A Tribe Called Quest
„We Got It From Here, Thank You 4 Your Service“
(Smi Epc/Sony)
Eindimensionale Dinge können manchmal verdammt öde sein. Gangsta Rap zum Beispiel. Immer nur mit martialischem Gewummer auf die Fresse, einen Kinnhaken nach dem anderen mit der ewigen Mischung aus männerbündlerischem Posse-Gehabe, Bling-Bling und ständigen Schwanzvergleichen im übertragenen wie leider auch im wortwörtlichen Sinne. Es gab mal Zeiten, da ließ sich damit ordentlich Aufmerksamkeit erregen und Geld machen – die Zeiten sind zum Glück vorbei, auch wenn sie deshalb weiß Gott nicht besser geworden sind. A Tribe Called Quest kommen dieser Tage, ist man fast versucht zu sagen, aus einer anderen Welt. Als ihre letzte Platte „The Love Movement“ erschien, stand noch eine 19 vor der Jahreszahl, Bill Clinton war amerikanischer Präsident und die Hip-Hop-Charts wurden von Acts wie Gang Starr, Method Man, Snoop Dogg, Black Star und Busta Rhymes regiert, ein gewisser Jay Z hatte mit „Hard Knock Life“ seine erste Nummer 1, Lauryn Hill machte kurz Karriere mit ihrer „Misseducation…“ und die Beastie Boys erfüllten mit „Hello Nasty“ alle Erwartungen. Schon damals also keine Langeweile, an Obama oder Trump allerdings, diese historischen Peaks, war lange nicht zu denken.
Achtzehn Jahre ist das her, seit letzter Woche ohnehin eine Ewigkeit – Amerika erwacht langsam aus der Schockstarre und die Musikwelt staunt über eine Band, die derart frisch und unverbraucht zu Werke geht, obwohl sie über drei Dekaden auf dem Buckel hat. Und das in mehrerlei Hinsicht: Denn „We Got It From Here…“ ist zunächst eine Rückmeldung, eine Selbstbehauptung, eine Standortbestimmung, wie sie gerade in solch düsteren Zeiten Not tut. Das Album macht Mut, denn bloßes Bumm-Bumm und wütend nach oben gereckte Fäuste würden wohl nicht viel helfen, wenn es darum geht, Versäumnisse zu reflektieren, Misstände aufzuarbeiten und wieder neu Anlauf zu nehmen. Insofern ist es als Wachmacher mit Hirn und Herz die deutlich bessere Alternative. Was nicht heißt, dass nicht auch in dieser Platte eine ganze Menge Politik und somit Wut stecken – wie sollte es anders gehen. „We The People“ zum Beispiel bietet den bitteren Vorgeschmack auf das, was jetzt vermehrt zu hören sein könnte: „All you black folks, you must go. All you Mexicans, you must go. And all you poor folks, you must go. Muslims and gays, boy, we hate your ways, so all you bad folks, you must go.”
“A lot of the things we put in this album, it’s not for shits and giggles. It’s not for fucking entertainment. A lot of this shit is hopefully an impetus for some change, because shit is getting drastic”, sagt Jarobi White denn auch auf The Fader und Stücke wie “Kids”, “Melatonin” oder “The Killing Season” sprechen hier die erhofft deutliche Spache. Daß es nicht so verbittert und überhart rüberkommt, liegt natürlich im Wesentlichen an den stilistischen Mitteln, mit denen ATCQ seit langer Zeit glänzen und denen sie auch hier die Bühne freiräumen – jazzige Arrangements, soulige Loops, viel Funk und mittendrin immer wieder die quietschenden Bluesgitarrenakkorde vom neuen Buddy Jack White, sie öffenen viele Ebenen und halten das Ganze auf hoher Temperatur am Kochen. Fast hätte man darüber vergessen, daß die meisten Gäste, die hier geladen sind, auf eine ähnlich bewegte Vergangenheit zurückblicken können – Busta Rhymes, Talib Kweli, André 3000 sind ja weitestgehend Weggefährten unserer Helden, selbst Elton John erschien für „Solid Wall Of Sound“ im Studio und wirkt dabei überhaupt nicht fehl am Platz.
Ein Platz hat am Ende, als alles soweit fertig war, dann leider freibleiben müssen – Phife Dawg kann den Erfolg und die Genugtuung nicht mehr miterleben und somit ist die letzte Dimension der Rückkehr eine traurige – sein Tod im März diesen Jahres gibt das Thema für Songs wie „Black Spasmodic“, „Lost Somebody“ und natürlich „The Donald“. Mit letzterem haben sie alle genarrt, die geglaubt haben, eine schwarze Platte nach der verhängnisvollen Wahlentscheidung müsse zwingend schon aktuellen Bezug zum ersten Horrorclown im Staatsamt nehmen. Weit gefehlt, der Donald bekommt schon zuvor im wundervoll vielschichtigen „Conrad Tokyo“ gemeinsam mit Kendrick Lamar sein Fett weg, hier dreht es sich vielmehr um den Spitznamen des verstorbenen Freundes. Sammlung also ja, der erneute Angriff muß aber noch warten, ob er von ATCQ kommt, bleibt abzuwarten: „Backwoods, boondocks, whatever terrain, 'Auf Wiedersehen', 'Aloha', man our feet ain't the same“ – die Zeichen stehen eher auf Abschied. Bis hierhin vielen Dank. http://atribecalledquest.com/home/
„We Got It From Here, Thank You 4 Your Service“
(Smi Epc/Sony)
Eindimensionale Dinge können manchmal verdammt öde sein. Gangsta Rap zum Beispiel. Immer nur mit martialischem Gewummer auf die Fresse, einen Kinnhaken nach dem anderen mit der ewigen Mischung aus männerbündlerischem Posse-Gehabe, Bling-Bling und ständigen Schwanzvergleichen im übertragenen wie leider auch im wortwörtlichen Sinne. Es gab mal Zeiten, da ließ sich damit ordentlich Aufmerksamkeit erregen und Geld machen – die Zeiten sind zum Glück vorbei, auch wenn sie deshalb weiß Gott nicht besser geworden sind. A Tribe Called Quest kommen dieser Tage, ist man fast versucht zu sagen, aus einer anderen Welt. Als ihre letzte Platte „The Love Movement“ erschien, stand noch eine 19 vor der Jahreszahl, Bill Clinton war amerikanischer Präsident und die Hip-Hop-Charts wurden von Acts wie Gang Starr, Method Man, Snoop Dogg, Black Star und Busta Rhymes regiert, ein gewisser Jay Z hatte mit „Hard Knock Life“ seine erste Nummer 1, Lauryn Hill machte kurz Karriere mit ihrer „Misseducation…“ und die Beastie Boys erfüllten mit „Hello Nasty“ alle Erwartungen. Schon damals also keine Langeweile, an Obama oder Trump allerdings, diese historischen Peaks, war lange nicht zu denken.
Achtzehn Jahre ist das her, seit letzter Woche ohnehin eine Ewigkeit – Amerika erwacht langsam aus der Schockstarre und die Musikwelt staunt über eine Band, die derart frisch und unverbraucht zu Werke geht, obwohl sie über drei Dekaden auf dem Buckel hat. Und das in mehrerlei Hinsicht: Denn „We Got It From Here…“ ist zunächst eine Rückmeldung, eine Selbstbehauptung, eine Standortbestimmung, wie sie gerade in solch düsteren Zeiten Not tut. Das Album macht Mut, denn bloßes Bumm-Bumm und wütend nach oben gereckte Fäuste würden wohl nicht viel helfen, wenn es darum geht, Versäumnisse zu reflektieren, Misstände aufzuarbeiten und wieder neu Anlauf zu nehmen. Insofern ist es als Wachmacher mit Hirn und Herz die deutlich bessere Alternative. Was nicht heißt, dass nicht auch in dieser Platte eine ganze Menge Politik und somit Wut stecken – wie sollte es anders gehen. „We The People“ zum Beispiel bietet den bitteren Vorgeschmack auf das, was jetzt vermehrt zu hören sein könnte: „All you black folks, you must go. All you Mexicans, you must go. And all you poor folks, you must go. Muslims and gays, boy, we hate your ways, so all you bad folks, you must go.”
“A lot of the things we put in this album, it’s not for shits and giggles. It’s not for fucking entertainment. A lot of this shit is hopefully an impetus for some change, because shit is getting drastic”, sagt Jarobi White denn auch auf The Fader und Stücke wie “Kids”, “Melatonin” oder “The Killing Season” sprechen hier die erhofft deutliche Spache. Daß es nicht so verbittert und überhart rüberkommt, liegt natürlich im Wesentlichen an den stilistischen Mitteln, mit denen ATCQ seit langer Zeit glänzen und denen sie auch hier die Bühne freiräumen – jazzige Arrangements, soulige Loops, viel Funk und mittendrin immer wieder die quietschenden Bluesgitarrenakkorde vom neuen Buddy Jack White, sie öffenen viele Ebenen und halten das Ganze auf hoher Temperatur am Kochen. Fast hätte man darüber vergessen, daß die meisten Gäste, die hier geladen sind, auf eine ähnlich bewegte Vergangenheit zurückblicken können – Busta Rhymes, Talib Kweli, André 3000 sind ja weitestgehend Weggefährten unserer Helden, selbst Elton John erschien für „Solid Wall Of Sound“ im Studio und wirkt dabei überhaupt nicht fehl am Platz.
Ein Platz hat am Ende, als alles soweit fertig war, dann leider freibleiben müssen – Phife Dawg kann den Erfolg und die Genugtuung nicht mehr miterleben und somit ist die letzte Dimension der Rückkehr eine traurige – sein Tod im März diesen Jahres gibt das Thema für Songs wie „Black Spasmodic“, „Lost Somebody“ und natürlich „The Donald“. Mit letzterem haben sie alle genarrt, die geglaubt haben, eine schwarze Platte nach der verhängnisvollen Wahlentscheidung müsse zwingend schon aktuellen Bezug zum ersten Horrorclown im Staatsamt nehmen. Weit gefehlt, der Donald bekommt schon zuvor im wundervoll vielschichtigen „Conrad Tokyo“ gemeinsam mit Kendrick Lamar sein Fett weg, hier dreht es sich vielmehr um den Spitznamen des verstorbenen Freundes. Sammlung also ja, der erneute Angriff muß aber noch warten, ob er von ATCQ kommt, bleibt abzuwarten: „Backwoods, boondocks, whatever terrain, 'Auf Wiedersehen', 'Aloha', man our feet ain't the same“ – die Zeichen stehen eher auf Abschied. Bis hierhin vielen Dank. http://atribecalledquest.com/home/