An einem Montag wie jeder andere – 1952

Ein vergessener Film:
An einem Montag wie jeder andere – 1952HOME AT SEVEN
UK 1952
Mit Ralph Richardson, Margaret Leighton, Jack Hawkins, Campbell Singer, Michael Shepley, Meriel Forbes, u.a.
Drehbuch: Anatole de Grunwald nach einem Theaterstück von R.C. Sherriff
Regie: Ralph Richardson
Studio: British Lion Film Corp.Dauer: 82 min
Home At Seven ist 1962 auf deutsch synchronisiert worden, wie die Synchrondatenbank bestätigt. Der deutsche Titel lautete An einem Montag wie jeder andere. Der Film wurde damals mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im deutschen Fernsehen gezeigt – obwohl dieser Umstand nirgends direkt verzeichnet ist.

Vorspann:
Ein weiterer lohnenswerter, heute völlig vergessener Film aus den Fünfzigerjahren, der mit brillianten schauspielerischen Leistungen und einem packenden Plot zu faszinieren weiss.
Inhalt: David Preston (Richardson) kommt, wie jeden Tag, um sieben Uhr Abends nach Hause – und findet seine Frau (Leighton) in völlig desolatem Zustand vor. Sie wirft sich ihm schluchzend um den Hals und sagt, sie hätte sich solche Sorgen um ihn gemacht. Der brave, seit Jahrzehnten pünktliche Ehemann versteht die Welt nicht mehr. Was hat sie denn? Er sei doch gleich nach der Arbeit nach Hause gekommen – wie jeden Werktag! 24 Stunden lang sei er weg gewesen, antwortetet sie. Wer von beiden hat Recht? Beide wirken in ihren Äusserungen vollkommen authentisch.
Mit dieser Ausgangslage beginnt ein Film, der seinem Publikum mehr als einmal den Boden unter den Füssen wegzieht, ein Film, über dessen Handlung nicht zuviel verraten werden sollte. Nur soviel noch: Anhand des Datums der Tageszeitung merkt Preston, dass seine Frau wohl Recht hat. Und es mehren sich die Indizien, dass er tatsächlich 24 Stunden wie vom Erdboden verschwunden war – und einige davon wollen so absolut gar nicht zu dem anständigen Bankangestellten passen…

Der Film:
An einem Montag wie jeder andere – 1952Zunächst ein paar Worte zum Drehbuchautor: R.C. Sherriff schrieb die Drebücher zu einigen der bekanntesten von James Whale inszenierten Filme (Journey’s End, The Invisible Man, The Bride of Frankenstein, The Road Back) aber auch anderer Klassiker wie etwa Alexander Kordas That Hamilton Woman (dt.: Lord Nelsons letzte Liebe, UK 1941) oder Carol Reeds Odd Man Out (dt.: Ausgestossen, UK 1947).
Sherriff war ursprünglich Bühnenautor. Doch gleich nach dem grossen Erfolg seines ersten Stücks, Journey’s End wurde er von Regisseur James An einem Montag wie jeder andere – 1952Whale zum Film geholt, zunächst in England, wo Whale Sherriffs eigene Leinwandadaption Journey’s End fürs Kino umsetzte, danach in Hollywood, wo sich Sherriff ganz aufs Drehbuchschreiben konzentrierte. In den Vierzigerjahren kehrte der Autor nach England zurück, wo er weitere Drehbücher und Bühnenwerke verfasste. Einige der letzteren machten den Sprung auf die Leinwand, so auch Home at Seven, das vom bekannten englischen Filmproduzenten Anatole de Grünwald fürs Kino adaptiert wurde. Zur hochkarätigen Vorlage gesellte sich eine hochkarätige Darsteller-Crew; Ralph Richardson, der in der Rolle des David Preston bereits auf der Bühne Erfolge feierte, übernahm neben der Hauptrolle im Film auch die Regie – es sollte seine einzige Arbeit hinter der Kamera bleiben. Sie kann sich sehen lassen.

Der Film hat einen vom ersten Moment an fest im Griff: Preston marschiert bestens gelaunt nach Hause – Feierabend. Als er das Haus betritt, bemerkt man einige harmlose, seit Jahren eingespielte Gewohnheitsgesten. Und dann heult seine Frau und fragt, wo er bloss die letzten 24 Stunden gewesen sei. Von dem Moment an lässt einen der Plot nicht mehr los – kein Wunder war die Londoner Theateraufführung 1950 ein Riesenerfolg. Was Home At Seven aber von einem herkömmlichen Mystery-Thriller vollkommen unterscheidet – und darin liegt wohl auch der Grund für sein Versinken im Nebel der cinèastischen Vergessenheit – ist der Umstand, dass nicht das Verbrechen im Zentrum steht, sondern die An einem Montag wie jeder andere – 1952Charaktere. Der Film fliesst eher ruhig dahin, es gibt keine aufregenden Höhepunkte, Gewaltszenen und wilde Jagden. Home At Seven ist eine Charakterstudie, die um die Frage kreist, wie sich ein harmloser Bürger verhält, wenn er sich an nichts erinnern kann und schlimmster Verbrechen beschuldigt wird. Dabei hält er die Spannung permanent am köcheln, er packt und lässt darin in keinem Moment nach. Richardsons Regieführung mag im Vergleich zu Regiearbeiten anderer Schauspielerkollegen unauffällig, ja fast beiläufig erscheinen, und doch schafft sie eine hohe Intensität und erhält diese bis zuletzt aufrecht. Das erreicht er in erster Linie durch eine stringente, sichere Schauspielerführung.

Da wäre zuvorderst Richardson selbst zu loben: Er spielt den harmlosen Bürger schlichtweg grossartig. Sein David Preston gehört mit Sicherheit zu den liebenswertesten Figuren des britischen Kinos. Und doch lässt sein Spiel den Zweifel des Zuschauers zu. Verstellt sich dieser harmlose Mann etwa nur? Gleichzeitig fiebert man mit ihm, weil es einfach nicht sein darf, dass dieser nette, fürsorgliche, etwas einfältige Bankangestellte ein Verbrecher ist. Die Divergenz zwischen Richardsons Charakter und dem Verbrechen, das nach und nach aufgedeckt wird, macht die permanente Spannung des Films aus.
Aber auch sämtliche anderen Figuren werden von hervorragenden Darstellern verkörpert, der Film ist ein Fest für Freunde der Schauspielkunst. Und nicht nur das: Die von ihnen gespielten Typen sind allesamt scharf gezeichnete Charaktere, die man nicht so schnell vergisst.An einem Montag wie jeder andere – 1952
So lässt sich der Film schwer in eine Genre-Schublade pressen – was ihm wohl nach der Premiere zum Verhängnis wurde. Thriller-Fans dürften enttäuscht sein, weil er sich an keine der gängigen Konventionen dieser Filmsparte hält. Zudem sind sämtliche Charaktere – der ermittelnde Inspektor mit eingeschlossen – durchwegs sympathisch. Ein Krimi ohne Bösewichte? Wo gibt’s denn sowas?

Home At Seven ist eine Freude für Leute, die einen guten Plot mögen (bei aller Ausgeklügeltheit bleibt er stets glaubhaft und in der Realität verhaftet) und tollen Schauspielern gern bei der Arbeit zuschauen. Man könnte seine Wortlastigkeit kritisieren; doch wie bereits erwähnt ist Sherriffs Vorlage derart stark im Aufbau, der Durchführung und in den Dialogen, dass die spürbare Bühnenherkunft keineswegs negativ ins Gewicht fällt.
Ein Film, den es definitv wiederzuentdecken gälte!

Abspann:
Home at Seven, der in den USA unter dem verräterischen Titel Murder on Monday lanciert wurde, erschien hierzulande weder auf DVD, Blu-ray noch auf VHS. In England wurde er von Network auf einer punkto Bild- und Tonqualität hervorragenden DVD herausgebracht, die hier bestellt werden kann.

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Film-Schnipsel

Kurzrezensionen:

Ein Klassiker auf dem Prüfstand:

The Princess Bride (dt.: Die Braut des Prinzen; USA 1987) Regie: Rob Reiner; mit Cary Elves, Robin Wright, Mandy Patinkin, Chris Sarandon, u.a.
An einem Montag wie jeder andere – 1952Die zahlreichen Fans dieser gefeierten Verfilmung eines Fantasy-Romans von William Goldman lesen jetzt besser nicht mehr weiter – ich kann ihre Begeisterung nämlich nicht ansatzweise verstehen. Für eine Parodie ist er zuwenig komisch und als ernsthafte Fantasy-Verfilmung ist er zu uninteressant und zu langsam. Die Handlung wird permanent durch ärgerliches, gehaltloses Geschwätz in die Länge gezogen. Angesichts der temporeichen, actiongesättigten Fantasy-Streifen neueren Datums sieht The Princess Bride aus wie ein alter, abgenagter Knochen.
Das Schlimmste sind aber die Schauspieler! Cary Elves, Robin Wright und Chris Sarandon haben die Ausstrahlung von Heuhaufen, Wallace Shawn und Andre the Giant dagegen sind so richtig grausig schlecht. Einzig Mandy Patinkin vermag die Leinwand jeweils mit seinem Charisma zu entzünden. Seine Auftritte und die kurzen Szenen, die Peter Falk hat, bilden die Lichtblicke in dieses trüben Theaters.
Und Rob Reiners Regie? Nichts, aber gar nichts Besonderes. Der Regisseur wurde in den Achtzigerjahren aufgrund einiger Kassenhits haushoch überschätzt.
Und wer jetzt denkt, der Schreibende hätte bei der Visionierung wohl einen schlechten Tag erwischt, den muss ich enttäuschen: Ich hatte den Streifen bei seiner Erstaufführung schon einmal gesehen; so wenig wie damals ist mir von einem Film kaum je in Erinnerung geblieben – nämlich gar nichts.


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