Aggression ist wie Fahrrad fahren

Warum reagierst du mit diesem bestimmten Gefühl – obwohl du die Auswahl an der gesamten Gefühlspalette nutzen darfst? Erinnere dich …

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Aggression ist wie Fahrrad fahren

Aggression ist wie Fahrrad fahren

Du kennst vielleicht das Wort Aggressionstherapie? Oder den Satz: „Such dir ein anderes Ventil für deine Wut und werde endlich ruhiger“? Ich zeige dir heute einen neuen Ansatz. Was, wenn da gar nicht zu viel Aggression in dir drin steckt, sondern etwas ganz anderes?

Fahrrad fahren bis zur Gewohnheit

Erinnere dich an deine Kindheit zurück.

Der große Tag, an dem du endlich das lange ersehnte und heiß begehrte Fahrrad geschenkt bekommen hast. Wie du zum ersten Mal auf den ledrigen Sattel gesessen bist. Einen Fuß auf dem Pedal, den anderen am Boden, bereit endlich loszufahren …

Vermutlich erst zaghaft mit Stützräder. Oder mutig und euphorisch gleich hinein in den Spaß. Vielleicht hast du als Erstes eine Bruchlandung hingelegt? Oder dir die Knie aufgeschürft. Das Fahrrad kaum halten können und in Schlangenlinien gebangt, es irgendwie hinzubekommen. Zumindest musstest du eines: genau nachdenken und aufpassen, was deine Hände und Füßen tun. Treten, lenken und die Balance halten – alles GLEICHZEITIG. Du musstest lernen, deinen Körper neu zu bewegen und zugleich Aufmerksam sein, damit dir nichts geschieht. An die hundertmal das Rad in die Hand nehmen und die ungewohnten Bewegungen deiner Muskeln und den Umgang lernen. Bis es zur Gewohnheit wurde und du ohne darüber nachzudenken sicher und selbstbewusst losradeln konntest.

Was hat dieses Erlebnis mit Aggression zu tun? Eine ganz einfache Überlegung:

Wenn du es gewohnt bist, Fahrrad zu fahren – ohne darüber nachzudenken, dann bist du es gewohnt, in bestimmten Situationen mit Aggression zu reagieren – weil du es gewohnt bist. Nicht weil du von dem Gefühl zu viel hast.

Von Liebe kannst du nie genug haben

Es ist schon erstaunlich. Ein zu viel an positiven Gefühlen gibt es nicht. Hast folgende Sätze im Leben gehört?:

  • „Hör zu lieben auf, du musst ein anderes Ventil dafür suchen!“
  • „Du platzt gleich vor Glück, das schadet deinem Blutdruck!“
  • „Zu viel Freundlichkeit stresst den Körper, da sich der Mund nicht entspannen kann.“
  • „Geh mal in eine Dankbarkeitstherapie, du nervst!“

Wurde dir von Bekannten dein Glücksempfinden ausgeredet, mit der Begründung, es ist zu viel und muss wegtherapiert werden? Nein. Bei unseren positiven Gefühlen können wir nie zu viel des Guten haben und nuckeln wie Süchtige auch beim tausendsten Sonnenuntergang an den Lippen unseres geliebten Menschen. Geht es um Angst, Stress und Aggression kommt sofort der Therapeut auf den Plan, um das Übel „wegzudoktern“. Ich stelle eine Behauptung auf: Wenn du dich heute überwiegend Aggressiv verhältst, dann liegt das nicht daran, dass du zu viel davon mit dir herum schleppst. Sondern aus deiner ersten Erfahrung mit Aggression aus deiner Kindheit, die du damals gelernt und seither verinnerlicht hast, bis sie heute zu deiner Gewohnheit wurde. Wie lernen wir, mit unseren Gefühlen umzugehen? Die Wahrheit ist, gar nicht. Es gibt kein Schulfach, in dem es unseren Kindern unterrichtet werden. Keine Ausbildung, keinen Lehrgang und der Kindergarten hat anderes zu tun, nämlich der Kinderschar Herr zu werden, die alle einen Platz haben wollen. Woher also haben wir unsere Kenntnisse, wann wir uns aggressiv verhalten sollen? Wann Liebe angebracht ist? Warum wir im Streit enttäuscht regieren und woher unsere Schuldzuweisungsspielchen kommen?

1. Beobachten:

Wir haben als Kinder das getan, was jeder Nachwuchs rund um den Erdball intuitiv macht: unsere Eltern beobachtet. Ob Mensch, Tier oder Insekt, wir lernen, indem wir das Verhalten unserer Eltern beobachten und nachahmen. Wir haben ihr Verhalten im Streit, Stress, im Umgang mit Geld, Liebe, Enttäuschung, Schuld, Dankbarkeit, Glück, Vorwürfe, Erwartungen, Feindbilder, Ablehnung, Glaubenssätze …von ihnen übernommen – unbewusst. Unser jungfräuliches Kindergehirn wurde von uns mit diesen Informationen gefüttert, wie beim Fahrradfahren. Wieder und wieder, bis zu heutigen Tag und darüber hinaus. Und was hat unser Gehirn mit den Informationen aus diesem Lernprozess gemacht? Eine ganze Lagerhalle an „Gewohnheitsanordnungen“ angelegt, um das passende Gefühl auf jegliche Situation parat zu haben – ohne lange suchen zu müssen. Es hat eine direkte Datenautobahn (Blogartikel) zum Gefühl angelegt und reagiert heute automatisch mit Aggression, Wut, Enttäuschung, Schmerz, …, weil du es imitiert hast. STOPP! Bevor du jetzt deinen Eltern an die Kehle springst, bedenke: Wer hat es ihnen beigebracht? Kannten deine Großeltern das Geheimnis im Umgang mit Gefühlen? Deine Urgroßeltern? Adam und Eva? Es gibt keinen Grund, auf deine Freunde aus Kindertagen neidisch zu sein, weil sie einen coolen Papa oder eine glückliche Mutter hatten, die ihnen einen liebevolleren Umgang beigebracht haben. Sie wissen deswegen nicht unbedingt besser Bescheid, mit ihren Gefühlen umzugehen. Dieses Wissen müssen sie sich ebenfalls erarbeiten.

2. Erfahrung: 

Eine Beobachtung ohne umfassende Erprobung ist nutzlos. Das wissen Kinder, weswegen sie alle möglichen Taktiken und Kniffe ausprobieren, um ihren Willen zu bekommen. Mit Argumente, die Tränendrüse, Mama / Papa gegeneinander ausspielen, eine Reaktion erzwingen (wenn Eltern sich wenig um das Kind kümmern), schreien oder eben wütend werden bis hin zur Aggression. Je nachdem, welche deiner Taktiken fruchtete, umso öfter hast du diese angewandt, bis du eines Tages anfingst, aus Gewohnheit auf alles mit Aggression zu reagieren.

Dieser Moment ist fließend geschehen. Vermutlich im Übergang zum Erwachsenwerden. Häufig stellen wir in dieser Phase fest, dass unsere Taktiken aus Kindertagen völlig gegen die Wand laufen. Dann wundern wir uns, dass die Wut, Tränendrüse oder Aggression nicht mehr funktioniert und reagieren mit noch mehr von diesem Gefühl, was in der Erwachsenenwelt kontraproduktiv ist und zu Kündigung, Scheidung, Arbeitslosigkeit, … führen kann. Reagieren wir weiterhin mit diesem Gefühl, verharren wir den lieben langen Tag darin und drehen uns im Gedankenkarussell. Bis unsere Familie und Freunde sich abwenden mit den Worten: „Mach mal eine Aggressionstherapie!“

Therapie einmal anders

Ich ermutige jeden, sich professionelle Hilfe bei einem speziellen Therapeuten zu suchen, wenn das Leben unerträglich wird. Doch ich möchte mit meiner Arbeit darauf hinweisen, was du alles in deinem Denken für dich ändern kannst, um die Therapie zu unterstützen. Wenn Aggression wie Fahrrad fahren ist, dann könntest du jetzt auf den Gedanken kommen: Na ja, wie verlerne ich Fahrrad um es richtig zu lernen? Das geht nicht!

Da gebe ich dir recht. Versuche Fahrradfahren oder Gehen zu verlernen. Du müsstest dich hunderte Male hinfallen lassen und über deine Füße stolpern, was ein Irrsinn ist und nicht notwendig. Ich würde es anders formulieren, um dein Gehirn ein wenig auszutricksen: Du hast nicht falsch Fahrradfahren gelernt, sondern auf dem falschen Rad. Vermutlich war es viel zu groß für dich als Kind.

Aggression ist ein riesengroßes und mächtiges Gefühl, das große Zerstörung bringen kann. Wenn du als kleines Kind versuchst, mit diesem gigantischen Gefühl zu „spielen“ (nichts anderes ist die kindliche Neugier. Schauen, welches Gefühl bei den Großen am besten funktioniert), wackeln schon mal die Wände, fliegen Spiele-Konsolen durch die Gegend und bersten Handys. Denn das ist die Begleiterscheinung, wenn Gefühle zur Gewohnheit werden. Nach Jahren reagiert das Kind im Schulalter aus Gewohnheit mit Gewalt und Zerstörung, dass dabei geliebte Dinge zu Bruch gehen. Das Gute am Lernen ist, wir müssen nichts erst verlernen und neu lernen. Es reicht, wenn wir Neues erlernen und damit das Alte wie eine Festplatte kontinuierlich überspielen, bis das Neue zur Gewohnheit geworden ist. Mit dem Beispiel Fahrrad ist klar, was gemeint ist. Benutz eines, das zu dir und deinem Vorhaben passt: Rennrad, Mountainbike, Damenrad, Herrenrad, Elektrorad, gar kein Rad, … ;-).

Anleitung:

Auf das Gefühl Aggression bezogen, bedeutet es:

  1. Schau dir an, welche Gefühle es überhaupt gibt. (Unsere Bildergalerie bietet dir eine Auswahl und unsere Mini-Karten enthalten 98 positive und negative Gefühle.) Aggression ist lediglich ein Farbton auf der Gefühlspalette. Wir hätten noch Dankbarkeit, Wut (abgeschwächte Form von Aggression), Selbstliebe, Frust, Enttäuschung, Verständnis, Offenheit, Verantwortung, … die sich als Reaktion ebenfalls anbieten.
  2. Aggression über Nacht abstellen ist genauso utopisch, wie über Nacht 10 Kilo zu verlieren. Es ist ein Prozess, der dauert und auf dein persönliches Training (eventuell mit einem Therapeuten) ankommt. Vermutlich wirst du die ersten Wochen / Monate noch aggressiv reagieren, ehe du in der Lage bist, Dankbarkeit oder zumindest Enttäuschung zu fühlen und keine Gegenstände mehr zu Bruch gehen ;-).
  3. Die eigentliche Arbeit beginnt damit, einen Gedanken jeden Tag zu verinnerlichen: „Ich entscheide, wie ich mich fühlen will.“ Und zwar Hunderte, tausende Male. Du hast es mit einer Gewohnheit über Jahren zu tun, in denen du vielleicht Sätze sagtest, wie „ich bin so wütend auf ..!“ Da ändert einmal halbherzig einen Satz sagen wenig. Es geht darum, die Verknüpfung in deinem Gehirn zur Aggression mit einer neuen Verknüpfung zu überspielen: Deine Wahl, wie du dich fühlen möchtest.
  4. Niemand ist schuld an deiner Aggression. Du entscheidest sie zu fühlen, weil du eine Situation bewertest – bewusst oder unbewusst. Daher solltest du den Grund hinter diesem Gefühl herausfinden und dich hinterfragen. Was oder wer macht dich wütend? Warum denkst du, dass Aggression eine angemessene Reaktion ist? Wann hast du sie zum ersten Mal gefühlt?(vermutlich in deiner Kindheit). Wobei sollte dir die Aggression helfen? Was wolltest du damals unbedingt haben? Hättest du es auch mit Dankbarkeit oder Freundlichkeit erreichen können? Bedenke: Du bist heute erwachsen und hast viel mehr Möglichkeiten, als Kind. (Hol dir notfalls Hilfe, wenn du dich deiner Vergangenheit stellen willst).
  5. Erinnere dich jeden Tag an deine guten Gefühle. In unseren negativen Emotionen blenden wir das Gute aus und verlieren uns im Strudel der Angst.

Ein paar abschließende Gedanken für dich:

  • Nimm ein Notizbuch und schreibe deine Gedanken aufEin Gedanke ändert dein Leben – wenn du ihn wiederholst. Es ist nicht notwendig alle Baustellen im Leben zeitgleich anzugehen. Es reicht, wenn du einen Gedanken, einen einzigen positiven Gedanken der Liebe und des Wohlwollens DIR SELBST gegenüber jeden Tag denkst. Beim Zähneputzen, Essen, Autofahren, Einkaufen, in Pausen, abends beim Zubettgehen, morgens beim Aufstehen. Ein Gedanke hat die Macht, von einem Trampelpfad zu einer zehnspurigen Autobahn in deinem Kopf zu wachsen und dein Leben zu erleichtern. 
  • Was steckt hinter deiner Aggression? Jedes Gefühl, das sich wiederholt bei uns meldet, möchte uns etwas mitteilen.
  • Aggression ist eine Energie, die du besser nutzen kannst für deine Entwicklung. Zum Beispiel für deine Kreativität oder Sport.
  • Du musst nicht mit Aggression gegen andere oder dich reagieren. Du bist ein wertvoller Mensch, der Fehler machen darf. Und hier ist, um zu lernen, sich zu entfalten.
  • Kannst du dich selbst lieben? Kannst du dich vor dein Spiegelbild stellen und sagen. Ich liebe mich? Hinter Wut verbirgt sich oft fehlende Selbstliebe und die Angst vor Ablehnung. Du bist okay, wie du bist MIT allen deinen Gefühlen.
  • Niemand kann dir vorschreiben, wie du dich zu fühlen hast. Es ist deine Entscheidung – solange du dich und andere mit Respekt behandelst.
  • Lerne ALLE deine Gefühle kennen. Jedes hat seine Daseinsberechtigung und Zeit, es zu fühlen. Sich auf eines zu konzentrieren und alle anderen Abzuspalten schadet auf Dauer und macht krank.
  • Alles hat ein Ende – deine Aggression ebenfalls. Du kannst niemals ein Gefühl 24 Stunden am Tag aufrecht halten. Unser Leben besteht aus einem Gefühls-Cocktail an den positiven UND negativen Emotionen
Aggression ist wie Fahrrad fahren

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P.S.: Miteinander Reden ist reine Gewohnheit 😉 

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#nureinGedankeändertDeinganzesLEBEN!

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