57. Das deutsche Dichterabzeichen

Ulf Stolterfoht ist einer der ideenreichsten Dichter und Subversionsagenten der Gegenwart. Er wurde einem breiteren Publikum durch sein Fachsprachenprojekt bekannt und ist Gründungsknappe der Lyrikknappschaft Schöneberg. Neben zahlreichen anderen Projekten als Lyriker, Herausgeber und Essayist betreibt er im Netz BRUETERICH LD – Lyrikdienst für experimentelle Poesie:

http://ulfstolterfoht.wordpress.com/lyrik-dienst/.

Bei Reinecke & Voß erschien:

Ulf Stolterfoht
Das deutsche Dichterabzeichen

Auszug:

Sprecher 3 Der Dichterberuf ist ein Mangelberuf, da niedriges Gewicht und tiefes Denken nur selten zusammentreffen. Ein ausgelernter, leistungsfähiger Dichter erhält in der Regel ein monatliches Fixum von € 120 und darüber – je nach Ruf und Können.

Sprecher 1 Pflichten des Lehrherrn

Sprecher 2 … insbesondere hat der Lehrherr folgende Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln: 1) Pflege von Schreibzeug und Text; grundlegende Layout-Kenntnis („stabile Seitenlage bis zum Eintreffen des Setzers“); Einführung in die Lyrischen Typen; Bewerbungsstrategie; Urheberrecht; Vertreterkonferenz usw.

Sprecher 3 Es ist dem Lehrherrn untersagt, die Schreibkraft des Lehrlings für persönliche Zwecke zu nutzen. Wird vom Lehrherrn Arbeitskleidung gestellt, kann diese angemessen in Ansatz gebracht werden.

Sprecher 2 2) VG Wort; Künstlersozialkasse, Uschtrin. Bekanntschaft mit dem „Großen Conrady“ (GC), dem „Ewigen Brunnen“ (EB) und dem „Dürftigen Vorrat – Lyrik zum Anfassen“ (DV).

Sprecher 3 3) Den Lehrling, vom zweiten oder dritten Lyrikjahr an, entsprechend seinen Fähigkeiten und dem Fortschreiten seiner Bemühungen, bei Lesungen oder kleineren Slams einzusetzen.

(…)

Sprecher 1 Für die Ausbildung des jungen Dichters gebrauchte man lange den Ausdruck „einbrechen“. Das klingt nicht nur ziemlich brutal – das war es auch! Der Bereiter, also in der Regel der Lehrherr, „brach den Dichter ein“, das heißt, er machte ihn im Schnellverfahren „fertig“, einzig und allein mit den Mitteln physischer Gewalt.

Sprecher 2 Mittlerweile wird dieses Verfahren nur noch in der Schweiz benutzt – wir hier in Schöneberg verwenden lieber den Begriff „Schulung“.

Sprecher 1 Das wichtigste Lehrprinzip ist nun das von Belohnung und Korrektur. Hat der junge Dichter etwas richtig gemacht, wird er unmittelbar darauf belohnt, indem wir ihm den Kopf klopfen oder ein paar freundliche Worte zu ihm sagen.

Wenn er aber korrigiert werden muß, lassen wir ihn entweder die Lektion wiederholen oder sprechen streng und bestimmt auf ihn ein. Am Schluß jeder Stunde sollte stets der gelungene Vers, die gelungene Strophe stehen.

Ulf Stolterfoht
“Das Deutsche Dichterabzeichen”
19×12 cm

56 Seiten
8 Euro (D)
1. Auflage 2012
ISBN 978-3-942901-05-5
Bestellen unter info(at)reinecke-voss.de




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