Einmal im Jahr stellt Pit Krause von Slow Drink die etwas exklusiveren Abfüllungen aus den Tiefen seines Kellers in einem Tasting bei Munich Spirits vor. Keine Frage, das ist ein Pflichttermin!
Es beginnt mit einer Blindverkostung und dem einzigen Hinweis, dass es bislang keine Abfüllung in der Art gegeben habe. In der Nase ist das auch direkt sehr ungewöhnlich, starke Apfelnoten in Richtung Calvados, dazu viel Kräuter. Erinnert weniger an Whisky als an einen im Fass gelagerten Obstbrand. Das setzt sich auch im Mund fort, wo sich ebenfalls viel Frucht findet, die Assoziationen zu einem guten Obstler weckt. Der Abgang ist eher kurz, was auf ziemlich junges Alter hindeutet, zum Schluss kommen noch ein paar eher ungewöhnliche Bitternoten raus.
Die Lösung ist, dass es sich hier nicht um einen echten Whisky handelt, denn das Ausgangsprodukt ist keine typische Wash, sondern IPA, das zu Whisky destilliert wurde. Damit erklären sich die bitteren Noten im Abgang, denn hier kommt der Hopfen aus dem IPA durch. Diese Abfüllung ist von Pit selber, 4 Jahre alt, durfte bislang erst im Bier-, dann im Bourbon-Fass reifen und kommt jetzt noch in ein Sherry- und zum Abschluss in ein Rum-Fass. Alles Refill, um die Fremdnoten nicht zu dominant werden zu lassen. Eigenwillig, aber gar nicht verkehrt.
Nummer zwei ist ein 25 Jahre alter Linkwood aus den 80ern. Aus dieser Zeit gibt es keine Originalabfüllungen der Destille, alle Single Malts wurden über Gordon & MacPhail vertrieben. Dieser hier ist aus einem Sherry Refill Fass und hat gerade noch 37%. Das merkt man ihm allerdings nicht an. Der Geruch ist komplex und sehr rund, mit dezenten Noten von eingelegten Früchten. Es sticht nichts heraus, das ist eher eine Gesamtkomposition. Direkt im Mund passiert erst wenig, da merkt man doch den geringen Alkoholgehalt. Im Abgang gleicht sich das aber wieder aus. Der ist nicht nur überraschend lang, sondern hier kommen die ganzen Noten, die sich nicht leicht auftrennen lassen, wieder zum Vorschein. Etwas wärmend, ein bisschen Gelee, ganz leicht adstringierend. Ein sehr angenehmer alter Gentleman. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, einen langen Abend in einem Kaminzimmer mit schwerer Ledercouch, guten Gesprächen und diesem Whisky zu verbringen.
Mit der nächsten Destille hab ich hin und wieder Probleme. So groß der Name Macallan ist – zumindest die neueren Abfüllungen halten dem meiner Meinung nach nur selten Stand. Bei den alten Abfüllungen sind aber durchaus Perlen dabei. Dieser hier wurde 2004 mit 14 Jahren und 46% abgefüllt, nachdem er in einem neuen Sherryfass mit der Nummer 0430 reifen durfte. Und eines muss man ihnen lassen – das war in jedem Fall ein besseres Fass. Kein Schwefel, keine unangenehmen Noten, dafür eine tiefgründige Süße aus Kirschen, Orangenzeste und Magenbrot. Im Mund erst etwas bitter, insgesamt ebenfalls sehr ausgewogen, würzig und ziemlich komplex. Im langen Abgang bleiben die bitteren Noten stehen, dann kommt etwas Frucht dazu, bevor er sehr angenehm ausklingt. Gefällt mir außerordentlich gut, da schreibe ich der Destille wieder ein paar Punkte gut.
Weiter geht es mit einem Littlemill, 24 y.o., CAD 1990 – 2015, small batch, Bourbon cask 582 btl., 53.7%. Bei Serge Valentin hat der mit 93 Punkten abgeräumt, was ihn nicht gezwungenermaßen überragend, aber immerhin überteuert macht. Die Farbe ist sehr hell, in der Nase herrschen sehr süße Töne vor. Marzipan, Konfekt, Getreide, Butterkuchen und roher Streusselteig kommen in den Sinn. Der Geschmack ist dann allerdings ganz anders, als der Geruch vermuten lässt. Eher Krautig und nach Wurzelwerk. Nach dem ersten Schluck meine ich auch Gewürze zu riechen. Im Abgang wird er dann sehr schmelzig mit deutlich malziger Süße. Wie schon die beiden Vorgänger auch eher elegant als extrem und wie die beiden anderen gefällt auch der hier mir sehr gut.
Nach der Pause geht es dann kräftiger weiter. Glen Garioch 24 y.o. The First Editions, 1990 – 2014, refill hogshead, 56.8%. Wie das so ist nach dem Essen – der hat es bei mir schwer. Die erste Nase ist voller Lösungsmittel. Die Assoziation weicht aber schnell Zitrusfrüchten, Honig und Blüten. Soweit nicht verkehrt. Der Geschmack ist allerdings eher ruppig (was dem Essen geschuldet sein mag). Irgendwas erinnert mich an gelbe Nimm 2. Wenn der Alkohol verschwunden ist, kommt im Abgang eine fruchtige Süße durch. Müsste ich vielleicht bei anderer Gelegenheit nochmal probieren, aber hier an der Position finde ich das deutlich schwächer als die Whiskys vor der Pause.
Eine Originalabfüllung von Bowmore. Mit der Destille haben viele Probleme, ich hingegen mag die meistens sehr gerne. Hier haben wir einen Bowmore 12 y.o., OB Feis Ile Collection, 2002 – 2015, dark Sherry, 59,6%. Das Sherry Butt war first fill und damit ist nicht nur viel Farbe in die Abfüllung gekommen. Zuerst der für den Torf typische Schinken, dann Leder, Farn, Zwetschgen, etwas Schwefel. Dahinter kommt Flieder durch, quasi „parfümierter Rauch“, wie jemand ganz richtig anmerkt. Im Mund ist das eine schöne Mischung aus Beeren, Sherry und Rauch, der Abgang bleibt lange kräftig. Mit jedem Riecher und jedem Schluck kommen andere Noten hervor. An sich steh ich ja nicht mehr so auf die torfigen Sachen, aber der hier ist sehr schön.
Zum Abschluss noch eine Destille, mit der viele Probleme haben. Caol Ila steht für Massenproduktion fernab von jedem Charme. Trotzdem gibt es immer wieder gute Tropfen, das geht eben auch mit Industrieproduktion: Caol Ila 26 y.o. Duncan Taylor Rare Auld, 84 – 11, for Sweden/Denmark, 55,9%. Der Geruch überrascht mit Käse, Mandeln und grünem Tee. Andere riechen Wacholder, mineralische Noten und Meeresfrüchte, was ich alles nicht nachvollziehen kann. Bei Olivenöl könnte man sich wieder treffen, aber ob ich darauf gekommen wäre, wenn es nicht jemand anders erwähnt hätte? Der Geschmack ist kräftig und massiv, der Rauch bleibt aber im Hintergrund und kommt erst recht spät durch. Nach einem langen, wärmenden Abgang bleibt tatsächlich der Torf stehen. Spannend, das hatte ich so auch eher selten. Jedenfalls mal wieder eine interessantere Abfüllung von Islay.
Alles in allem sehr feine Tropfen. Bei den Gentleman vor der Pause bin ich eher zu Hause, aber die anderen musste ich mir auch nicht runterzwingen. Begleitet von vielen Anekdoten von Pit war das ein sehr gelungener Abend. Danke und gerne wieder!