2 Meldungen aus dem Land der Moral

Es wird mal wieder Zeit, dass ich über 2 Meldungen aus Gottes eigenem Land berichte. Was? Sie meinen, ich meine die USA? Daneben: Ich spreche von Saudi-Arabien.

Hamza Kashgari war ein bekannter junger Journalist in Saudi-Arabien, und er nutzte auch Facebook und Twitter. Dort veröffentlichte er ein imaginäres Gespräch mit dem Propheten Mohammed und schrieb u. A.: “An Deinem Geburtstag werde ich sagen, dass ich den Rebellen in Dir geliebt habe, dass Du mir immer eine Quelle der Inspiration warst und dass ich Deinen göttlichen Heiligenschein nicht mag. Ich werde Dich nicht preisen.” Und weiter: “An Deinem Geburtstag werde ich mich nicht vor Dir verbeugen und nicht Deine Hand küssen. Stattdessen werde ich sie schütteln, wie Gleichgestellte es tun. Und ich werde Dich anlächeln, wie Du mich anlächelst. Ich werde zu Dir wie zu einem Freund sprechen und nicht anders.”

Im Konservativ-islamischen Saudi-Arabien wurden diese Äußerungen als Blasfemie aufgefasst, als todeswürdige Beleidigung des Propheten. Dabei hatte Kashgari sie so gar nicht gemeint, er vertritt nur eine gemäßigtere Auslegung der Scharia, des islamischen Rechts, als die offiziellen Stellen des Landes. Gegen den jungen Journalisten formierten sich auch im Internet Gruppen, die seinen Tod fordern, eine entsprechende Facebook-Gruppe hat über 27.000 Unterstützer. Das ist unfassbar und zeigt, wie sehr die menschenverachtende Praxis der Rechtsauslegung in Saudi-Arabien mit dem Islam zu tun hat, was von vielen westlichen Intellektuellen massiv bestritten wird. Jedenfalls finde ich in unserem Strafrecht keine Todesstrafe wegen Gotteslästerung mehr. Die Geschichte von Hamza Kashgari ist aber noch nicht zu Ende. Als er begriff, dass es für ihn eng werden könnte, wollte er über Malaysia fliehen, doch dort wurde er festgenommen und an Saudi-Arabien ausgeliefert. Dort wartet er nun auf sein Gerichtsurteil. Ein durch und durch moralisches Land.

Das sieht man auch an der zweiten Meldung aus Saudi-Arabien: Ein Mitglied der Tugendwächter des Landes, der Behörde zur Förderung der Tugend und der Bekämpfung des Lasters, über die ich bereits in meinem Beitrag “Die Mumie mit dem bösen Blick” berichtete, hat 2 Ehefrauen mehr als Allah erlaubt. 6 Frauen nennt er sein Eigen, und bedauert es, nachdem es heraus gekommen ist. Er muss möglicherweise ein paar Peitschenhiebe einstecken, ansonsten geschieht ihm aber nichts, er muss, so habe ich das verstanden, seine Lebensverhältnisse nicht ändern. Und genau wie der Beinahe-Vergewaltiger aus meinem eben bereits erwähnten Mumienposting darf er weiterhin für die Tugend und gegen das Laster arbeiten und vermutlich Gesetze zur weiteren Rechtseinschränkung für Frauen einbringen.

In einer Zeit, in der ein Großteil der Menschheit sich bemüht, ein friedliches Zusammenleben in gegenseitigem Respekt zu organisieren, sind es auch solche Meldungen, die mich wütend machen. Viele Menschen im Westen, die Toleranz und gegenseitiges Verständnis auf ihre Fahnen geschrieben haben, glauben, alles verteidigen zu müssen, was aus islamischen Ländern kommt. Sie halten jede Kritik an der dortgeübten Staats- und Rechtspraxis für Rassismus und Kolonialismus. Wir haben kein Recht, uns dort einzumischen, meinen sie, denn auch wir verlangen Respekt für unsere Lebensweise, und wenn wir ihnen durch Einmischung unseren Willen aufzwingen wollen, ist das ein Verbrechen. Respekt bedeutet für diese Menschen, dass man alles als wertvoll ansieht, was dort geschieht, und sei es noch so grausam. Der Blogger, so höre ich sie zynisch argumentieren, wusste ja, worauf er sich einließ, als er für sich das Recht der Provokation und der freien Meinungsäußerung in Anspruch nahm, er muss mit den Konsequenzen leben, wie auch wir mit den Konsequenzen unseres Handelns leben müssen. Diese Sichtweise habe ich auch schon von Religionswissenschaftlern gehört. Damit sagen sie: Jeder muss die Gesetze seines Landes achten und sich der Konsequenzen seines Handelns bewusst sein, da haben wir uns nicht einzumischen. Gleichzeitig würden diese Leute aber Menschen wie die Geschwister Scholl oder Georg Ellser verehren und verteidigen. Und das ist paradox, denn sie hätten sich nach der Logik dieser politisch korrekten Kultur- und Religionsversteher auch einfach nur an die im dritten Reich bestehenden Gesetze halten müssen. Der Respekt vor dem dritten Reich hätte jede Einmischung verboten.

Mich macht wütend, wie hier mit zweierlei Maß gemessen wird, und wie zaghaft westlicher Protest ausfällt. Denn Saudi-Arabien ist ein Handelspartner, den man nicht unterschätzen sollte. Und gegenüber wirtschaftlichen Interessen sind die Menschenrechte immer noch zweitrangig. Dass nur 8000 Menschen sich z. B. im Internet für die Freilassung Kashgaris einsetzen, während fast 30.000 User seine Hinrichtung fordern, bedrückt mich und macht mich ratlos. Und das in einer Kultur und Religion des Friedens.

 

“Die Zeit” schrieb über Hamza Kashgari

Der Spiegel über den saudischen Sittenwächter


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