Über den Wahlkampf in den USA wurde in der letzten Zeit dermaßen viel berichtet, dass ich jetzt nicht einfach damit aufhören kann, mich damit zu beschäftigen. Obwohl wir in Deutschland ja auch Wahlkampf haben, irgendwie. Hier wie drüben wird sich nicht groß was ändern, egal wer gewählt wird – klar. Leider.
Aber es gibt immer wieder kleine Details am Rande, die schon interessant sind. Etwa, dass die alten weißen Männer, die Romney unterstützt haben, jetzt ziemlich angefressen sind, dass nicht mal ihre vielen Millionen Dollar, die sie in den Wahlkampf gepumpt haben, verhindern konnten, dass es so viele junge, farbige, arme Männer und Frauen in den USA gibt, die gar keine andere Wahl als Obama hatten. Eine gewisse Schadenfreude kann ich nicht verhehlen – genau die Säcke haben in den vergangenen Jahrzehnten mit ihrer Unterstützung für die asoziale Bush-Clique doch dafür gesorgt, dass die Zielgruppe für Obamas Politikversprechen entscheidend vergrößert wurde. Eine Politik, die vergleichsweise wenige Besitzende hemmungslos bevorzugt, produziert nun mal jede Menge Verlierer, die trotz harter Arbeit auf keinen grünen Zweig mehr kommen. Und die wählen nun mal keine Kandidaten, die ihnen versprechen, dass sie auch künftig keine Chance haben werden.
Da helfen nicht mal Propaganda-Sender wie Fox News, gegen den unser braver Staatsfunk aus Mainz ein Hort kritischen Denkens ist. Es ist schon erschütternd komisch zu sehen, wie sich die Leute bei Fox verzweifelt gegen das Offensichtliche wehren: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Dass der andere da gewinnen könnte war einfach nicht vorgesehen. Das kommt davon, wenn man seiner eigenen Propaganda aufsitzt. Wobei ich nicht so weit gehen würde wie der Kommentator der Süddeutschen, der sich freut, dass man auch in den USA mit Dollars noch keinen Präsidenten kaufen könne. Man kann mit Dollars keinen Mitt Romney kaufen. Bei den republikanischen Kandidaten Ronald Reagan und den beiden Bushs hat das mit den Dollars noch ganz gut geklappt. Die haben dann allerdings den strategischen Fehler gemacht, durch ihre neoliberale Politik die weiße (und auch die nicht ganz so weißen Aufsteiger in die) Mittelschicht und damit ihr klassisches Wählerpotenzial zu zerreiben.
Ähnliches lässt sich ja auch hierzulande beobachten: Die so genannten Volksparteien verlieren kontinuierlich an Rückhalt. Knapp 30 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland wählen erst gar nicht mehr. Angesichts der realen Wirkungsmöglichkeiten ist das auch die einzig wirklich angemessene Handlungsweise – denn mit der Teilnahme an der Wahl bestätigt man ja letztlich, dass man das herrschende System im großen und ganzen in Ordnung findet. Dabei ist es für die Leute doch egal, ob eine rot-grüne oder eine schwarz-gelbe Bundesregierung das nächste Verarmungsprogramm für die Massen auflegt, damit der Kapitalismus irgendwie weiter gehen kann. Insofern werden die kommenden vier Jahre unter Obama in den USA für entsprechende Ernüchterung sorgen – es wird keinen Change geben, bei dem sich irgendetwas entscheidend zugunsten der breiten Massen ändert.
Genauso wie sich nach 1998 bei uns nichts zugunsten der breiten Masse verändert hat. Und es wird sich auch nach der nächsten Bundestagswahl nichts ändern, egal wie das Ergebnis aussehen wird. Dass Politik in diesem System gar nicht anders funktionieren kann, ist derzeit unter anderem an der rekordverdächtigen Selbstdemontage der Piraten zu sehen – die sind ja mit der Behauptung angetreten, dass Politik besser und bürgernäher würde, wenn man sich nicht mit Sachthemen beschäftigt, sondern alles irgendwie per Internet regelt. Konnte natürlich nicht funktionieren – und bei der nächsten Wahl werden die Piraten vielleicht noch ein paar lustige Tweets liefern, das wars dann aber auch. Als Detail am Rande wird sich 2013 vermutlich zeigen, dass man in Deutschland einen Kanzlerkandidaten mit ein paar Tausend Euros Redehonorar zwar nicht kaufen, aber demontieren kann. Aber die Haupterkenntnis wird sein, dass das Mantra der Alternativlosigkeit gar keine Erfindung der Kanzlerin Merkel ist, sondern der Hauptfehler unseres freiheitlich-demokratischen Systems.