99. Atemstärkende Übungen

… der Band „Szenische Dichtungen“ mahnt ein Rezeptionsdilemma an, das uns allen miteinander, den Lesern, den Nichtlesern, den Kritikern, den traditionsgemäß fast ausnahmslos männlichen Theaterintendanten, ihren Dramaturgen und Regisseuren die Schamröte ins Gesicht treiben müsste. …

An früherer Stelle hat sie gefordert, das Wort „mit den Gesten des ganzen Leibes“ auszuatmen und dabei „Farbe und Licht geschwisterhaft mitwirken zu lassen“. Von Mysterien-, Kult- und Ritualspielen hat die Autorin auch gesprochen. Ein Kulttheater des Chassidismus – davor mag man Angst gehabt oder besser gesagt, Phobien empfunden haben, von denen wir wissen, woher sie stammen. Theaterleute hätten jedoch begreifen sollen, dass sich diese Dichterin ganz bühnenpraktisch auf ihren Brettern tummelte. William Sachs, der Vater, gilt als der Erfinder des muskelstärkenden „Expanders“. In seiner propagandistischen Schrift „Die Heilgymnastik im Hause“ hat er über atemstärkende Übungen beim Krafttraining geschrieben. Nelly Sachs hat derlei lebenspraktische Techniken in ihre Theatertheorie eingebaut. Das war weder weltfremd noch theaterfern. Es ist sehr schwer zu verstehen, warum das deutsche Theater in all seiner Experimentierfreudigkeit mit dem Rücken zu den Stücken von Nelly Sachs verharrt. Es ist nicht zu spät. Man kann sich mit dieser Autorin noch Einiges trauen. Die Texte liegen nun vor. / Herbert Wiesner, Die Welt

Nelly Sachs: Szenische Dichtungen. Hg. von Aris Fioretos. Suhrkamp, Berlin.48 S., 68 Euro.



wallpaper-1019588
Die richtige Matratze für erholsamen Schlaf
wallpaper-1019588
Christkind oder Weihnachtsmann an Weihnachten?
wallpaper-1019588
Tracking verhindern: Die wichtigsten Neuigkeiten und Tools für deine digitale Privatsphäre
wallpaper-1019588
Zwischen Ende und Weitergehen
wallpaper-1019588
Streetphotography in Colombo