Zu seinem 80. Geburtstag hat der Berliner Verleger Klaus Wagenbach sowohl seine Leser als auch sich selbst beschenkt. Wie es sich gehört mit Büchern, die er immer schon einmal lesen wollte.
In blassblauer Broschur legt er Gedichtbände von Johannes Bobrowski, Christa Reinig und Kurt Bartsch vor. Diese schmalen und schlicht gestalteten „Oktavhefte“ erinnern an die ersten Publikationen des 1965 in West-Berlin gegründeten Verlags Klaus Wagenbach. …
Christa Reinig (1926-2008) blieb 1964 in der Bundesrepublik, nachdem sie bereits im Jahr 1951 wegen nonkonformistischer Haltung in der DDR mit Publikationsverbot belegt wurde. „bitte herrschaften verzeiht / solche unanständigkeit“, heißt es in der „Ballade vom blutigen Bomme“, die Reinig bekannt machte. In der Auswahl „Feuergefährlich“ dominieren Texte, die in strengen lyrischen Formen geschrieben sind. Christa Reinig wurde scheinbar alles zum Gedicht: der Pirat, Robinson, das Ahornblatt, der Turm. Sie war aber auch eine politische Autorin, wie die mehrdeutige letzte Strophe von „Der heitere Misanthrop“ zeigt: „Irgendwo inWashington / steht ein rotes Telefon. / Könnt ich doch den Draht zerschneiden / Und mich an den Folgen weiden.“ …
Kurt Bartsch hatte seine Gedichtauswahl „Tango Berlin“ noch selbst kompiliert, konnte aber, da im Januar 2010 verstorben, deren Erscheinen nicht mehr erleben. Seine Texte sind überaus anregend und könnten auch junge Menschen den nicht eben einfachen Weg zur Lyrik ebnen. Die Parallele zu Bobrowski sind Bartschs schöne lyrische Porträts: auf Jakob Lenz, Heinrich von Kleist, Rosa Luxemburg und Jakob van Hoddis etwa. / Kai Agthe, Thüringische Landeszeitung
Johannes Bobrowski: Nachbarschaft; Christa Reinig: Feuergefährlich; Kurt Bartsch: Tango Berlin, Verlag Klaus Wagenbach, Berlin, jeweils 77 S. und 8 Euro