19. November 2010, Herbst, Remus, dann über die Blutgräfin, auch über Seeling, die Lesung und das Schreiben, 5.34 Uhr

Alban Nikolai Herbst steht auf dem Balkon, hustet, raucht seine Zigarette, so eben begrüßen Raucher einen jungen Morgen, der sich noch hinter Schwaden von Nebel verbirgt, ein Nebel, der sich erst allmählich hinter Mülltonnen und Büsche zurück ziehen wird, um dort ängstlich die Ankunft des eintreffenden Tageslichts zu erwarten, schon ist er drin, schon sitzt er vor seiner Tastatur, ebenso wie ich hier sitze, den Kaffee zu meiner Linken, an den gestrigen Abend denkend, die Lesung, sage ich zu Remus, der es sich bereits neben mir gemütlich gemacht hat, kann uns Herbst denn nicht hören, fragt Remus, nein, du bist und bleibst mein Kopfgeschöpf, sage ich ihm, zeige ihm die neuerlichen Kommentare von Alfred Harth, die dieses Mal gar lesbar sind, der sich entschuldigte, den ich vor Urzeiten für ein Internetprojekt mit Leszek Skurski anschrieb, der dankend ablehnte, der sich dann in den Tiefen der Dschungelwelten des Herrn Herbst verlor, einzig um nun wie ein frierendes Kind, obdachlos und müde, von BlogHütte zu BlogHütte zu stürzen, er kann bleiben, man wird sehen, erkläre ich Remus, der mich, wie sollte es auch anders sein, nun auf die Madame anspricht, er bittet mich um einen Schluck von meinem Kaffee und fragt nach der Madame, war sie denn auch da, sie war da, die Blutgräfin, wie ich sie fortan zärtlich nennen will, denn wir saßen in mordlüsterner Runde spätabends noch zusammen, eben nach der Lesung, die Seraphe hatte gekocht, wir tranken Wein, der Alban schlürfte Bier, wir sprachen über allerlei, eben auch über Mord und Totschlag, welch reizendes Thema, sagt Remus, reizend nicht, aber eben auch immer wieder notwendig, sage ich zu Remus, der meinen Kaffeebecher wieder abstellt, die Blutgräfin erzählte von ihrer Kindheit, erkläre ich Remus, da stand sie vor einem Topf mit Blut und rührte, ein seltsame Tätigkeit für ein Kind, sagt Remus, nicht unbedingt, nicht unbedingt, da finden sich beständig ganze Generationsabteilungen plötzlich vor den Bluttöpfen wieder, aha, sagt Remus, und dann, blödes Thema für so einen Morgen, was macht der Herbst gerade, Remus, dreht den Kopf, er blickt zum Herbst hin, der tippt wie ein Berserker, du musst schneller tippen, sagt Remus, denn sonst tippt der dich an die Wand, der las besser wie du, sagt Remus, ich grinse das kleine Ungetüm an, sage, woher willst du denn das wissen, du warst doch überhaupt nicht dabei, da müssten wir die Blutgräfin fragen, denn die war anwesend, eine recht bürgerliche Gräfin ist das, sage ich zu Remus, er sieht mich erstaunt und fragend an, die schleppte sogar Stühle, die wir vor der Lesung aufbauen mussten, das schickt sich doch eigentlich überhaupt nicht für eine Gräfin, die Madame weiß eben immer wieder zu überraschen, sagt Remus, ich nicke ihm zu, klopfe ihm auf die Schulter, sage, trink noch einen Schluck, und dann sage ich, ich habe Kopfschmerzen, ich habe schlecht geschlafen, warum, fragt Remus nicht, er sitzt drüben bei Herbst, sitzt Schulter an Schulter mit ihm, einzig, der scheint es noch nicht bemerkt zu haben, undankbares Vieh, denke ich, das könnte auch Verleger Seeling über mich denken, der sich in einer Person der neuen Erzählung zu erkennen meinte, der es mir nach der Lesung sagte, nein, nein, sagte ich, aber es tat mir dann schon leid um ihn, den guten Seeling, der mir immer wieder hilfreich unter die Arme greift, denn ich wollte ihn nicht zerschreiben, man muss den Preis für seine Literatur zahlen können, den ich stets und teuer bezahle, da sollten sie sich nicht täuschen, ich kenne den Wert von Buchstaben, aber eben auch den Unwert, tragen Sie einem, dem ALLES Fiktion ist, selbst sein eigenes Leben, nichts nach, tragen Sie ihm nur ihre Geschichten nach, die Blutgräfin, die Madame, die tat es, die unterhielt uns mit ihren Mordphantasien, die erklärte uns, wo man sich Waffen besorgen kann, wie man eine Leiche los wird, eine erschreckend phantasiereiche Gräfin, rufe ich zu Remus hinüber, Herbst blickt auf, sieht mich erstaunt an, fragt, welche Gräfin, nichts, nichts, flüstere ich und beuge mich tief über die Buchstaben der Tastatur, suche nach den Buchstaben für IDIOT, so einer muss man nämlich sein, wenn man sich mit Wesen wie Remus bereits am frühen Freitagmorgen unterhält, dass es so weit mit dir kommen musste, höre ich meinen Vater aus dem Jenseits flüstern, ich hebe die Schultern und mache weiter, schreiben und leben, was gibt es anderes zu tun?



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