98. Junge Lyrik

Jochen Kelter hat zwei Gedichtbände gelesen, und da die Autoren „jung“ sind, sind ihre Gedichte vielleicht nicht zuende gegart oder -goren? Letzteres behauptet die Überschrift des Südkurier: „Junge Lyriker, unausgegorene Gedichte“. Vielleicht liegts auch nicht (nur) am Alter, sondern an der Manier „jüngerer deutscher Lyrik“, die, hier urteilt das südbadische Blatt anders als die Kritiker der großstädtischen Blätter, „zur Diskreditierung der Lyrik beim Publikum beigetragen“ habe. So schreibt er über Roman Graf (32):

Mag sein, dass der Autor, ganz in der Tradition jüngerer deutscher Lyrik, den artistischen Anspruch so hoch schraubt, dass darüber die Verständlichkeit der Poeme, ihre Nachvollziehbarkeit für den Leser, die Leserin auf der Strecke bleiben. Diese neue Innerlichkeit, die den Leser als zu vernachlässigende Größe behandelt, hat neben anderen Faktoren zur Diskreditierung der Lyrik beim Publikum beigetragen.

Auch die sieben Stücke des Kapitels „Sappho – Labor“, die sich als Nachdichtungen der antiken Poetin verstehen, erschließen sich kaum. Parallelen finden sich allenfalls in der Fragmentierung der Gedichte, die im Fall der Sappho allerdings nicht gewollt ist, und in vokabularischen Anspielungen wie „Mond u. Plejaden“. Wenn der Kritiker der „Neuen Zürcher Zeitung am Sonntag“ befindet, Graf verstehe sich „auf die Umsetzung kleinster Wahrnehmungen in eine dichte, poetische Sprache“, so soll das immerhin erwähnt sein. Gleichwohl bleibt mir der Eindruck, ein völlig anderes Buch in den Händen gehabt zu haben.

Sascha Garzetti: „Vom Heranwachsen der Sterne“. Wolfbach Verlag, Zürich. Preis?! (sic!)

Roman Graf: „Zur Irrfahrt verführt“. Limmat Verlag, Zürich, 87 Seiten, SFR 26,50



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