Ihr Lieben,
heute Morgen möchte ich Euch die Geschichte eines unbekannten Autors erzählen:
"Die Brücke"
"Die Brücke im Dorf spannte sich hoch und weit über das kleine Flüsschen, das die Häuser und ihre Bewohner in zwei Gruppen teilte. Das Jahr über war der Fluss, der unter der Brücke plätscherte, nur ein kleines Rinnsal, aber nach der Schneeschmelze im Frühjahr oder nach langen Regentagen im Herbst schwoll er an und die Brücke war dann die einzige Möglichkeit, einen Besuch auf der anderen Seite abzustatten
Aber die Brücke war mehr als nur eine Verbindung zwischen den beiden Ufern. Sie bot eine herrliche Aussicht auf das Tal und Platz für eine kleine Unterhaltung; sie war Treffpunkt für Verliebte und Verkaufsfläche für fahrende Händler. Und - sie war ein Zeichen.
Die Legende erzählt, dass - lange bevor sich die Häuser zu einem Dorf verdichteten - links und rechts vom Fluss zwei Bauernhöfe standen, die ihren Bewohnern nur wenig Erträge boten. Die Arbeit war schwer und das Land karg. Es blieb nur wenig Geld, um sich neue und praktische Geräte anzuschaffen, die die Arbeit erleichterten und Gelegenheit zu etwas Wohlstand boten. Immer wieder dachten beide Bauern darüber nach, auch eine Brücke zu bauen. Aber wenn schon das Geld für einen neuen Pflug oder für weiteres Vieh kaum reichte, blieb noch weniger für eine Brücke übrig.Bis in einem Jahr eine große Trockenheit über das Land einbrach. Die Ernte fiel noch kleiner aus, die Saat ging kaum auf und das Vieh hatte nur wenig Fleisch auf den Knochen und gab kaum noch Milch.
Der Fluss hingegen trocknete ganz aus. Und so kam es, dass die beiden Familien ohne Schwierigkeiten auf die andere Seite gelangen konnten - und sie halfen einander, wo sie konnten. Wenn der Bauer auf der linken Seite die Einsaat nicht mehr schaffte, kam ihm der Bauer der rechten Seite zur Hilfe. Und als die Kuh auf der rechten Seite kalben sollte, wusste der Bauer von der anderen Seite guten Rat und man wechselte sich in der Stallwache ab. Trotz der Trockenheit ging es am Ende des Jahres beiden Familien besser als jemals zuvor.
Im nächsten Jahr kam der Regen wieder - aber diesmal begannen beide, die Brücke über den Fluss zu bauen. Man hatte dafür kaum Geld und noch weniger Zeit. Aber die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass man manchmal das Letzte, was man hat, in eine Brücke zueinander investieren sollte - weil Menschen, die füreinander da sind, einen größeren Reichtum darstellen als alle Geräte und Maschinen."
Ihr Lieben,
in diesen Tagen habe ich in meinen Tagebuchnotizen zu meinem Buch DAS ESELSKIND auf die Frage eines lieben Bloglesers geantwortet, wie ich eigentlich die schrecklichen Erlebnisse meiner Kindheit und Jugend aushalten und überleben konnte. In meinen Tagebuchnotizen habe ich gestern einige Gründe genannt, einen weiteren Grund möchte ich heute Morgen anführen:
Ich habe Euch ja schon des Öfteren von meinem Jugendfreund Hans-Christoph erzählt, von dem ich alle guten Dinge in meinem Leben gelernt habe, wie die Liebe zu den Menschen und das NICHT-AUFGEBEN.
Dieser Jugendfreund war sehr schwer asthmakrank und brauchte immer wieder meine Hilfe, um in seiner Freizeit etwas Schönes erleben zu können. Ich sehe mich heute noch, wie ich ihn mit einem großen Bollerwagen durch die Gegend gezogen habe und wie glücklich er war, so doch etwas am Leben teilhaben zu dürfen.
Indem ich meinem Freund geholfen habe, hab ich aber auch mir geholfen. Ich vergaß für Stunden meine eigenen Sorgen, Probleme und Nöte und war nur für ihn da.
Viele Menschen vertreten die irrige Meinung, dass sie, wenn sie etwas für Andere tun, Zeit vergeuden und dann reden sie sich damit heraus, dass sie keine Zeit haben.
Wer einmal erfahren hat, wie wundervoll es ist, anderen Menschen zu helfen, und wer einmal erfahren hat, wieviel Liebe man zurückbekommt, der möchte es nicht mehr missen, für andere Menschen da zu sein.
Das möchte auch unsere heutige kleine Geschichte uns sagen:
Gemeinsam erreichen wir viel mehr, gemeinsam sind wir stärker als jeder für sich alleine, gemeinsam können wir uns gegenseitig stärken und gemeinsam ist eine Last nicht so schwer wie für einen Menschen alleine.
Ihr Lieben,
ich wünsche Euch einen Tag der Freude, des gemeinsamen Handelns und der Hoffnung und ich grüße Euch ganz herzlich aus Bremen, in dem es heute Nacht endlich einmal geregnet hat
Euer fröhlicher Werner vom Weserstrand
Das Foto wurde von Karin Heringshausen zur Verfügung gestellt