„Ich dachte neulich, was geschähe, wenn heute die Penthesilea erschiene. Eine Frau, die einen Mann liebt, Achill, ihn tötet und mit den Zähnen zerreißt! Zerfleischt! Sind wir denn Hunde, nein wir sind Germanen! Perverser Adeliger wagt seine vertierte Brunst Germanenfrauen vorzusetzen! Degenerierte Offiziers- und Junkerkaste besudelt mit schmutzigsten Orgasmen keusches deutsches Heldenweib! U.s.w. Kurz: Kleist lebte nicht lange.“
Der sich hier so ereifert, ist Gottfried Benn. Gerade war zu seinem 50. Geburtstag eine Auswahl seiner Gedichte erschienen, woraufhin die SS-Zeitschrift „Das Schwarze Korps“ dem Dichter vorwarf, „Geistesverblödung ins Volk zu tragen“. Benn, der sich mit dem Regime arrangiert hatte, setzte sich zur Wehr, indem er den befreundeten Journalisten Frank Maraun dazu veranlasste, in der „Berliner Börsen-Zeitung“ eine positive Rezension des Gedichtbandes zu veröffentlichen. Sie erschien unter der Überschrift „Heroischer Nihilismus“. In seinem Dankesbrief vom 11. Mai 1936 zieht Benn die Parallele zu Heinrich von Kleist, der, wie er selbst, Opfer banausischer NS-Kulturfunktionäre geworden wäre.
Mit dieser Einschätzung liegt Benn ziemlich daneben. Wie sehr Kleist von der NS-Kulturpolitik trotz seines wahrlich sperrigen Werkes vereinnahmt wurde, zeigt eine Doppelausstellung in der Ausstellungshalle des Schlosses Neuhardenberg und im Kleist-Museum in Frankfurt/Oder. / Eckhard Fuhr, Die Welt