Er fährt kreuz und quer durch die Stadt, läuft herum, geht ins Kino, sieht am liebsten Detektivgeschichten und Western, diskutiert, schreibt, verbessert, verwirft, probiert dies und jenes, liest Marx und Engels und wartet auf den Durchbruch.
Noch ist er ein unbekanntes Genie, das man bloß für eine freche, provokante Skandalnudel hält. Von der ungeheuren Kraft, die in ihm steckt, wissen vorläufig nur wenige. Im Sommer 1927, wenn er sich in seiner Heimatstadt Augsburg aufhält, kreuzt er, überredet vom Vater, im Atelier des Hoffotografen Konrad Heßler auf. Von den Bildstudien, die hier entstehen, bleiben 32 Aufnahmen erhalten: Brecht in lässiger Pose, weißes Hemd, Krawatte und langer Ledermantel, zwischen den Lippen oder in der Hand die dicke Zigarre, mal sitzend, mal stehend, mal mit Buch, mal mit einem Notizbüchlein und Füllfederhalter. Der Füllfederhalter ist Staffage. Wenn etwas schnell festgehalten werden soll, genügt meist ein Bleistift. / Klaus Bellin, ND 18.1.
Bertolt Brecht: Notizbücher 24 und 25. 1927 – 1930. Hg. von Martin Kölbel und Peter Villwock. Suhrkamp Verlag, 539 Seiten, br., 24,90 Euro.