Thomas Brussig „Das gibts in keinem Russenfilm“, 384 Seiten, S.Fischer, 19,99 €, ISBN: 978-3100022981;
Und noch so ein Wenderoman. Oder? Der Schriftsteller Thomas Brussig erzählt die Geschichte des großen Schriftstellers Thomas Brussig. Echt jetzt? Halt, das ganze ist eine Charade. Denn Brussigs DDR lebt auch nach 1989 fort. Die Mauer fällt nicht, und auch sonst ist alles ganz anders.
Zum Beispiel, das es die DDR 2006 bis ins Finale der Fußball-WM schafft, ehemalige Stasispitzel sind jetzt Energieberater, und die Elektroautos aus heimischer Produktion sind international begehrt. Und auch sonst ist alles ganz anders, auch wenn wir die meisten Leute kennen, von Krenz bis Ingo Schulze.
Der junge Autor Brussig hat es da nicht leicht. Er pflegt Klartext zu reden und gerät als Kellner im „Palasthotel“ doch tatsächlich unter Stasiverdacht. Er steht auf den einstigen Kommunistenführer Ernst Thälmann, liest jede Zeile über ihn und kann ihn rezitieren. Das macht ihn dann erst recht zum Außenseiter. Als der „Spiegel“ 1994 seinen Essay „Die breierne Zeit“ veröffentlicht, gibt es richtig Ärger. Der Schriftsteller wird unter Hausarrest gestellt. Angeblich hatte er einen Staatsstreich geplant. Anderen berühmten Kollegen erging es besser als Brussig: Alexander Osang wurde Chef des „Neuen Deutschlands“ und Wolfgang Thierse Chef des deutschlandweit bekannten „Bombastus“-Verlags. Tatsächlich: „Das gibts in keinem Russenfilm“. Für Westdeutsche: Das ist so unwahrscheinlich, dass man damit nie und nimmer rechnen konnte.