Literarisch am impulsivsten reagierte auf die Kriegsfolgen eine Gruppe junger Dichter. Man beschimpfte sie in der aufwallenden Disputation als „Atomdichter“. Sie brachen mit den tradierten Formen isländischer Dichtung und lösten einen Kulturstreit aus, der die junge Republik über Jahrzehnte erschütterte. Island wurde unter Verletzung seiner Neutralität zunächst von den Briten und ab Juli 1941 von den USA besetzt.
„In der Bevölkerung gab es eine heftige Auseinandersetzung darüber, ob Island Mitglied der NATO werden und ob es einen dauerhaften Stützpunkt im Land zulassen sollte. Genau davon handelte der Roman „Atomstation“ von Laxness, der etwa zur selben Zeit erschien, als im Kulturleben der Streit um die Gedichtform, um die bildende Kunst und um die Frage, ob man dies Isländersagas in neuer Rechtschreibung herausgeben darf, entflammte“, erläuterte Schiffer.
Ein Akteur, der in dem Roman von Laxness als „Atomdichter“ tituliert wird, ist ein schlechter Dichter. Entsprechend nutzten die eher am Status quo interessierten Meinungsbildner des isländischen Kulturbetriebes diese Bezeichnung als Kampfbegriff gegen die Protagonisten der literarischen Moderne. Einar Bragi zählte zu den einflussreichsten Kämpfern unter den jungen Wilden und brachte den Konflikt sprachmächtig auf den Punkt:
„Nach meiner Auffassung ist er vor allem eine Rebellion gegen die stagnierten Formen, das mechanische Alliterieren, das unbelebte Gelabere, das geistlose, gezierte Geschwätz (klingt ein wenig nach Rabelais – liebwerteste Gichtlinge und so weiter….gs), die unoriginellen, oberflächlichen Schilderungen, die bilderlosen epischen Gedichte und gegen allerhand gebundenen nationalen Unsinn, der drauf und dran war, das Gedicht zu ersticken – und gleichzeitig markiert er das Streben nach Erneuerung: das Erschaffen neuer Gedichtarten, die Reinigung der poetischen Sprache, neue Ideen für Bilder, Metaphern und Verknüpfungen von Gedanken mit dem Zweck, das Gedicht an sich auf einen Ehrenplatz zu führen.“
In der Kunst führe kein Weg zurück – hoffentlich nicht nur dort.
/ Gunnar Sohn, ne-na.de