An einem dieser sommerwarmen Septembertage, die ich in der Heimat verbringen konnte, war ich mit der Familie in Wieck, einem ehemaligen Fischerdorf bei Greifswald. Der kleine Ort mit seinem Fischereihafen liegt am Fluss Ryck, der in die Ostsee mündet.
Friedlich und mit einem Gefühl von Urlaub kann man hier spazieren. Es ist einerseits klein, so zwischen den Fischbrötchenbuden und Anglern, anderseits spürt man einen Sog von Weite, der vom nahen Meer ausgeht.
Schöne Sonne, die aufgeht, ihr Werk nicht vergessen hatUnd beendet, am schönsten im Sommer, wenn ein TagAn den Küsten verdampft und ohne Kraft gespiegelt die SegelÜber dein Auge ziehn, bis du müde wirst und das letzte verkürzt. […]Schönes Licht, das und warm hält, bewahrt und wunderbar sorgt,Daß ich dich wieder sehe und daß ich dich wiederseh!
(Aus : Ingeborg Bachmann: An die Sonne. Heute morgen beim Lesen auf dem Balkon entdeckt und zugestimmt)
Mit meiner Schwester sitze ich am Kai. Spiegelbilder sind übers Wasser gesät.
Mein Bruder steht übers Geländer gelehnt an der Mole und sucht die Tiefen mit den Augen nach Fischschwärmen ab (träumt er von seiner Angel?).
Später wird das Licht samtig-schwer und gleitet in einem grandiosen Sonnenuntergang hinab in den Abend. Es fängt an zu nieseln: tausend zarte Nadelstiche auf der Wasseroberfläche. Dabei unter einem großen Terrassenschirm sitzen, erzählen und innerlich ganz langsam den Sommer zusammenfalten ...