Affenwirtschaft

Getrieben von ihrem schlechten Gewissen aufgrund der groben Vernachlässigung des Blogs hat imbißsylt mir eine Reihe von Links zugesendet, die mich wohl entschädigen sollen. Natürlich lasse ich mich so leicht kaufen. Es wäre doch schließlich eine Schande, wenn ich mich in Millionen Jahren Evolution garnicht weiterentwickelt hätte, was das angeht.

Verstehen Sie nicht? Ja, stimmt, selbst der Urvater unseres heutigen ökonomischen Denkens, also Adam Smith, hielt den Handel, hielt das Verständnis von Eigentum für eine menschliche Erfindung, die kein Äquivalent im Tierreich findet:

'"Niemand hat je einen Hund einen Knochen tauschen sehen mit einem anderen Hund", schrieb er " Niemals hat je ein Tier durch Gesten oder Lautäußerung einem anderen zu verstehen gegeben: ' Dies ist meins, dies deins, ich bin bereit, dir das hier im Gegenzug zu geben'."

NYTimes.com

Es brauchte erst Keith Chen, der in einem ausgedehnten Experiment mit Capuccino-Affen aufzeigt, dass auch das angeblich typisch menschliche Verhalten in wirtschaftlichen Zusammenhängen durchaus bereits bei unseren genetischen Urahnen anzutreffen ist, die fanden es wohl nur bloß zu affig (oder eben zu menschlich). Und so nebenbei erfanden sie das älteste Gewerbe der Welt - mal wieder.

capuchin

Chen, der sich selbst als Verhaltenswissenschaftler bezeichnet, begann seine Arbeit in Harvard, wo er seine Versuchsreihe denkbar einfach einleitete: Er setzte zwei Affen in unterschiedliche Käfige mit jeweils einem Hebel, dessen Betätigung dem anderen Affen einen Marshmallow bescherte. Im Rahmen dieser Testreihe stellte er fest, dass etwa 40 Prozent seiner Kandidaten die entsprechende Selbstlosigkeit (und das entsprechende Vertrauen) aufbrachten.

In einem zweiten Durchlauf arbeitete er mit zwei konditionierten Affen, von denen einer grundsätzlich an dem Hebel zog, der andere aber nie. Auch hier war das Ergebnis interessant: Während in Anwesenheit des großen Gebers die Bereitschaft der anderen, am Hebel zu ziehen, auf 50 Prozent stieg, sank sie bei Anwesenheit des zweiten Affen auf 30 Prozent ab. Desweiteren zerstörte nach einiger Zeit bereits die simple Anwesenheit dieses Affen den Frieden im Rudel. Auch das kommt einem irgendwo bekannt vor.

Später führte Chen dann eine einfache Münzwirtschaft ein, bei der gegen Angabe  dieses Kunstgeldes Futter erworben werden konnte. Das Prinzip wurde den Capuccino-Affen, nicht gerade die intelligenteste Spezies, nicht nur sehr schnell klar, sie verstanden auch Spiele, die darauf aufbauten und erweiterten das System recht bald um ihr zweites großes Interesse: Neben Futter wurde dann auch bald Sex mit den Münzen erworben. Desweiteren erfanden sie recht schnell auch Kriminalität - also Diebstahl und Betrug. Insgesamt urteilte Chen später, dass sie in kurzer Zeit fast alle typisch menschlichen ökonomischen Verhaltensweisen (genau genommen typisch amerikanischen) an den Tag gelegt hätten - inklusive einer fehlenden Bereitschaft, Risiken einzugehen, aber gleichzeitig unfähig, zu sparen.

Wenn man überlegt, wie wenig wir all diese Mechanismen in unserem Alltag hinterfragen, und wie sie zugleich immer mehr Aspekte eben dieses Alltags domninieren, sollte man Chens Forschungsarbeit vielleicht weiter verfolgen. Wenn primitive Affen im Wesentlichen so mit Geld umgehen wie wir, vielleicht können ein paar Menschenaffen sich ja ein System ausdenken, das besser funktioniert.

Bis dahin Wetter.

Sie könnten auch hier weiterlesen:

http://www.psychologicalscience.org/observer/getArticle.cfm?id=1804

http://www.marginalrevolution.com/marginalrevolution/2005/06/steve_levitt_on.html

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