Ägypten bewegt sich



Die vier Komponenten des Wandels

Von Samir Amin – News Click / ZCommunications

Mit diesem Kommentar möchte ich auf die Strategien und verschiedenen Komponenten der Bewegung zu sprechen kommen. Vier Komponenten kennzeichnen die Opposition in Ägypten.

Ägypten bewegt sichDie erste Komponente ist die Jugend. Wir haben es mit einer politisierten und sehr organisierten Jugend zu tun. Mehr als eine Million junge Menschen hier sind organisiert. Das ist gewiss nicht wenig. Sie sind gegen das soziale und ökonomische System. Würde man sie fragen, ob sie antikapitalistisch sind, so wäre ihnen das etwas zu theoretisch. Sie sind gegen soziale Ungerechtigkeit und gegen die zunehmend ungleichen Verhältnisse. Sie sind national gesinnt – im positiven Sinne. Sie sind antiimperialistisch. Sie hassen es, dass Ägypten sich gegenüber der US-Vorherrschaft so unterwürfig verhält. Daher sind sie auch gegen den so genannten ‘Frieden mit Israel’, der die kontinuierliche Kolonialisierung des besetzten Palästina toleriert. Sie sind demokratisch. Eine Militärdiktatur oder ein diktatorischer Polizeistaat würde von ihnen absolut abgelehnt. Was ihre Führung angeht, so sind sie dezentral organisiert. Als die Weisung kam, ‘wir demonstrieren ‘, wurden 1 Million Menschen aktiv. Schon nach wenigen Stunden waren es nicht mehr 1 Million sondern 15 Millionen – im ganzen Land. Selbst in den kleinen Städten und Dörfern wurden die Menschen aktiv. Das Echo der Nation war gigantisch und erfolgte prompt.
Die zweite Komponente ist die radikale Linke. Ihre Wurzeln liegen im Kommunismus, in der kommunistischen Tradition. Die Jugend ist nicht antikommunistisch. Allerdings wollen die Jungen in keine Partei – mit Anführern und Befehlen – eingebunden werden. Sie sind nicht gegen die Kommunisten. Es gibt absolut keine Probleme, was die Beziehung zwischen der Jugend und ihnen angeht. Es ist den Demonstrationen zu verdanken, dass sie – auf Augenhöhe – zusammenkamen. Was zählte, war die Interaktion und keine Hierarchien.
Die dritte Komponente sind die Demokraten der Mittelschicht. Das (Mubarak-)System war so durchdrungen von Polizei und Mafia, dass viele Bürger, selbst kleine Geschäftsleute, sich die ganze Zeit abzocken ließen, um zu überleben. Sie gehören nicht zur Linken. Sie akzeptieren den Kapitalismus, den Markt, die Geschäftswelt. Sie sind noch nicht einmal absolut gegen Amerika. Sie mögen Israel nicht, aber sie akzeptieren Israel. Sie sind Demokraten. Sie sind gegen eine Konzentration der Macht in den Händen der Armee, der Polizei oder der Mafia-Banden. Ein typischer Vertreter dieser Gruppe ist El Baradei. Er hat kein alternatives Ökonomiekonzept. Für ihn zählt der Ist-Zustand, der Markt. Er hat keine Ahnung von Sozialismus, aber er ist ein Demokrat.

Die vierte Komponente ist die Moslembruderschaft. Das politische Echo der Öffentlichkeit auf sie ist positiv. Sie ist im Volk beliebt. Sie ist ultrareaktionär. Die Moslembrüder sind Reaktionäre – nicht nur, was ihre religiöse Ideologie angeht, sondern auch in sozialer Hinsicht. Sie stellten sich offen gegen die Streiks der Arbeiterschaft und standen aufseiten des Staates. Sie vertraten die Ansicht, die Beschäftigten sollten sich mit dem Markt abfinden. Sie haben sich auch gegen die Bauernbewegung gestellt. Es gibt hier eine starke Bewegung von mittelständischen Bauern, die sich durch den Markt und die Großbauern bedroht fühlen. Sie kämpfen um ihr Land, um ihr Eigentum. Die Moslembruderschaft hat sich gegen sie gestellt und behauptet, Landbesitz sei Privateigentum. Im Koran gelte der Markt als unantastbar. Im Prinzip war die Moslembruderschaft ein Komplize des (Mubarak-)Regimes. Nach außen hatte es zwar den Anschein, als bestünde ein Konflikt; in Wirklichkeit aber waren sie sich einig. Der Staat hat der Moslembruderschaft drei wichtige Institutionen überlassen: den Bildungsbereich, den Bereich Justiz und das staatliche Fernsehen – maßgebliche staatliche Institutionen also. Was den Bildungsbereich angeht, so ordnete die Moslembruderschaft zunächst an, dass alle Schulmädchen sich verschleiern müssten; dann weiteten sie diese Pflicht auf die Gesellschaft aus. Was die Justiz angeht, so haben sie die Scharia (eine Form des islamischen Rechts) eingeführt. Da sie Zugriff auf die Medien haben, konnten sie die öffentliche Meinung beeinflussen. Die politische Führung der Moslembruderschaft war schon immer korrupt und besteht aus sehr reichen Leuten. Saudi-Arabien (das heißt, die USA) haben sie kontinuierlich finanziell unterstützt. Die Moslembrüder haben Einfluss auf zwei maßgebliche Bevölkerungsgruppen. Die eine Gruppe ist die pro-kapitalistische, antikommunistische Mittelschicht, die sich vor dem Volk fürchtet und einer islamischen Führung nicht negativ gegenüberstehen würde. Diese Leute stellen sich sporadisch auf die Seite der Moslembruderschaft. Die andere Gruppe, auf die die Moslembruderschaft maßgeblichen Einfluss nimmt, sind Ärzte, Lehrer, Juristen etc. – ein Teil von ihnen. Auch bei den Bettelarmen findet die Moslembruderschaft Unterstützung. Aus diesen Kreisen rekrutiert sie den Nachwuchs für ihre Söldnermilizen. In Ägypten gibt es sehr viele Arme. Allein in Kairo haben wir 5 Millionen absolut Mittellose (bei einer Gesamtbevölkerung von 15 Millionen). Unter den extrem Armen hat die Moslembruderschaft sozusagen ein ‘stehendes Heer’ aufgebaut, das sie mobilisieren kann. Es sind Menschen, die über sehr wenig politisches Verständnis verfügen.
Wie wird es weitergehen? Die Bewegung wurde von der Jugend initiiert. Die radikale Linke machte sofort mit. Dann folgten die bürgerlichen Demokraten. Während der ersten vier Tage (der Proteste) boykottierte die Moslembruderschaft diese Entwicklung, weil sie glaubte, die Polizei würde die Bewegung niederschlagen. Erst als die Moslembruderschaft erkannte, dass die Bewegung nicht zu stoppen war, beschloss ihre Führung, man könne sich nicht heraushalten. Also schlossen sie sich an. Diese Tatsache darf nicht ignoriert werden.
Kommen wir nun zu den USA und deren Strategie. Mubarak war nicht das System. Die Menschen gingen zunächst gegen ein Symbol vor, das für das System stand. Dieses Symbol war Mubarak. Wenige Stunden, nachdem Mubarak Omar Suleiman zu seinem Stellvertreter (Vizepräsidenten) ernannt hatte, riefen die Leute: „Nein zu Mubarak, nein zu Suleiman, beide sind Amerikaner“. Obama sagte, man wolle einen sanften Übergang (in etwa wie auf den Philippinen). Doch das ägyptische Volk sagte, nein, wir wollen nicht einen Kriminellen loswerden sondern alle Kriminellen, wir wollen einen echten Übergang und keine Farce. Es herrschte ein hohes Maß an politischem Bewusstsein. Doch die USA wollten einen sanften Übergang. Wie bewerkstelligen? Sie fingen an, mit den Rechten und mit den Leuten aus der Mitte und der Moslembruderschaft zu verhandeln. Vielleicht sollte auch ein Teil der bourgeoisen Demokraten miteinbezogen werden. Die radikale Linke und die Jugend jedoch sollten isoliert werden. Das war die Strategie der USA. Sie sagten sich: Ganz gleich, ob es zu formalen Konzessionen (vonseiten Mubaraks) kommt oder nicht, Mubarak wird verlieren. Vizepräsident Omar Suleiman leitete die so genannten „Verhandlungen“ ein. Die Führung der Moslembruderschaft verhielt sich clever. Sie unterwarf sich nicht, akzeptierte aber prinzipiell das Angebot, mit dem (amtierenden) System zu verhandeln.
Derweil lud die Bewegung Tag für Tag zu Konferenzen, auf denen diskutiert wurde. Bei diesen Treffen wurden folgende Regeln für einen ECHTEN Übergang erarbeitet:
Erstens, das künstliche Parlament muss umgehend aufgelöst werden. Zweitens, ein sofortiges Endes des Kriegsrechts; die Demonstrationen müssen toleriert werden. Drittens, ist ein Projekt zur Erarbeitung einer neuen Verfassung zu initiieren. Viertens soll das neue Parlament ein verfassungsgebendes Parlament sein. Fünftens, keine sofortigen, vorschnellen Wahlen. Zunächst muss Freiheit herrschen – für lange Zeit. Bei sofortigen Neuwahlen würden viele Wähler für die Muslime stimmen, da diese sehr gut organisiert sind, die Medien kontrollieren usw. Doch in einem Jahr der Freiheit – echter Freiheit – könnten sich die Linken und die Jugend organisieren.
Es wird ein langer Kampf werden, und er hat erst begonnen. Ägypten ist ja bekannt für seine langen Revolutionen. Man denke nur an die Zeit zwischen 1920 und 1952 – mit all ihren Höhen und Tiefen. Auf längere Sicht werden die Jungen und die Linken mehrheits- und handlungsfähig sein. Ein potentielles Negativszenario wären Angriffe der Moslembruderschaft gegen die Linke und die Jungen. Es ist bereits zu solchen Versuchen gekommen. Wir haben es hier mit einem üblen System zu tun. Es (das Mubarak-Regime) öffnete die Gefängnistore und ließ 17 000 Kriminelle frei. Sie gaben ihnen Mubarak-Abzeichen, Waffen, Geld und die Zusicherung, nicht mehr ins Gefängnis zurück zu müssen, wenn sie Demonstranten angreifen würden. Soviele Gefangene hätten nie aus den Gefängnissen des Landes entkommen können – nicht, ohne die schützende Hand der Polizei. Aufseiten der Bewegung hat niemand die Gefängnistore geöffnet.

(Auszug aus einem Interview mit dem Autor)

Q: Sie glauben, die jungen Leute seien für die Linken. Wahrscheinlich werden die Rechten und die Moslembruderschaft versuchen, einen Keil zwischen die Jungen zu treiben.
Meiner Ansicht nach ist von entscheidender Bedeutung, dass die Jugend – und selbst die Demokraten – nicht für die Amerikaner sind.
Samir Amin: Viele der Demokraten sind neutral und nicht gegen die Amerikaner. El Baradei ist ziemlich naiv, (wenn er glaubt,) die Amerikaner wollten die Demokratie. Wir wiederholen und wiederholen: Das Ziel der USA ist nicht die Demokratie.
Q: Welche Rolle spielt die Arbeiterschaft, spielen die Bauern?
Samir Amin: Vor drei Jahren gab es hier in Ägypten eine große Streikwelle. Es war die größte in ganz Afrika (einschließlich Südafrika) in den letzten 50 Jahren. Die offiziellen Gewerkschaften Ägyptens unterstehen vollständig der Kontrolle des Staates – schon seit Nassers Zeiten. Dies entsprach dem sowjetischen Modell, in dem die Gewerkschaften auch unter staatlicher Kontrolle standen. Der Streik war sozusagen spontan – denn er wurde nicht von der Gewerkschaftsführung initiiert sondern von der Basis. Er war erfolgreich, ein gewaltiger Erfolg. Damals, vor drei Jahren, wollte das (Mubarak-)Regime die Polizei einschreiten lassen. Doch die Unternehmen waren dagegen, denn sie fürchteten, ihre Fabriken könnten massiv zerstört werden. Sie verhandelten. Durch die Streiks konnten einige winzige Zugeständnisse erreicht werden – wie Lohnerhöhungen um 10% oder 15%. Diese Erhöhungen waren jedoch niedriger als das, was die Inflation in jenen Jahren auffraß. Dennoch war es ein bedeutsamer Erfolg —  ein Erfolg der Selbstachtung und ein Erfolg hinsichtlich der Rechte der Gewerkschaften. So wurde beispielsweise erreicht, dass niemand mehr entlassen werden darf, ohne dass die Gewerkschaft davon in Kenntnis gesetzt wird. Eine neue, unabhängige Gewerkschaft wurde gegründet. Sie ist Teil der heutigen Bewegung.
Die Bauernbewegung miteinzubeziehen ist sehr viel komplizierter. Schon seit 1920 existiert eine radikale (Bauern-)Bewegung. In Ägypten gibt es Großgrundbesitz (Latifundien). Doch es gibt auch reiche Bauern. Auf dem Land sind diese Bauern sehr einflussreich – weil sie nicht abwesend sind (wie die Großgrundbesitzer) und weil sie Beziehungen zur Regierung, zu Rechtsanwälten und Ärzten haben. Es gibt mittelständische Bauern, arme Bauern und sehr arme Bauern, und es gibt die Landlosen. Interessant ist, dass sich die Situation der Landlosen in den vergangenen 30 Jahren nicht verschlechtert hat. Sie gingen als Arbeitsimmigranten in die (reichen) Golfstaaten. Dort konnten sie ein wenig Geld auf die Seite bringen Das reichte zwar nicht, um sich ihr Land zurückzukaufen, doch immerhin konnten sie sich in der Schattenwirtschaft eine Existenz aufbauen – mit informellen Aktivitäten in der Grauzone. Wirklich bedroht, ist die arme Bauernschaft, denn der neoliberale Markt duldet und fördert deren Enteignung durch die reichen Bauern, durch kapitalistische Landbesitzer oder moderne inländische Firmen mit Verbindungen zum Agrobusiness. Diese (armen) Bauern sind sehr radikal. Sie sind nicht antikommunistisch. Sie wissen nur nichts über den Kommunismus. Sie wissen einfach nichts darüber. Es zeugt von der Schwäche der (ägyptischen) Kommunisten, dass es ihnen nie gelang, diese Menschen zu integrieren – denn die Kommunisten waren die Einzigen, die überhaupt mit ihnen diskutiert haben. Die Muslime haben es nicht getan und auch die bourgeoisen Demokraten nicht. Niemand hat echten Einfluss auf diese armen Bauern. Doch sie kämpfen ihre Kämpfe weiter.
Q: Haben die Arbeitenden und die Bauern zu der aktuellen Mobilisierung (des Volkes) mit beigetragen?
Samir Amin: In den kleinen Dörfern fand eine Mobilisierung der Bauern statt. Allerdings stehen sie nicht in Kontakt zu der globalen Bewegung. Sie beteiligen sich nicht an den Konferenzen, in denen über den Übergang (in Ägypten) diskutiert wird.
Q: Ist die Bewegung also im Wesentlichen urban geprägt?
Samir Amin: Ja. Das schließt jedoch die kleinen Städte mit ein.
Q: Wie erklären sie sich die Spontaneität?
Samir Amin: Die Leute haben von allem die Schnauze voll – vor allem von der Polizei. Sagen wir, du wirst per Zufall verhaftet, weil du über eine rote Ampel gefahren bist. Sie werden dich verprügeln und foltern. Folter und Repressalien durch die Polizei sind an der Tagesordnung. Sie (die Polizisten) gehen absolut straffrei aus. Es ist einfach ekelhaft. Die Leute haben auch die Schnauze voll von diesem mafiosen System. Die Unternehmer, von denen die Weltbank behauptet, sie seien die Zukunft, sind Gangster. Wie sind sie an ihr Geld gekommen? Indem sie Land verkauft haben, das ihnen der Staat geschenkt hatte, damit sie darauf Projekte verwirklichen. Dieser Reichtum wurde durch Enteignung akkumuliert. Die eigentlichen Unternehmer werden ausgesogen.
Auch vom Diktat der USA haben die Leute die Schnauze voll. Die Ägypter sind gute Patrioten. Wir fragen uns: Wie kann man nur so tief sinken, dass man sich alles vom amerikanischen Botschafter und vom US-Präsidenten vordiktieren lässt. Hinzu kommt die soziale Erniedrigung. Die meisten erleben wachsende Armut, zunehmende Arbeitslosigkeit und enorme Ungleichheit. Es ist eben eine Mischung aus allem. Die (Mubarak-)Regierung besaß keine Legitimität. Doch das ist vorbei. Plötzliche Explosionen. Menschen wurden getötet. Doch ihnen ist bewusst: Wer kämpft, kann getötet werden.
Q: Welche Auswirkungen wird das Ganze auf andere arabische Länder haben – Solidarität?
Samir Amin: Es wird ein Echo geben. Allerdings ist jedes Land anders. Tunesien ist ein kleines Land. Der Lebensstandard ist höher, die Menschen sind gebildeter, aber das Land ist nicht groß. Es ist verwundbar – angesichts der globalen Wirtschaft.
Q: Wie es scheint, haben sich die Menschen in Tunesien besser organisiert. In Ägypten dagegen gibt es mehr Spontaneität. Welche Auswirkungen wird das Ganze auf Palästina haben? Sicher gibt es Auswirkungen in dieser Hinsicht?
Samir Amin: Natürlich – und es wird auch Auswirkungen auf Syrien haben. Letzteres ist sehr kompliziert. Welche Auswirkungen die Sache für den Irak haben wird, ist schwer vorauszusagen. Der Südjemen ist sehr national und links gesinnt, was das Volk angeht: marxistische Rhetorik – ich denke da an die radikale Linke – und sehr patriotische Gefühle, was die Nation als Ganzes angeht. Allerdings erinnert der Jemen mich etwas an Korea: der Norden rückständig, der Süden entwickelter. Im Jemen könnte es erneut zu Spaltungen kommen, weil der Süden mit der Einheit nicht zurechtkommt.
Q: Bitte kommentieren Sie die jüngsten Entwicklungen.
Samir Amin: Was ist geschehen? Mubarak ist nicht zurückgetreten. Er wurde abgesetzt – durch einen Militärputsch, der von der Armeeführung ausging. Er und sein Kumpel Omar Suleiman mussten abdanken. Die neue offizielle Führung der Armee behauptet, sie werde die Macht bis zu den Wahlen behalten. Anschließend werde sich die Armee aber wieder in die Kasernen zurückziehen. Bis dahin trage sie die Verantwortung für den Übergang.

Doch die Bewegungen setzen ihre Konferenzen fort. Sie arbeiten weiter daran, ihre Forderungen durchzusezten – für eine neue, in jeder Hinsicht freie Demokratie, in der es Zugang zu den Medien gibt, in der man sich organisieren kann usw.
Zweitens wird die Konferenz über Konzepte für eine neue Verfassung beraten. Zunächst soll eine verfassungsgebende Versammlung gewählt werden und noch keine Legislative, kein Parlament (selbst dann nicht, wenn die Regierung jene sanfte Änderungen an der jetzigen Verfassung verwirklichen sollte).
Es ist noch zu früh, um vorherzusagen, wie die neue (Übergang-)Regierung mit der Situation fertigwerden wird. In einigen Tagen werden wir es wissen. Die Bewegung hat ihr Projekt noch nicht abgeschlossen. Die Armeeführung will einen harschen Übergang – baldige Wahlen. Das würde natürlich bedeuten, dass die Moslembruderschaft sehr viele Sitze erhält. Wir sind für den langsamen Übergang, denn wir wollen, dass die neuen Kräfte der Demokratie sich organisieren können sowie ihre Programme und Projekte entwickeln, und wir wollen, dass sie Zugang zur öffentlichen Meinung bekommt, bevor es in Richtung Wahlen geht.

Dr. Samir Amin ist ein prominenter politischer Ökonom. Er ist Ägpyter. Zur Zeit lebt er in Dakar/Senegal.

Quelle: Lebenshaus Schwäbische Alb



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