Aktion Reinhardt • Industrielle Menschen-Vernichtung

In viele Quellen wird die Aktion Reinhardt mit ‚dt’ geschrieben, wobei einige davon ausgingen, dass sich diese Bezeichnung auf den Staatssekretär Fritz Reinhardt bezieht, doch neueste Forschung geht davon aus, dass sich diese ‚Aktion’ auf den Vornamen Aktion Reinhardt • Industrielle Menschen-Vernichtungvon Reinhard Heydrich bezieht und der Reichsführer SS, Heinrich Himmler, ihn dadurch ‚ehren’ wollte. In allen erhaltenen Dokumente wird ersichtlich, dass Himmler den Vornamen seines Paladins Heydrich prinzipiell falsch schrieb und es so zu der Namensgebung der Aktion mit ‚dt’ kam. Demzufolge finden sich in einschlägigen historischen Dokumentationen verschiedene Schreibweisen, wobei sich alle auf die gleiche ‚Aktion’ als solches stützen. Die ‚Aktion Reinhardt’ ist der zentrale Punkt der Shoah, dem Holocaust; dem innerhalb dieser Aktion über zweieinhalb Millionen Menschen zum Opfer fielen. Für die Massenmorde wurden seitens der Nationalsozialisten immer Tarnnamen benutzt, um das eigentliche mörderische Handwerk zu verschleiern; so findet man auch die Begriffe ‚Programm Reinhard’ oder ‚Einsatz Reinhart’ neben dem geläufigen Begriff ‚Aktion Reinhardt’. Zur Lösung der organisatorischen Probleme der Judenvernichtung wurde von Reinhard Heydrich die ‚Wannseekonferenz’ am 20. Januar 1942 einberufen. Hier erklärte der Vertreter des Generalgouverneurs Hans Frank, Staatssekretär Dr. Josef Bühler: „…dass das Generalgouvernement es begrüßen würde, wenn mit der Endlösung dieser Frage im Generalgouvernement begonnen würde, weil einmal hier das Transportproblem keine übergeordnete Rolle spielt und arbeitseinsatzmäßige Gründe den Lauf dieser Aktion nicht behindern würde. Juden müssten so schnell wie möglich aus dem Gebiet des Generalgouvernements entfernt werden, weil gerade hier der Jude als Seuchenträger eine eminente Gefahr bedeutet und er zum anderen durch fortgesetzten Schleichhandel die wirtschaftliche Struktur des Landes dauernd in Unordnung bringt. Von den in Frage kommenden etwa 2,5 Millionen Juden sei überdies die Mehrzahl der Fälle arbeitsunfähig. [...] Ich hätte da nur eine Bitte, die Judenfrage in diesem Gebiet so schnell wie möglich zu lösen.“ Der Antrag wurde angenommen. Zum Generalgouvernement gehörten die Distrikte Warschau, Krakau, Lublin, Radom und Lemberg; nach damaligen Schätzungen der Behörden lebten dort 2,3 Millionen Juden. Zur Vorbereitung des Massenmordes wurde in Lublin eine besondere Organisation gegründet, die Ermordung der Menschen sollte an der Ostgrenze des Generalgouvernements durchgeführt werden; denn die geographische Lage bot den Vorwand für die Behauptung, die Juden würden zur Arbeit in den Osten verfrachtet. Im Mai 1942 fiel Reinhard Heydrich einem Attentat zum Opfer; so entstand für die bereits in Vorbereitung befindliche Mordaktion, der Titel des kommenden Grauens: die ‚Aktion Reinhardt’. Leiter des Stabes dieser kommenden Aktion wurde Odilo Globocnik, der Himmlers vollstes Vertrauen besaß. Zwar gab es bereits Massenmorde nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Polen und auch nach dem Überfall auf die Sowjetunion; doch die Aktion Reinhardt • Industrielle Menschen-VernichtungAktion Reinhardt, überstieg in seiner Monstrosität, alles Bisherige. Inwieweit es einen direkten Befehl Hitlers gab, ist nicht nachzuvollziehen, denn Schriftliches dahingehend ist nicht (mehr) vorhanden, nur ein Schreiben Görings zur Ermächtigung in Hinsicht auf die ‚Lösung der Judenfrage’ vom Juli 1941 ist noch vorhanden. Doch ist davon auszugehen, dass weder Heydrich, Eichmann oder Himmler eine solch weit reichende Entscheidung ohne Zustimmung des ‚Führers’ eingeleitet hätten. Indizien um das Wissen über die kommenden Geschehnisse gibt es. Propagandaminister Joseph Goebbels schreibt in einem Artikel für ‚Das Reich’ vom 16. Dezember 1941: „Wir erleben gerade den Vollzug dieser Prophezeiung und es erfüllt sich am Judentum ein Schicksal, das zwar hart, aber mehr als verdient ist. Mitleid oder gar Bedauern ist da gänzlich unangebracht.“ Dazu kam Hitler selbst öffentlich fünfmal auf seine Drohung und ihre Verwirklichung zu sprechen, zuletzt am 8. November 1942: „Sie werden sich noch der Reichstagssitzung erinnern, in der ich erklärte: Wenn das Judentum sich etwa einbildet, einen internationalen Weltkrieg zur Ausrottung der europäischen Rassen herbeiführen zu können, dann wird das Ergebnis nicht die Ausrottung der europäischen Rassen, sondern die Ausrottung des Judentums in Europa sein. Sie haben mich immer als Propheten ausgelacht. Von denen, die damals lachten, lachen heute Unzählige nicht mehr, und die jetzt noch lachen, werden es vielleicht in einiger Zeit auch nicht mehr tun.“ Wann Odilo Globocnik, der Leiter der ‚Aktion Reinhardt’, von Heinrich Himmler, dem Reichsführer SS, den Befehl zur Ermordung der Juden bekam, lässt sich nur indirekt erschließen. Adolf Eichmann sagte in Jerusalem aus, dass ihm Reinhard Heydrich zwei bis drei Monate nach dem Überfall auf die Sowjetunion mitgeteilt habe, der Führer habe die physische Vernichtung der Juden befohlen. Heydrich habe ihm, Eichmann, befohlen: „Fahren Sie zu Globocnik. Der Reichsführer hat ihm bereits entsprechende Weisungen gegeben. Sehen Sie sich an, wie weit er mit seinem Vorhaben gekommen ist.“ Die Hauptaufgaben, die Globocnik und sein Stab innerhalb der ‚Aktion Reinhardt’ zu erfüllen hatte, lauteten:

► Gesamtplanung der Deportation und der Vernichtungsaktionen

► Bau von Vernichtungslagern

Koordination der Deportation von Juden aus den Verwaltungsbezirken zu den Vernichtungslagern

►Tötung der Juden in den Lagern

Sicherstellung der Güter und Wertsachen und deren Übergabe an die zuständige Reichsbehörde

Die Organisation und Überwachung der jeweiligen Transporte aus dem gesamten Generalgouvernement und später auch aus den anderen europäischen Ländern war Aufgabe des Reichssicherheitshauptamts und seiner Abteilungen, hier war Adolf Eichmann Aktion Reinhardt • Industrielle Menschen-Vernichtungfederführend. Für die Bewachung der Transporte waren die Höhere SS- und Polizeiführung und deren unterstellten Dienststellen zuständig, zu denen auch ganz ‚einfache’ Polizeibataillone zählten. Mit Verwunderung muss man erkennen, mit welch geringem Personalaufwand dieses Massenmorden vonstatten gehen sollte und ging, so waren ungefähr 700 Männer direkt für die Ermordung von zweieinhalb Millionen Menschen direkt zuständig; dies geht aus einer Aufstellung Globocniks hervor. Zu einem großen Teil bediente er sich des ‚erfahrenen’ Personals der T4-Aktionen, dem Euthanasieprogramm, die bereits Tausende von Menschen durch Gas ermordeten.  Ein weiterer großer Teil der Wachmannschaften waren Ukrainer, die so genannten Trawniki, die für ihre verrohten Grausamkeiten bekannt waren, geleitet wurden diese von Männern der SS. Leiter für den Einsatz der Arbeitskräfte zur Vernichtung war Hermann Höfle, seines Zeichens SS-Sturmbannführer, er gehörte zu den eher unbekannten, jedoch maßgeblichen Technokraten für die so genannte Endlösung, den millionenfachen Judenmord. Höfle war von Eichmann empfohlen worden; beim Blick in seine SS-Personalakte bescheinigt ihm die SS-Führerschule: „Die geistige Regsamkeit sei noch nicht ausreichend entwickelt. Allerdings wurden ihm auch Eigenschaften wie Strebsamkeit, Bescheidenheit, Ehrlichkeit und Fleiß bescheinigt. Seine Abschlussarbeit auf der Führerschule wurde mit ‚kaum genügend’ zensiert.“ Ferner findet sich ein von ihm unterschriebenes Formblatt, das eindeutig auf die ‚Aktion Reinhardt’ hinweist: „Durch SS-Hauptsturmführer Höfle als Leiter der Hauptabteilung Einsatz Reinhardt bei SS-und Polizeiführer im Distrikt Lublin bin ich eingehend unterrichtet und belehrt worden, dass ich unter keinen Umständen an Personen, die außerhalb des Kreises der Mitarbeiter im Einsatz Reinhardt stehen, die Vorkommnisse bei der Judenumsiedlung mündlich oder schriftlich berichten darf […] dass die Vorgänge bei der Judenumsiedlung Gegenstand einer Geheimen Reichssache sind […] Mir ist bekannt, dass die Pflicht zur Geheimhaltung auch nach meinem Ausscheiden aus dem Dienst weiter besteht.“ Zeitweise ware Höfle auch die Vernichtungslager der ‚Aktion Reinhardt’ unterstellt, doch das übernahm ab August 1942 Christian Wirth. Als erstes wurde das Vernichtungslager Bełżec errichtet, unweit des Arbeitslagers Bełżec. Die Vernichtungslager der ‚Aktion Reinhardt’ waren alle nach dem gleichen Muster konzipiert: Es gab Baracken für die Wachmannschaften, ein Kommandanten-Haus, einen Verwaltungstrakt und zwei bis drei Häftlingsbaracken, für meist jüdische Häftlinge, die für die Beseitigung der Leichenberge und deren ‚Behandlung’, wie entfernen von Haaren, Goldzähnen und anderen Wertsachen, zuständig waren. Häufig wurden diese jüdischen Todeskommandos ausgewechselt, zum einen weil sie mental und körperlich übermäßig geschwächt waren, zum anderen um Mitwisser zu beseitigen. Wieder ‚aufgefüllt’ wurden diese Kommandos mit Männern aus den ankommenden Transporten. In einer angemessenen Entfernung der Baracken entstanden Aktion Reinhardt • Industrielle Menschen-Vernichtungmehrere Gaskammern, die als Duschräume getarnt waren, dazu Umkleideräume, um die letzten Wertsachen der Ermordeten zu sichern. Diese drei Bereiche, Personalbereich, Häftlingsbereich und Tötungsbereich waren durch mehrfache Stacheldrahtzäune gesichert. Die Wege zu den Gaskammern und deren Umzäunung wurde mit einem Sichtschutz aus Zweigen so gestaltet, dass von außen keiner einen Einblick in die Tötungsmaschinerie hatte, weder Bewohner aus umliegenden Dörfern, noch die Menschen, die dorthin transportiert wurden und aus den Zügen stiegen. Diese Lager, nach Bełżec, wurde das Vernichtungslager Sobibór und dann das Vernichtungslager Treblinka errichtet, waren reine Vernichtungsmaschinerien; Selektionen fanden nicht statt, außer es wurden ein paar Männer gebraucht um in der Tötungsmaschinerie zu arbeiten. Ausnahmslos wurden alle Ankommenden getötet, Männer, Frauen und Kinder. Auch eine Registrierung der Menschen erfolgte nicht, somit können heute nur die Transporte in die Vernichtungslager gezählt werden, denn da gibt es gesicherte Zahlen und häufig auch Namenslisten von den Ausgangsorten, von denen die Transporte abgingen. ‚Entsorgt’ wurden die Leichenberge in tief ausgebaggerten, riesigen Gruben. Im Vernichtungslager Bełżec wurde anfangs mit Kohlenmonoxid aus Stahlflaschen getötet. Dieses Gas wurde wohl deshalb gewählt, weil das Personal während der ‚Euthanasie-Aktionen’ damit Erfahrungen gesammelt hatte. Allerdings war die Beschaffung schwierig. Daher wurde das todbringende Gas später von Verbrennungsmotoren erzeugt. Die Kapazität der Gaskammern genügte den Anforderungen nicht, so dass sehr bald Vergrößerungen durchgeführt wurden und nicht nur das, es wurden, wie erwähnt noch zwei weitere Lager errichtet, jedes der Lager hatte mehr Gaskammern als das vorherige. Am 17. März 1942 begannen die Deportationen aus den Ghettos Lublin und Lemberg in das fertig gestellte Todeslager Belzec. Diese Tatsache war nicht nur den an der Aktion beteiligten Personen bekannt. Joseph Goebbels notierte am 27. März 1942 in seinem Tagebuch: „Aus dem Generalgouvernement werden jetzt, bei Lublin beginnend, die Juden nach dem Osten abgeschoben. Es wird dabei ein ziemlich barbarisches und nicht näher zu beschreibendes Verfahren angewandt, und von den Juden selbst bleibt nicht mehr viel übrig. Im Großen kann man wohl feststellen, dass 60 % davon liquidiert werden müssen, während nur noch 40 % in die Arbeit eingesetzt werden können. Der ehemalige Gauleiter von Wien (Globocnik), der diese Aktion durchführt, tut dies mit ziemlicher Umsicht und auch mit einem Verfahren, das nicht zu auffällig wirkt. [...] Die Prophezeiung, die der Führer ihnen für die Herbeiführung eines neuen Weltkrieges mit auf den Weg gegeben hat, beginnt sich in der furchtbarsten Weise zu verwirklichen.“ Der Annahme Josef Goebbels muss dahingehend widersprochen werden, da von den Überlebenden von ungefähr 0,01 % auszugehen ist. Im Sommer 1943 neigte sich die ‚Aktion Reinhardt’ ihrem Ende zu, im Herbst 1943 kann dieses ‚industrielle’ Menschenvernichtungsmaschinerie als abgeschlossen betrachtet werden. Das Lager Belzec war bereits aufgelöst worden. Die letzten noch lebenden Juden wurden in die anderen Lager gebracht und dort ermordet. Insgesamt dürften weniger als 200 Häftlinge Aktion Reinhardt • Industrielle Menschen-Vernichtungin allen drei Lagern den Krieg überlebt haben. Die Lager wurden Sobibór und Treblinka wurden ‚geschleift’ und neu begrünt. Als zusätzliche Tarnung wurden auf den Gebieten der ehemaligen Todeslager Bauernhöfe angelegt.

Globocnik schickte Himmler am 4. November 1943 an Himmler eine Abschlussdarstellung der ‚Aktion Reinhardt’. In seinem Antwortbrief bedankte sich Himmler bei Globocnik und sprach ihm für seine großen und einmaligen Verdienste, die er sich bei der Durchführung der 'Aktion Reinhardt' für das ganze deutsche Volk erworben hatte, Dank und Anerkennung aus. Tatsächlich brachte die 'Aktion Reinhardt' dem Deutschen Reich enorme Vermögenswerte ein. Nach der Aufstellung von Globocnik geht man von über 100 Millionen Reichsmark in Papier, Devisen, Münzen und Schmuck aus, sowie rund 1.000 Waggons Textilien, davon 300.000 neue Kleidern. Nicht berechnet sind die geraubten Immobilienwerte und die bereits requirierten Vermögenswerte an den Wohnorten der Menschen und später in den verschiedenen Ghettos. Ferner ist nicht einkalkuliert, inwieweit sich Wachpersonal, Zugbegleiter und all die anderen Hilfskräfte bereicherten.

Aktion Reinhardt • Industrielle Menschen-Vernichtung

In allen drei Vernichtungslagern wurde die Vergasung mit den Abgasen von Verbrennungsmotoren ‚gearbeitet’; Christian Wirth lehnte Zyklon B ab. Auch wenn Auschwitz für uns heute als die entscheidende Vernichtungsmaschinerie im Holocaust bewusst ist, so sind dort die ‚Erfahrungen’ der ‚Aktion Reinhardt’ mit eingeflossen. Diese monströse Ermordung der Menschen war die erste ‚organisierte’ Massenvergasung an zwei Millionen Juden und ungefähr 500 000 Roma und Sinti. Vornehmlich kamen die Opfer aus dem Generalgouvernement, doch es kamen auch Transporte aus Österreich, hier aus Theresienstadt, aus Deutschland und den Niederlanden. Die ‚Aktion Reinhardt’ nimmt zu diesem Zeitpunkt einen besonderen Platz im Vernichtungswahn der Nationalsozialisten ein, da hier Männer, Frauen und Kinder systematisch als ‚Vergasungsmaterial’ betrachtet wurden und es innerhalb des ‚industriellen’ Ablaufs schier kein Entkommen gab.

Weiterlesen:

Vernichtung in Treblinka • Ort des unvorstellbaren Grauens

➼ Das Vernichtungslager Belzec in Bełżec

➼ Sobibór das Vernichtungslager

darüber hinaus:

Porajmos • das Verschlingen – Der Leidensweg der Sinti und Roma

➼ Trawniki-Männer

Ein SS-Mörder über die Ermordung Tausender Juden

Massen-Euthanasie • Aktion T4

Bild 1: Karte Generalgouvernement – Quelle: ushmn.org · Bild 2: Deportation – Quelle: its.com · Bild 3: Nach der Deportation – Quelle: deathcamp.org · Bild 4: Opfer vor den Gaskammern – Quelle: deathcamp.org · Bild 5: Leichenberge – Quelle: andyross.net · Bild 6: Setzen wir ein Zeichen – Quelle: google.com


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