8 Wege zu mehr Klimaschutz bei Gebäuden

BEeindruckender Vortrag beim Wärmeschutztag 2016 von Prof. Schellnhuber, PIKBEeindruckender Vortrag beim Wärmeschutztag 2016 von Prof. Schellnhuber, PIK

Der Sprung von den großen Herausforderungen des Klimaschutzes zu praktischen Maßnahmen im Bauen und Sanieren ist ein riesiger Sprung. Das war gestern zu erleben beim Wärmeschutztag des Forschungsinstirut für Wärmeschutz (FIW). Nach dem beeindruckenden Vortrag von Prof. Schellnhuber, der zeigte, wie dringend eine Reduzierung der CO2-Emissionen ist, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, war man schnell wieder bei der Aussage energiesparendes Bauen ist nicht bezahlbar. Doch wirksame Reduktionen der CO2-Emissionen wollen sie alle, nur über den Weg dahin ist man sich nicht einig. Wird sich der Weg zum energieeffizienten Gebäude in Zukunft verändern?

Kritik an der Energieeinsparverordnung wird lauter

Klar ist, weiterhin ist ein geringer Energiebedarf wichtig und bei der Energieversorgung werden erneuerbare Energien eine deutlich größere Rolle einnehmen müssen. Soweit besteht mittlerweile Einigkeit in der Branche. Nur bei der praktischen Ausgestaltung gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Der bisherige Weg der Energieeinsparverordnung EnEV steht zunehmend in der Kritik. Wie viel Ordnungsrecht brauchen wir um das Ziel des CO2-neutralen Gebäudebestandes bis 2050 zu erreichen? Was bedeutet Technologieoffenheit und ist das vereinbar mit den Klimaschutzzielen? Brauchen wir flankierende Maßnahmen, wie eine Reform des bisher wirkungslosen Emissionshandels oder eine CO2-Steuer?

Markt schafft den Klimaschutz nicht von alleine

Auffällig ist, dass bei Gebäuden häufig betont wird, man bekenne sich zum Klimaschutz, aber man wolle keinen Zwang über das Ordnungsrecht. Das Ziel soll mit den Mitteln des Marktes erreicht werden. Das war nicht nur bei dem Wärmeschutztag so, auch beim Wärmetag der Heizungsindustrie, einen Tag vorher, bekannte man sich zu den Klimazielen, setzte dann gleich das „aber“ dahinter – mit den Mitteln des Marktes. Doch, diese Frage muss erlaubt sein, hat das bisher funktioniert, den Klimaschutz dem Markt zu überlassen? Nein, es hat nicht funktioniert. So, wie sich das die Heizungsindustrie vorstellt, wird es – ohne flankierende Maßnahmen wie eine CO2-Steuer – nicht funktionieren können bei .

Neue Geschäftsmodelle sind sinnvoller als mehr Technologie-Forschung

Mehr Forschung zu fordern, wie der BDI gestern beim Wärmeschutztag, halte ich für ein Ablenkungsmanöver und nicht zielführend. Rein technisch sind wir heute in der Lage Häuser zu bauen, die mehr Energie produzieren, als sie verbrauchen. Wir können sie jedoch nicht am Markt unterbringen, daher brauchen wir für solche Gebäude neue Geschäftsmodelle. Innovationen kommen heute mehr aus dem Markt, als aus der Forschung.

8 Wege zu mehr Klimaschutz bei Gebäuden

Bauen mit den Anforderungen des Klimaschutzes wird sich verändern müssen. Aus den vorliegenden Forderungen von unterschiedlichen Akteuren habe ich acht interessante Thesen aufgestellt, die künftig eine Rolle spielen werden bei Gebäuden.

  1. Zielgröße CO2-Emissionen von Gebäuden.

Die bisherige Angabe von Endenergiebedarf oder Primärenergiebedarf ist für Kunden oder Nutzer nicht greifbar, es sei denn man rechnet diese in Liter Heizöl um. Die Angabe von CO2-Emissionen, wie beim Auto, ist vielleicht verständlicher und sie zeigt auch direkt was unser Ziel ist.

2. Sektorkopplung.

Strom, Wärme, Kälte und Mobilität wachsen zusammen. Gebäude spielen dabei eine zentrale Rolle und werden zur Energiequelle. Die isolierte Betrachtung von Wärme macht dann kaum noch Sinn.  Die gesamte CO2-Bilanz von Gebäuden wird auch dazu beitragen mehr erneuerbare Energien einzusetzen.

3. Quartierslösungen.

Das ist fast schon ein Hype, aber die Betrachtung von mehreren Gebäuden zusammen, kann aus energetischer Sicht Sinn machen. Es ist auch nicht verständlich, warum Mieterstrom-Angebote sich auf das jeweilige Gebäude der Anlage (PV oder BHKW) beschränken sollen.

4. Differenzierung von Gebäudetypen.

Bei Betrachtungen der energieeffizienten Gebäude ist es immer schwierig pauschale Aussagen zu treffen. Es gibt so viele verschiedene Gebäudetypen, auch innerhalb der Wohn- und Nichtwohngebäude. Eine Rechtsverordnung für Einfamilienhäuser und für Büro- oder Gewerbe-Immobilien kann nur zur Unzufriedenheit in einer der Zielgruppen führen.

5. Digitalisierung.

Auch vor der Wärmeversorgung wird die Digitalisierung keinen Halt machen. Die Verknüpfung der Heizzentrale mit den Wohnungen, als Beispiel, kann zu zusätzlichen Einsparungen führen. Beispiele am Markt, oder aus der Forschung, zeigen nicht unerhebliche Einsparungen.

6. Pool und Fondsmodelle.

Hierunter wird, so nehme ich an, die Bündelung des Gebäudebestandes eines Eigentümers verstanden. Dieser soll, ähnlich wie beim Flottenverbrauch eines Auto-Herstellers, einen durchschnittlichen Wert für den Energieverbrauch oder für die CO2-Emissionen erreichen. Funktioniert das in der Automobil-Branche? Sinn machen kann es zum Beispiel, wenn für einige alte Gebäude der Sanierungsaufwand zu hoch ist, dass dann die neuen Gebäude entsprechend besser sein müssen.

7. Neue Modelle zur Finanzierung.

Bei all den Vorschlägen fehlen neue Geschäftsmodelle, die ich für sehr wichtig halte. Außerdem bleibt das Investor-Nutzer-Dilemma erhalten. Neue Wege zur Finanzierung oder zur Unterstützung der Finanzierung gibt es viele, wie z.B. über Crowdfunding, über Fonds oder einheitliche „Energiesparhypotheken“ mit günstigen Zinssätzen für energieeffiziente Eigenheime.

8. Wohnungsunternehmen werden zu Energieversorger

Das große Interesse der Wohnungsunternehmen an Mieterstrom zeigt wohin der Weg gehen kann, wenn die Hindernisse bei Steuer und EEG-Umlage ausgeräumt werden. Wärme wird ohnehin bereits geliefert durch die Wohnungsunternehmen oder Partner-Unternehmen, Strom könnte auf dem gleichen Weg abgerechnet werden. Hinzu kommt die Rolle von Gebäuden im Stromnetz als Speicher, an der Wohnungsunternehmen verdienen können.

Rahmenbedingungen müssen stimmen für Entwicklung des Marktes

Die kommende Version der Energieeinsparverordnung wird Ansätze aus diesen acht Punkten enthalten. Damit der Markt in Gang kommt, muss sich jedoch politisch deutlich mehr bewegen. Die Rechtsverordnung für Mieterstrom muss kommen, eine Regelung für die Gewerbesteuer bei Mieterstrom muss gefunden werden und die flankierenden Maßnahmen, wie Emsisionshandel oder CO2-Steuer müssen eingeführt werden. Dann machen die Forderungen der Verbände wirklich Sinn.

Wer heute Passivhäuser baut oder im Standard Effizienzhaus 40, der wird die ganze Diskussion mit Unverständnis folgen. Dennoch muss man diese acht Wege zu mehr Klimaschutz bei Gebäuden diskutieren. Führen diese zu mehr CO2-Reduzierungen im Gebäudesektor? Denn da müssen wir hinkommen.


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