Algarve-Fall Maddie: Ex-Verdächtigter entschädigt

Weil er im portugiesischen Fernsehen 2007 als „Pädophiler" bezeichnet wurde, erhält ein an der Algarve lebender Brite nach elf Jahren jetzt 20.000 Euro Schadensersatz. Diese Entscheidung traf der Oberste Gerichtshof des Landes in letzter Instanz. Der heute 44-jährige gebürtige Londoner hatte nach dem Verschwinden des britischen Mädchens Madeleine McCann („Maddie) am 3. Mai 2007 in Praia da Luz vorübergehend zu den ersten Verdächtigten gehört. Auch seine damalige Freundin und heutige Ehefrau, eine Deutsche, sowie ein Bekannter, ein russischstämmiger IT-Spezialist, mussten sich gegen Mutmaßungen im Fall Maddie zur Wehr setzen.

Über den bis heute ungeklärten Fall Maddie, der Medienberichterstattung in der ganzen Welt auslöste, hatte auch „Algarve für Entdecker" dreimal berichtet - jeweils mit medienkritischem Ansatz. Ein Beitrag zum 10. Jahrestag des Verschwindens der damals fast Vierjährigen Maddie trug den Titel: „ 10 Jahre Madeleine McCann vermisst: Chronologie eines mysteriösen Falles", ein anderer „ Maddie zehn Jahre verschwunden: Praia da Luz will zur Ruhe kommen". Ein Jahr später, 2018, dokumentierten wir in unserem Beitrag „ Madeleine McCann - von Medien missbraucht ", wie bestimmte Medien trotz fehlender echter Neuigkeiten den Fall weiterhin nutzen, um Nutzungszahlen zu steigern.

Die Rehabilitierung im Fall Maddie dauerte elf Jahre

Der Kampf Robert Murats um Rehabilitierung im Fall Maddie dauerte insgesamt elf Jahre lang. Schon eine Vorinstanz hatte den portugiesischen Fernsehsender TVI zur Zahlung von insgesamt 20.000 Euro verurteilt. Das Management des Mediums legte aber Berufung ein. Der Oberste Gerichtshof Portugals, der Supremo Tribunal de Justiça, befand nun, dass die Schadensersatzsumme „fair ermittelt und verhältnismäßig" sei - gemessen an der erheblichen Rufschädigung des Mannes und seiner Familie.

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bezog sich auf die Tatsache, dass Murat in mehreren TVI-Fernsehsendungen und Live-Streams im Internet zum Fall Maddie aufgrund mangelhafter Recherchen und ohne Beweise bezichtigt worden war, pädophile Webseiten besucht zu haben und ein „Pädophiler" zu sein. Der Sender hatte sich mit dem Hinweis verteidigt, lediglich Informationen weitergegeben zu haben, die am 15. Mai 2007 ohnehin auf den Titelseiten einiger Zeitungen gestanden hätten. Das akzeptierten die obersten portugiesischen Richter nicht.

Im Fall Maddie stellten Medien die Murats an den Pranger

Auch britische Medien hatten den Immobilienvermittler, der nur rund 100 Meter vom Feriendomizil des Ehepaars Kate McCann und Gerry McCann, dem Ocean Club, entfernt wohnte und mit seinem fließenden Portugiesisch für Polizei und Medien dolmetschte, im Fall Maddie an den Pranger gestellt. Hier konnte Murat, dessen Wohnhaus im Zuge der polizeilichen Ermittlungen durchsucht wurde, schon 2008 vor britischen Gerichten erfolgreich Schadensersatz und Richtigstellungen durchsetzen.

In Portugal wurde 2013 zudem die Boulevardzeitung Correio da Manhã zur Zahlung von 15.000 Euro Schadensersatz verurteilt. Nach dem Urteil des Berufungsgerichts hatte das Blatt in seiner Berichterstattung über den Fall Maddie und Murat Tatsachen verdreht und „Andeutungen" veröffentlicht, die über das öffentliche Interesse hinausgingen.

In Stellungnahmen hatten Robert Murat und seine deutschstämmige Frau Michaela Walczuch bereits früher beklagt, dass Medien durch Berichterstattung im Zusammenhang mit dem Fall Maddie ihr Familienleben völlig zerstört und immense Not verursacht hätten. Der zwischenzeitlich arbeitslos gewordene Brite soll psychologische Hilfe in Anspruch genommen haben, um die Folgen der öffentlichen Anschuldigungen zu bewältigen. Er und seine Familie hatten auch zahlreiche Drohungen in Anrufen, E-Mails und Briefen erhalten. Wegen Anpöbeleien trauten sich Murats nach eigenen Angaben zeitweise gar nicht mehr, aus dem Haus zu gehen. Sie verkleideten sich später, um nicht erkannt zu werden. Sogar die angebliche Nähe von Michaela Walczuch zu einer religiösen Sondergemeinschaft wurde von Medien thematisiert.

Gesamter Schadensersatz im Fall Maddie: 700.000 Euro

Laut der portugiesischen Zeitung Diário de Notícias soll Robert Murat in Zusammenhang mit dem Fall Maddie auf juristischem Weg Entschädigungszahlungen in Höhe von insgesamt mehr als 700.000 Euro erstritten haben. Von der Schadensersatzsumme in Höhe von 20.000 Euro, die der Oberste Gerichtshof jetzt bestätigte, entfallen 16.000 Euro auf den Sender TVI und die übrigen 4.000 Euro auf den Fernsehjournalisten, der Murat als Pädophilen bezeichnet hatte.


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