Analyse Finanzkrise (2): IFRS; International Financial Reporting Standards

Vor fast einem Jahr am 17. Februar bin ich schonmal auf die Finanzkrise eingegangen in dem Artikel Community Reinvestment Act.

Damals habe ich darauf aufmerksam gemacht, das ein Auslöser der Krise eben dieses Gesetz in den USA war. Kurz zusammengefasst wurden amerikanische Banken gezwungen Kredite für Immobilien an Kunden mit zweifelhafter Bonität zu vergeben. Was wie man heute weiß zur Immobilienblase geführt hat, die dann die Finanzkrise ausgelöst hat.

Natürlich war / ist die Finanzkrise vielseitiger als dieses eine Ereignis. Es gibt noch weitere Ursachen, die mitgewirkt haben. Seit dieser Zeit schlummerte dieser Artikel bereits in Entwürfen. Er hat es verdient nun endlich veröffentlicht zu werden, also voilà.

International Financial Reporting Standards; kurz IFRS; sind internationale verbindliche Bilanzierungsvorschriften. Sie dienen dazu international die Rechnungslegung vergleichbar zu machen losgelöst von den jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen in den einzelnen Ländern.

Die IFRS gelten für alle kapitalmarktorientierte Unternehmen und wurden durch die Anerkennung der EU im Jahr 2003 für alle EU-Mitgliedsländer rechtsverbindlich.

Die Bilanzierung nach HGB ist in Deutschland auch danach noch verbindlich aufgrund der Steuergesetzgebung, aber haben an sonstiger Bedeutung verloren.

Was hat aber die IFRS mit der Finanzkrise zu tun? Dazu muss man sich ein wenig im Bilanzierungsrecht auskennen.

Nach dem Standard des HGB gilt das Imparitätsprinzip. Ein in der Aktiva verbuchter Bilanzbestandteil darf höchstens zu Anschaffungskosten, muss aber (bzw. in einem Spezialteil besteht die Wahl) auf ein niedrigeres Niveau abgeschrieben werden, wenn der Wert offensichtlich gesunken ist. Gewinne dürfen also erst bei Realisation ausgewiesen werden, während drohende bzw. befürchtete Verluste bereits vor der tatsächlichen Realisation in der GuV als Verluste / Abschreibungen gebucht werden.

Nach IFRS gilt das nicht. Hier wird grob gesagt jeweils zum Marktwert zu- und abgeschrieben. Das bedeutet bei einem höheren Marktwert wird in der GuV ein höherer Gewinn ausgewiesen ohne das ein tatsächliches Geschäft zu Grunde liegt. Diese Gewinne sind also reine Buchgewinne und nicht tatsächlich realisiert. Sie haben somit direkte Auswirkungen auf die Eigenkapitalbasis. Es gibt keine stillen Reserven mehr. Die Vergleichbarkeit im Sinne der Teilhaber ist also in einem hohen Maße transparent.

Schwierigkeiten bestehen aber auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene. Die Höhe der Kreditvergabe eines Kreditinstituts misst sich an den Baseler Richtlinien, welche in Europa allgemeinverbindlich sind.

Die Baseler Richtlinien sollen eine angemessene Eingekapitalausstattung von Finanzinstituten gewährleisten und die Wettbewerbsbedingungen vereinheitlichen. Zu Zeiten vor und während der Finanzkrise galt Basel II. Die gemessene Risikotragfähigkeit bemisst sich demnach am eingegangenen Risiko der Bank. Bei ausschließlich guten Bonitäten ist eine geringere Eingenapitalquote für die Bank notwendig, bei höheren mehr Eingenkapital. Wenn man vereinfacht annimmt, die Quote solle mindestens 8 % aller Geschäfte jeden Risikos ausmachen kann ein Kreditinstitut 12,5 mal soviel Geld verfügbar machen als es Eigenkapital hat.

Verändert sich jetzt die Bezugsgröße Eigenkapital durch Buchgewinne, ist das Kreditinstitut in der Lage 12,5 mal dem Buchgewinn Kredite zu vergeben, ohne das dem Buchgewinn ein tatsächliches Geschäft zu Grunde liegt.

Im Vorfeld der Finanzkrise deckten sich die Banken mit Wertpapieren aus dem Subprimemarkt ein, welche durch Ratingargenturen mit Bestnoten ausgezeichnet wurden. Die steigenden Kurse verhalfen den Banken zu enormen Buchgewinnen und somit zu der Ausweitung ihrer Risikotragfähigkeit, welches neue Kreditvergabemittel freischaufelte. Das alles passierte mit nur geringen Handelmengen. Der größte Teil wurde nicht auf dem Kapitalmarkt gehandelt sondern von den KI gehalten.

Als sich eines Tages herausstellte das der gehandelte Marktwert sich nicht mit der zu Grunde liegenden Forderung deckt bzw. nahezu wertlos war, waren dies auch alle Buchgewinne der Banken. Die Kurse brachen ein und bescherten den Banken enorme Kursverluste, welche sich kurz darauf durch das gesunkene Eigenkapital nahe der oder bereits über ihrer Risikotragfähigkeit befanden. Die Subprimepapiere stellten sich als toxisch heraus, weil sie auf einer Blase aufgebaut waren.+

Man sieht wieder einmal das neben Managementfehlern bei den einzelnen Banken die eigentlichen Ursachen viel grundsätzlicher Natur waren. Es ist für Politiker aber einfacher auf  Banken und böse Spekulanten zu schimpfen als sich eigene Fehler einzugestehen.

Im nächsten Teil beschäftige ich mich dann mit der Geldmengensteuerung.



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