48. Leseland

Dass das Lesen längst nicht tot ist im Land Shakespeares, zeigt die empörte öffentliche Reaktion auf die drohende Schliessung von achthundert Bibliotheken. Die geplante Massnahme löste teilweise heftige Reaktionen unter britischen Schriftstellern aus: Philip Pullman unterstellte David Cameron und Nick Clegg, vermutlich nie eine öffentliche Bibliothek benutzt zu haben. Im Gespräch mit dem «Evening Standard» fuhr er fort: «Die Entscheidung, so viele Bibliotheken so schnell zu schliessen, muss ideologisch motiviert sein. Es ist ein Akt grösster Dummheit, veranlasst von Menschen, die nicht viel lesen und den Wert von Büchern nicht verstehen.» …

So allgegenwärtig wie in Dublin, wo die Dichter des Landes schon am Flughafen in Bild und Zitat grüssen, ist die Literatur in London sicher nicht. Aber ein Blick auf die zahlreichen Events rund um die Literatur im Land lässt die englische Lesefreudigkeit in nahezu rosigem Licht erscheinen – und macht auch eine Veränderung im Leserverhalten deutlich. …

Das Southbank Centre ist auch Schauplatz der Lesungen für den T. S. Eliot Prize der Poetry Book Society, einen der wichtigsten Literaturpreise im Vereinigten Königreich neben dem Booker Prize, dem Costa Book Award (in der Nachfolge des Whitbread Book Award), dem Independent Foreign Fiction Prize und dem Forward Poetry Prize. Die Lyriklesungen zum T. S. Eliot Prize mussten in diesem Jahr in die Royal Festival Hall mit 2900 Sitzplätzen verlegt werden, da doppelt so viele Karten verkauft werden konnten wie im Vorjahr – so sehr hat allein die Lyrik in den vergangenen Jahren an Popularität gewonnen. / Marion Löhndorf, NZZ



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