Am Gängelband

Wie ich es doch hasse, bevormundet zu werden! Da willst du am Morgen nur kurz bei Facebook vorbeischauen und was liest du dort als Erstes? „Guten Morgen Tamar. Heute wird es richtig kalt. Bleib besser drinnen an der Wärme“, oder so ähnlich. Nichts gegen den täglichen Wetterbericht, aber ich werde ja wohl noch selber entscheiden dürfen, ob ich das kühle Wetter drinnen bei einer Tasse Tee geniesse, oder draussen im Garten, wo noch zwei oder drei Dinge zu erledigen sind, bevor der Winter kommt. 

Ganz ähnlich läuft das, wenn ausnahmsweise mal ein bisschen Regen angesagt ist. „Bleib heute lieber am Trockenen“, mahnt Facebook, gerade so, als wäre ich nicht in der Lage, selber zu entscheiden, ob ich ein paar Regentropfen vertragen kann oder nicht. Ich soll den Regen gefälligst so verabscheuen, wie er heutzutage, wo die Leute nicht mehr wissen, wozu er gut ist, von der grossen Mehrheit verabscheut wird. Und wenn die Sonne heiss vom Himmel brennt, soll ich mich gefälligst freuen wie ein kleines Kind, auch wenn mir die erhöhten Ozonwerte den Atem rauben. 

Doch nicht nur Facebook glaubt, mir sagen zu müssen, was ich zu tun habe. Frage ich die SBB-App, wann mein Bus fährt, bekomme ich nicht die Abfahrtszeit angegeben, sondern die Zeit, wann ich zu Hause losgehen muss, damit ich ganz entspannt zur Bushaltestelle spazieren kann. Dabei ist der gelegentliche Sprint zur Haltestelle mein einziges Fitnessprogramm und das will ich gefälligst so beibehalten, damit mir niemand vorwerfen kann, ich würde mich überhaupt nie bewegen. Kommt hinzu, dass ich von Kind auf gelernt habe, im Fahrplan angegebene Zeiten für unumstössliche Wahrheiten zu halten, weshalb ich nun trotzdem wie ein kopfloses Huhn zur Haltestelle hetze, wo ich mir dann sieben Minuten lang die Beine in den Bauch stehen kann. (Sieben Minuten? Die glauben doch nicht im Ernst, ich bräuchte für 250 Meter Fussweg sieben Minuten? Ja, ich bin langsam, aber doch nicht so langsam.)

Allmählich habe ich es wirklich satt, andauernd gegängelt zu werden. Pinterest belästigt mich mit Hinweisen, wer mein „Pin-Twin“ sei, dabei treibe ich mich dort doch nur rum, um Kochrezepte und Gartentipps zu finden und nicht etwa, um meinen Freundeskreis zu vergrössern. Online-Medien setzen mir nur noch Artikel zu Themen vor, über die ich bereits etwas gelesen habe, dabei liegt für mich der Reiz der Zeitungslektüre gerade darin, über Dinge zu lesen, auf die ich selber nicht gekommen wäre. Die Werbebanner, die mich beim Surfen begleiten, versuchen verzweifelt, mir Bücher schmackhaft zu machen, über die ich mich zwar vor drei Monaten tatsächlich mal im Internet informiert habe, die ich inzwischen aber schon längst gekauft und gelesen habe. Und wenn die alle mich mal ausnahmsweise in Ruhe lassen, ruft bestimmt irgend so ein Depp an, der glaubt, mir am Telefon irgend etwas aufschwatzen zu müssen, was mir seiner Ansicht nach zu meinen Glück noch fehlt. 

Himmel, ich weiss ja, dass sowas heutzutage nicht mehr modern ist, aber lasst mich gefälligst selber denken. Mag sein, dass ich deswegen tatsächlich mal einen Bus verpasse, einen interessanten Pin übersehe, oder gar ein gutes Buch nicht lese, weil ich vergessen habe, dass es mich eigentlich interessiert hätte. Die Gefahr, einen Regenguss abzubekommen, ist hingegen gering, denn ich bin durchaus in der Lage, zu interpretieren, was die grauen Wolken am Himmel zu bedeuten haben. 

tradgard


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