3D-Druck – Eine technische Revolution – Unglaubliche Chancen?

Seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit, dreidimensional zu drucken; also Formen, Teile, Gegenstände direkt aus Druckern heraus entstehen zu lassen. Die Geräte dazu waren noch vor wenigen Jahren riesige und unerschwingliche Ungeheuer. Zusammen mit der rasanten Entwicklung im Bereich der Werkstoffe und Materialien und den technologischen Quantensprüngen in der Computertechnik, sowohl in der Geschwindigkeit der Datenverarbeitung, als auch in der Explosion der Größe von Speichermedien, ist es heute möglich, völlig neue Horizonte zu erschließen. Viele “einscannbaren” und konstruierbaren Gegenstände könnten heute schon überall auf der Welt mit 3d-Druckern reproduziert werden.

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Picture of the ORDbot Quantum 3D printer – © Bart Dring, GNU Free Documentation License, Version 1.2

Anwendungsmöglichkeiten in der Kunst, in der Medizin, im Automobilbau, im Bauwesen, ja in beinahe allen Lebensbereichen sind vorstellbar. Die Ökonomen sehen mit dieser Technik rosige Zeiten auf uns zukommen. Der Bericht auf 3-Sat liefert einen faszinierenden Einblick und einen Überblick in die Einsatzbereiche solcher Drucker. Ein Beitrag, der uns vor Augen führt, dass diese technische Revolution gerade beginnt. Aber wissen wir auch, wohin uns das führen wird?
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Die Erschließung neuer Dimensionen der technischen Reproduzierbarkeit regt dazu an, sich auch mit den kritischen Stimmen noch einmal näher zu beschäftigen. Die Digitalisierung der Kommunikation, einer Entwicklung auf die wir bereits zurück schauen können, hat die Welt komplett verändert. Und das beinhaltet sowohl die technischen Abläufe als auch die mit ihr einhergehenden unterschiedlichen Nutzungen, Verhaltensweisen der Menschen und der Rückwirkungen des Menschen auf das technische Artefakt und umgekehrt.

Mit den aktuellen Präsentationen von 3D-Druckern erhalten wir nun einen ersten Eindruck über eine mögliche Revolutionierung der Produktion. Und schon wird in den schillerndsten Farben ausgemalt, welche Chancen entstehen. Das ist legitim, aber dennoch dazu veranlasst uns das, die Geschichte technischer Revolutionen in Bezug auf ihre soziale und das Bewusstsein beeinflussende Dimension hin zu befragen.

Freud war es, der die Selbstüberschätzung des Menschen hinsichtlich seiner technischen Möglichkeiten wieder zurecht rückte, in dem er davon sprach, dass der Mensch durch Technikeinsatz die Form eines Prothesengottes einnehme. Damit skizzierte er treffend das psychische Problem: Den Hang zur Selbstüberschätzung und Allmachtphantasie bei gleichzeitig anhaftenden Selbstzweifeln. Wie wir wissen, handelt es sich dabei in den technisch entwickelten Gesellschaften mit einem Massenphänomen.

Walter Benjamin wiederum führte in seinem bemerkenswerten Aufsatz: “Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit” aus, wie sich der Übergang von dem individuell und einzigartig erstellten Produkt hin zu dem der technischen Massenherstellung auf das Produkt selbst auswirkt: Es verliert seine Aura und seinen Charme und Rezeption wie Konsum büßen qualitativ erheblich an Befriedigung und Zauber ein. Man könnte fortschreiben, was zu der wenig glücklichen und lustvollen Stimmung in den Gesellschaften des Massenkonsums geführt haben mag.

Marshall McLuhan wiederum verdanken wir die messerscharfen, frühzeitigen Beobachtungen über die Wirkung von Technik und technischen Medien auf die menschliche Kommunikation und das menschliche Verhalten. Mit seinen Ausführungen: “Das Medium ist die Botschaft” war er seiner Zeit weit voraus, indem er theoretisch bereits das lieferte, was heute empirisch nachgewiesen werden kann: Die Kausalität Mensch-Maschine beginnt sich nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ zu wenden in eine Maschine-Mensch-Dominanz, die massenhaft zu Psycho- und Soziopathologien führt.

Und der Industriesoziologe Alfred Sohn-Rethel, der seinerseits nicht zufällig aus einer Familie von Malern stammte war es, der auf den Unterschied von Zeit- und Denkökonomie hinwies und damit die große Verwirrung hinsichtlich der heutigen Verwendung des Begriffes vom Mehrwert vorwegnahm. Dass nicht materielle, virtuelle Dimensionen existieren, die eine Wertakkumulation vollziehen, glaubte ihm zeit seines Lebens nahezu niemand.

Albert Schweitzer, der berühmte Arzt und Theologe, war der Auffassung, das technische Zeitalter könne die Probleme, die es hat nicht nur technisch lösen. Es müssten auch ethische Antworten auf die ständig wachsende Macht des menschlichen Könnens gefunden werden. In seiner Ethik, “Die Erfurcht vor dem Leben” fomulierte er: “Der Fortschrittsglaube zieht den Wagen; die Ethik braucht vorerst bloß mitzulaufen. Wo aber dann der Wagen immer schwerer und das Gelände immer schwieriger wird und die Ethik auch ihre Kraft miteinsetzen muss versagt sie, weil sie keine eigene Kraft hat. In rückläufige Bewegung kommend, reißt der Wagen den Fortschrittsglauben und die Ethik mit sich den Abhang hinunter.” Bis heute hat sich an diesem Dilemma wenig verändert. Wir versuchen all unsere Probleme in einem rein auf ökonomischen Werten basierenden System mit Hilfe von Technik zu bewältigen und zerstören so den Planeten auf dem wir wohnen und entrechten die Bevölkerungen unserer Staaten.

Nur unter Berücksichtigung all dieser Aspekte wäre es spannend, die prognostizierte abermalige technische Revolution durchzudeklinieren. Die spannenden Fragen, die sich nun stellen, wären folgende:

• Welche Formen der Allmachtsphantasie und Selbstüberschätzung wird die neue Technik hervorrufen?

• Wie werden die Produkte auf die Konsumenten wirken, die mit dieser Technik konfrontiert werden?

• Welche Verhaltens- und Denkänderungen wird sie nach sich ziehen?

• Hat die neue Technik Auswirkungen auf Ökonomie und Wertgesetz?
Die möglichen Antworten wären ein Einstieg, von bisherigen Betrachtungen wegzugehen, die sich in der Regel auf die Faszination der Möglichkeiten konzentriert.

• Welche akzeptierten Werte, welche ethischen Grundlagen können den technischen Revolutionen ein menschliches Antlitz verleihen und unsere Gesellschaften in der Ära des “Anthropozäns” zukunftsfähig machen?


ein Beitrag von Gerhard Mersmann und Hans-Udo Sattler

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Quellen – weiterführende Links

Video: “Wie 3D Druck unsere Welt verändert”, 3SAT, youtube.de – Uploader: Jahreszeiten Kanal
Foto: 3-D-Drucker: Picture of the ORDbot Quantum 3D printer -  ©  Bart Dring, Permission is granted to copy, distribute and/or modify this document under the terms of the GNU Free Documentation License, Version 1.2 only as published by the Free Software Foundation; with no Invariant Sections, no Front-Cover Texts, and no Back-Cover Texts. A copy of the license is included in the section entitled GNU Free Documentation License.


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