Der Einbruch des Surrealen in den Alltag bricht die Welt des Vertrauten, des Logischen und des Selbstverständlichen auf und verweist auf etwas darüber Hinausgehendes, Unfassbares und Transzendentes.
Dunkel war’s,
der Mond schien helle,
Als ein Wagen blitzeschnelle
Langsam um die Ecke fuhr;
Drinnen saßen stehend Leute,
Stumm in ein Gespräch vertieft.
Als ein totgeschoss’ner Hase
Auf der Wiese Schlittschuh lief
Und ein blondgelockter Jüngling
Mit kohlrabenschwarzem Haar
Saß auf einer grünen Bank,
Die rot angestrichen war.
Als Kind begeisterte mich dieses Gedicht, das sich von Zeile zu Zeile immer weiter in Widersprüche verstrickt. …
Dieses Gedicht ist natürlich kein Gedicht des Surrealismus; und doch ist das Faszinierende für mich das Surreale, das Außer- oder Übernatürliche, welches im Gedicht als vollkommen logisch, banal, alltäglich erscheint. Das Surreale ist eines jener raren Werkzeuge, welches ohne Einschränkungen unter allen Bedingungen arbeitet, wenn es gilt, das Unmögliche auf Papier zu bringen. Stift und Tastatur müssen keinen logischen Regeln folgen, wenn die Fantasie das Drehbuch schreibt. Mit Worten kann man Welten kreieren, Experimente, Gedankenspiele anstellen, fragen, was sein könnte, wenn. So begegnet mir das Surreale auch immer wieder in meinen Texten.
/ Veronika Zoidl: “Das Surreale und ich”, ORF