„28 Days Later…“ (2002) von Danny Boyle

„28 Days Later…“ (2002) von Danny Boyle

Ein Faible, den die Zombiefilmwelt irgendwann für sich entdeckt hat, ist die Tatsache, gar nicht mehr von Zombies zu sprechen, sondern sich irgendeine andere Auslegung des Begriffs auszudenken. Zugegeben, selbst der Klassiker schlechthin: George A. Romeros „Night of the Living Dead" spricht von Ghulen, die per Definition schlicht leichenfressende Dämonen sind, nicht aber die aus der Voodoo-Kultur stammenden Zombies. Genug des Exkurses, den man mit der Serie „The Walking Dead" noch weiter ausführen könnte, wo die Untoten als „Walker" betitelt wurden, in Regisseur Danny Boyles britischen Zombiefilm „28 Days Later..." sind es Infizierte, die als lebende Tote durch Großbritannien wüten.

Das Chaos beginnt hier mit einigen Tierschutz-Aktivisten, die auf Teufel komm raus - und er wird herauskommen - einige arme Schimpansen aus einem Forschungslabor befreien wollen. Was eigentlich eine unterstützenswerte und zu befürwortende Tat darstellt, wird hier zu blinden Aktivismus. Die bösen Kittelträger versuchen die Meute noch zu warnen, dass diese Affen ein ganz besonders aggressives Virus in sich tragen, aber die Befreier wollen nicht zuhören, schreiten blind zur Tat und finden sich schon bald als Gebissene Opfer am Boden liegend wieder. Nicht für lange, denn im infizierten Status erheben sie sich, infizieren weiter, breiten das Virus auf der ganzen Insel auf und schon bald herrscht der dystopisch-ausgestorbene Ausnahmezustand.

Cillian Murphy irrt als Jim durch das ausgestorbene London.

In dieser Szenerie wacht Cillian Murphys Jim auf. Einsam in einem Krankenhaus, ein wenig orientierungslos. Er findet seinen Weg auf die Straße, wo die Kamera herauszoomt und uns das Ausmaß der Apokalypse auf der Insel aufzeigt. Einige verwirrte Schritte später findet Jim sich in einer Kirche wieder, wo ein ganzer Haufen von toten Menschen liegt und ein infizierter Pfarrer es auf ihn abgesehen hat. All das sollen wir später an ganz anderer Stelle noch einmal sehen: im zweiten „Resident Evil"-Film, zwei Jahre später in 2004 erschienen, wacht Milla Jovovichs Figur Alice in einem Krankenhaus auf, wandert orientierungslos durch die Straßen und findet sich schon bald in einer Kirche wieder.

Bei Danny Boyle wirkt das dank einer wunderbaren Ästhetik dreckig und gritty, bei „Resident Evil" ist es eben Mainstream-Kopie. Vielleicht liegt das auch an der Kombination von Boyles Regie-Stil und dem simpel gehaltenen Drehbuch von Alex Garland - der Herr, der später selbst als Regisseur tätig die wunderbaren Sci-Fi Filme „Ex Machina" und „Annihilation" erschaffen hat. Als britische Indie-Produktion hat man sich nicht auf viele Effekte eingelassen und sich mehr auf ein umfangreiches Makeup-Department verlassen sowie auf das schauspielerische Können diverser Darsteller von der Insel, wie Cillian Murphy und Brendan Gleeson (beides Iren) sowie den Briten Christopher Eccleston und Naomie Harris. Sie alle haben ein Gespür dafür, uns die Postapokalypse fühlen zu lassen, mit all ihren Kanten und Ecken, mit der ihr innewohnenden Verzweiflung und diesem kleinen Hoffnungsschimmer, irgendwo auf der Welt einen kleinen Fleck Erde zu finden, wo man von all diesem Wahnsinn eine Ruheoase aufbauen kann.

Cillian Murphy und Naomie Harris wehren Infizierte ab.

Diese Oase vermutet Jim zuerst in einer von Soldaten (zu denen Christopher Eccleston gehört) errichteten Bastion, die sich sehr wohl darauf versteht, die Zombies abzuwehren. Hier möchte man sich in Sicherheit wiegen, aber schon bald werden die menschlichen Abgründe deutlich, bei denen sich jeder selbst am nächsten ist, wenn die Welt (oder die Insel) am Abgrund steht. Zusammenhalt und moralische Vorstellungen werden fallengelassen und vor allem wenn man es dabei mit ausgebildeten und bewaffneten Soldaten zu tun hat, wirkt die Bedrohung durch berechenbare Zombies eher wie eine Begleiterscheinung neben der Vorführung der wahren monströsen Natur, die den Menschen innewohnen kann.

„28 Days Later..." ist aber vor allem ein Vorzeigebeispiel in atmosphärischer Hinsicht. Die Bilder sind staubig, dreckig, verwaschen, die Kamera bewegt sich hektisch-chaotisch, mit einem gewissen Flucht-Charakter. Die Darsteller legen ein verzweifeltes Gesicht auf, als würden sie die Hoffnung nach außen hin mit sich tragen, innerlich aber bereits aufgegeben haben. Die Postapokalypse ist schmutzig und überaus traurig - und genau das hat Danny Boyle hier geschafft abzubilden.


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