Razorlight - Wire To Wire
Heute morgen in den Spiegel geschaut und da ist es wieder, dieses Gefühl. Das Gefühl das einem lähmt und mutlos macht. Lange wollte ich es aus meinem Kopf verbannen und trotzdem ist es wieder da, sogar noch lauter als früher: „Das geht doch besser“. Ich könnte doch mehr sein, besser sein, schöner sein oder mehr Leistung bringen, oder? Die Gesellschaft und ich, wir wollen immer mehr von mir.
Ich will mich endlich lieben
Ich bin nicht dick und war es noch nie. Ich hatte schon immer ein „normales“ Essverhalten, trotzdem ich als Kind recht dünn war. Ich habe Kurven und bin sogar stolz darauf. Size Zero war ich noch nie und möchte es auch nicht werden. Und trotzdem ist da diese Unzufriedenheit, die ich der Vernunft halber schon 100 Mal verbannt habe, weil ich weiß, dass kluge Frauen nicht so denken. "Sind das etwa Dellen, das sind doch keine Dellen, oder? Und woher kommt schon wieder diese Falte?" Wenn mir ein solcher Gedanke durch meinen Kopf schießt, will ich mich am liebsten selbst ohrfeigen. Bin das ich? Ist das die gleiche Person, die sonst für Mut und Individualität plädiert? Bin ich tatsächlich so oberflächlich, ist mir mein Aussehen wirklich so wichtig? Es gibt doch tausend andere Dinge, die mir viel mehr bedeuten!
Ich will endlich meinen Körper als DAS ansehen, was er auch ist: Als einen phantastischen Apparat, über den jeder einzelne von uns sehr dankbar sein sollte. Ich sollte endlich anfangen mich und meinen Körper zu lieben, so wie er nun mal ist. Nur manchmal fällt mir das eben schwer.
Ich denke du kennst sie auch, die Tage an denen irgendwie nichts so laufen will, wie du es dir wünschst? An denen du nach dem Duschen vor dem Spiegel stehst und alles an dir irgendwie "imperfekt" ausschaut? Selbst Modemarken wie Esprit haben sich mit diesem Thema auseinandergesetzt.
Die Gesellschaft
Leider leben wir in einer Leistungsgesellschaft. In einer Gesellschaft, die uns ständig einredet, wie wir uns verbessern können. Wie wir noch besser, schöner, erfolgreicher und beliebter werden können. Der perfekte Körper, der perfekte Partner, der perfekte Job, das perfekte Heim, - á la Sparkassen Werbung. Unzählige Beispiele auf Instagram machen es uns doch auch bereits vor. Perfekt trainierte und wunderschöne Menschen die scheinbar jede Woche Urlaub machen können und uns in "hellen perfekt retuschierten Fotos" anstrahlen. Wir kaufen uns Magazine, die uns einreden, wie wir besser und erfolgreicher werden können. Wir schauen uns im Fernsehen Sendungen an, wo viele hübsche Menschen um den EINEN perfekten Partner buhlen müssen. Wir vergleichen uns mit anderen Menschen auf der Straße und wollen alles daran setzen um ebenso perfekt zu werden. Wir hungern, treiben uns an unsere Grenzen, verwehren unserem Körper sogar worauf er eigentlich Lust hat... Das kann doch alles also nicht so schwer sein, oder? Perfektionismus - wohin man nur schaut. Ein Makel wird entweder versteckt, korrigiert oder einfach weggelächelt.
Manchmal ist es dann verdammt schwer sich mit Anfang dreißig in dieser Gesellschaft, die aus uns kleine Supermenschen machen will, so zu akzeptieren wie man ist. Eigentlich sollte mich so etwas völlig kalt lassen. Ich habe einen perfekten gesunden Körper, den perfekten Partner, einen sicheren Job. Ich werde doch geliebt, so wie ich bin. Man schätzt meine Art, meine Hilfsbereitschaft oder meine Einstellung. Alles viel viel wichtigere Eigenschaften als nur perfekt zu sein. Ich muss mich nur endlich wieder darauf besinnen!
In diesem Sinne, habt eine hoffentlich besinnliche Woche!
Eure,