18.10.2013: „Das Deutsche Kaiserreich 1871-1914“

18.10.2013: „Das Deutsche Kaiserreich 1871-1914“

Hallo, ihr Lieben! 
Heute Morgen fand die erste Vorlesung von „Das Deutsche Kaiserreich 1871-1914“ statt. Worum ging’s? Eingestiegen sind wir mit der Vorstellung des Autoren Sebastian Haffner (1907- 1999), der u. a. das Buch „Von Bismarck zu Hitler“ geschrieben hat und damit eine klare Kontinuitätslinie zwischen den beiden Personen andeutet. 
Untermauert wird diese mögliche Verbindung zudem durch die Tatsache, dass Hitler sich bis zu seinem Selbstmord als „Reichskanzler“ sah bzw. diesen Titel nie offiziell ablegte und auch schriftlich seinen „Reichkanzler“-Nachfolger festhielt. Auch der Begriff „Deutsches Reich“ hielt sich seit 1871 bis zu Hitlers Zeit. 
Wichtig bleibt es zu erwähnen, dass bei den Schriften bzw. bei dem Werk Haffners auch der persönliche Hintergrund des Autoren eine große Rolle spielt (s. u. a. seine Lebensdaten). Dennoch kann festgehalten werden, dass die Verbindung zwischen Männern wie Friedrich dem Großen, Bismarck, Hindenburg und Hitler zusätzlich (beispielsweise auf Postkarten) auch durch die Nazis propagiert wurde. 
Im Allgemeinen spielte die Propaganda eine große Rolle. Diese Tatsache ist auch im Zusammenhang mit dem Tag von Potsdam (21.03.1933) ersichtlich. Hier treffen Kaisertum (in Form des Sohnes Wilhelm II.) und die neue Politik (Hitler) direkt zusammen. Sogar Hindenburg erscheint zum Treffen in der klassischen Uniform des Kaiserreiches. 
Doch zurück zu Haffner. Dieser emigrierte (obwohl er KEIN Jude war) aus politischen Gründen nach Großbritannien und nahm dort den Decknamen „Haffner“ erst an. Diesen Trick nutzen zu dieser Zeit viele Menschen, u. a. um ihre Angehörigen zu schützen. Eigentlich hieß Haffner nämlich „Pretzel“. Nach der Emigration schreibt Haffner das Werk „Geschichte eines Deutschen“ und kehrt erst im Jahre 1954 als britischer Staatsbürger zurück nach Deutschland. 
Auch Thomas Mann gehörte zu den Menschen, die sich mit dem Nazi-Regime in kritischer Weise auseinander setzten. Ihm wurde 1936 die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt, er emigrierte in die USA und verbrachte schließlich seinen Lebensabend in der Schweiz. Nach Deutschland kehrte er nicht mehr zurück. 
Heinrich von Treitschke hingegen gehörte zu den deutschen Historikern, die das Kaiserreich nicht negativ beurteilten. Im Gegenteil. Seine Schriften singen teilweise ein Loblied über Bismarck. 
„Kaiserreich“ – gutes Stichwort! Der Versailler Vertrag, der am 28.06.1919 unterzeichnet wurde, sollte eine nationale Demütigung des Kaiserreichs darstellen. Die Ortswahl war kein Zufall. Dort, wo im Jahre 1871 die Kaiserproklamation stattgefunden hat, quasi das Reich gegründet wurde (im Spiegelsaal von Versailles), wurde den Deutschen im Artikel 231 die Schuld am Ersten Weltkrieg gegeben. 
Seitdem sehen sich Historiker immer wieder mit der Frage konfrontiert, inwieweit ein Krieg verhinderbar gewesen wäre bzw. wie sich die Schuldfrage in Bezug auf den Krieg gestaltet. Historiker wie Johannes Ziekursch sprachen sich vor allem für eine kritische Sicht auf das Kaiserreich aus. Ihre Schriften fanden jedoch im Wesentlichen erst nach dem Zweiten Weltkrieg wirkliche Beachtung. Immerhin hätte jegliche negative Kritik am Kaiserreich gleichzeitig das Gutheißen des Versailler Vertrages bedeutet. 
Der Trend, als Historiker in die USA zu emigrieren und von dort aus die Vergangenheit bzw. das Kaiserreich zu erforschen, war weit verbreitet (s. a. Historiker wie Rosenberg u. a.). Auch Hans Rothfels, ein eher konservativ orientierter Historiker, emigrierte und verfasste in den USA sein Werk „Die deutsche Opposition gegen Hitler“
Die Wissenschaftler der ehemaligen DDR waren in ihrer Überzeugung, das Kaiserreich habe eine direkte Vorgeschichte zur NS-Zeit, überzeugter als der Westen. 
Die Fischer-Kontroverse 
Fritz Fischer goss mit seinem Buch „Der Griff nach der Weltmacht“ erneut Öl ins Feuer. Er gab Deutschland in diesem Zusammenhang die komplette Schuld am Ersten Weltkrieg und unterstrich immer wieder seine negative Sichtweise auf das Deutsche Kaiserreich. Bücher wie „Die Schlafwandler“ von Christopher Clark nähern sich aktuell dem Thema und zeigen, dass eine vollkommene Antwort auf die Frage immernoch nicht gegeben zu sein scheint. 
Doch zurück zu 1871: Eines der bekanntesten Bilder der Kaiserproklamation wurde von Anton von Werner (1843-1915) gemalt. Der Maler war eine der zentralen kulturellen Personen des Kaiserreichs, ist heute aber weniger bekannt. Monet, damals ein „armer Schlucker“ und heute bekannt für seine Seerosen-Bilder, schon eher. 
Den neuen Kaiser am 18.01.1871 zu proklamieren war kein Zufall. Der 18. Januar war seit jeher der traditionelle Krönungstag der preußischen Könige (s. a. Friedrich I.). Auch Anton von Werner war im Spiegelsaal zugegen bzw. wurde dorthin bestellt, um diesen repräsentativen Gründungsakt festzuhalten. Was viele dennoch nicht wissen: Das bekanntere der beiden Bilder in Bezug auf die Kaiserproklamation in Versailles ist eine Nachbearbeitung. Im Vergleich zum Original existieren eklatante Unterschiede, wie beispielsweise…: 
- Das Bild wurde aus einem anderen Winkel gemalt. 
- Es existieren Unterschiede in Bezug auf die angeblich anwesenden Personen. Der preußische Kriegsminister war 1919 garnicht vor Ort, wird aber dennoch auf dem Bild dargestellt. 
- In der zweiten Version bildet Bismarck klar das Zentrum des Bildes. 
- Lustigerweise zeigt das Original-Bild zudem (bis auf einige wenige Ausnahmen) ausschließlich hochrangige Militärs und keine Zivilisten, obwohl letztere zweifelsohne an der Proklamation teilnahmen (Parlamentarier usw.). 
Der hochrangigste Reichfürst, Ludwig II. von Bayern, ist jedoch nicht anwesend. Er wurde auch nicht nachträglich eingezeichnet. 
Warum die eigentliche Proklamation des Kaisers OHNE Krone stattfand, klären wir in der nächsten Woche. Eine Antwort auf diese Frage ist jedoch, dass sich Bismarck klar gegen die Kaiserkrone des Hl. Römischen Reichs Deutscher Nation (heute in der Wiener Hofburg) aussprach, da diese einen Gebietsanspruch suggeriert hätte, den der Reichskanzler so nicht ausdrücken wollte. 
Liebst, Conny


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