2. April 2012, Zeitlos, 7.37 Uhr

Kaffee.
Zigarette.
Die Tage gehen dahin, manchmal wie Fußgänger, die man streift, deren Hut und Mantel in den Augenwinkeln auftauchen, deren Schweiß man für Sekunden wahrnimmt, aber ohne sie je kennenzulernen. Sie scheinen einem wie Agenten, die auf der Flucht sind, die in die Nacht wie in ein sehnsüchtig erwartetes Versteck hetzen.
Andere Tage wieder sind Gummibänder, die wir dehnen, bis sie uns um die Ohren fliegen. Die Zeit reißt und hinterlässt Striemen auf der Haut.
Man kann sich die Tage Untertan machen, man sich von ihnen beherrschen lassen. Kann sie durchschreiten, staatsmännisch, mit langen Schritten, die an einer Parade vorüber führen. Ach, kann man sagen und nicken, nett, dieser Baum dort drüben spielt die Flöten.
Manche Tage sind wie wilde Hunde, die man anketten muss, die man einschläfern müsste; man spürt die Gefahr, und ahnt, dieser Tag wird noch große Schwierigkeiten bereiten. Man wird in Erklärungsnöte kommen, nicht nur gegenüber der Polizei, sondern auch im Angesicht jener, die einen stets vor diesen Tagen warnten.
Dann gibt es Tage, die sind wie Flugzeuge am Himmel, die einen Kondensstreifen hinterlassen, die weit entfernt fliegen, die nichts mit uns zu tun haben, die unsere Träume befördern. Wir stehen noch lange da, starren auf den Pinselstrich, der auf einem blauen Hintergrund hinterlassen wurde.
Zeit ist etwas, das man abrichten, liebkosen, töten, vergewaltigen, anketten kann.
Ich sitze an meinem Schreibtisch, füttere die Zeit mit Buchstaben. Ich reiche ihr Geschichten, die sie sorgsam zerbeißt und dann schluckt; hin und wieder kann ich den Magen hören, ein Gurren wie von Tauben, die sich verirrt haben.
Meine Geliebte und das Kind schlafen noch, sind ganz Teil ihrer Traumzeit, die in anderen Bahnen verläuft. Wie Satelliten kreisen sie in der Umlaufbahn ihrer Köpfe, ganz bei sich, und doch noch nicht gelandet, bereit Signale aus dem Weltall zu empfangen und zu funken.
Kaffeezeit ist die Zeit, die mein Kaffee braucht, bis er mir unter meiner Schreiberei kalt geworden ist.
Zigarettenzeit ist ein Ort, der sich auf dem Balkon befindet und der meinen Blick schweifen lässt, hin zu den Lichtern, die auf einem fernen Hügel glimmen, als würden dort hunderte von Zigaretten geraucht, von Hochhäusern, dabei weiß ich genau, dass Häuser nicht rauchen können, höchstens es findet sich einer, der sie anzündet.

Und dann halte ich inne, weil ich eben auf einen Satz im Netz gestoßen bin, der folgendermaßen geht: Autoren lügen das Graue vom Himmel und Guido Rohm ist ein Meister darin.
Ludger Menke hat das geschrieben, und zwar hier. Das würde mir schon passen, wenn ich das nur könnte, dieses Grau vom Himmel lügen, denn dann hätten wir jetzt – ich drehe mich zum Fenster, um mich zu vergewissern – einen blauen Himmel. Ich werde üben müssen. Das mit dem Lügen muss noch besser werden.
Die Jungen sind fort, meine Frauen schlafen. Das ist die Morgenzeit, die ist ruhig und mit Rauch und Buchstaben und Kaffeeduft und Lügen ausgefüllt.
Die Lügen haben einen Motorschaden, aber ich bin mir gewiss, wenn ich etwas schraube, dann …
… könnte es heute noch einen strahlend blauen Himmel geben.



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