sie ist Zeugin, sie hat alles gesehen. Doch Starr ist voller Zweifel. Wird man ihr glauben? Was denken die Kids an ihrer vorrangig weißen Schule, wenn sie sich als Freundin von Khalil outet? Was macht das mit ihrem Image als schwarzes Mädchen unter lauter weißen Kids?

Wieviel Courage es wirklich braucht, sich im heutigen Amerika als schwarze Sechzehnjährige zu behaupten und schließlich gegen einen Weißen auszusagen, das erzählt eindrucksvoll dieses Buch. Autorin Angie Thomas erhebt ihre Stimme für Gerechtigkeit und gegen Rassismus, wie das vor 50 Jahren James Baldwin tat. Wut und Zorn entzünden sich in ihrem Roman an der Ermordung von Khalil.
Insgesamt drei Morde sind es, die Regisseur Raoul Peck als roten Faden der Film-Story wählt: Medgar Evers, Menschenrechtsanwalt, ermordet 1963. Malcolm X, Menschenrechtsaktivist, ermordet 1965. Martin Luther King, Pfarrer, ermordet 1968. Es fühlt sich an, als seien zwischen beiden Stories keine 50 Jahre vergangen. Gestern wie heute sind Black People in Amerika ausgegrenzt und müssen doppelt hart kämpfen für ihr Recht. Man kann den Roman von Angie Thomas wie eine Fortsetzung dessen lesen, was James Baldwin in seinem 30-seitigen Manuskript Remember this house bewegt hat, und das – von Raoul Peck in I am not your negro mit dokumentarischen Filmszenen verknüpft – die Geschichte der Afro-Amerikaner der USA beschreibt.

The Hate U Give ist ein grandios powerndes Buch über ein außergewöhnliches Mädchen, das zur Kämpferin wird und allen Mut gibt, sich stark zu machen für Gerechtigkeit. Thematisch sehr passend finde ich den coolen Erzählton mit viel Slang und mit den Texten schwarzer Rapper. Noch nach dem Zuschlagen des Romans habe ich das Gefühl, dass es brodelt und dass Funken sprühen. Als kämen Klänge des Rappers A$AP mit seinem Song F**kin Problems zwischen den Buchdeckeln hervor. Oder Tupac mit I’d Rather be Ya N.I.G.G.A (NIGGA steht für Never Ignorant Getting Goals Accomplished – also für jemanden, der niemals unwissend ist und der fähig ist, alle seine Ziele zu erreichen). Inspiriert ist der Buchtitel übrigens von Tupac und seinem Tattoo THUG LIFE (The Hate U Give Little Infants Fuck Everybody – der Hass den du gibst, kommt immer zurück). Auch Tupac starb 1996 – erschossen von einem Unbekannten.

Im Nachwort ermutigt die Autorin (die als Teenagerin selbst Rapperin war) jedes schwarze Kid in Georgetown und in all den anderen „Gardens“ der Welt:

Eure Stimmen zählen, eure Träume zählen, eure Leben zählen. Seid die Rosen, die aus dem Beton wachsen (Seite  503).

Angie Thomas, James Baldwin, Tupac & more

Angie Thomas. The Hate U Give. Aus dem Amerikanischen von Henriette Zeltner. Verlag cbt. München 2017. 503 Seiten. 17,99 €

I am not your negro. DVD. Regie Raoul Peck. Nach einem Text von James Baldwin. Erzähler Samuel L. Jackson und Samy Deluxe. Laufzeit ca. 93 Minuten. ca. 14,99 €



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