17. April 2012, Lob des Asketismus, 5.51 Uhr

Jetzt endlich, da die zwei Tage, die einzig noch als Sodbrennen, diesem Stechen tausend kleiner Teufel, die sich mit einem breiten Grinsen und dem Ruf “Holt aus!” in meinem Hals austoben, in meinem Rücken liegen, kann ich wieder zu den praktischen Übungen meines ansonsten so asketischen Lebens rückkehren, zu meinem Nagelbett, meinen Peitschen und Scherben, die im Wohnzimmer als Teppich gebreitet, auf wagemutige Besucher warten, die sich von nichts schrecken lassen, auch nicht von den Giftschlangen, die es sich auf all den Stühlen, die man so gerne zum Sitzen benutzt, einzig um dem Körper die Strapaze des aufrechten Verharrens zu ersparen, bequem gemacht haben, darauf wartend, ihre Zähne in einem breiten Gesäß zu versenken, in den Schichten Fett, die ich mir, dies muss ich eingestehen, in den letzten beiden Tagen reichlich angefressen habe, und die nun an mir hängen, überlappend und nervös schlackernd, mit der Angst im fehlenden Genick, wann sich welcher Chirurg wohl um sie kümmern wird.
Ich schwöre, dies muss ich hier und jetzt so deutlich schreiben, damit es der Welt und mir vor Augen bleibt, all den Kuchen, den Bratensoßen, den Schnitzeln, den Haifischaugen, den Salatgurken, Tigerschwänzen, den Giraffen ab, die einzig nur sterben mussten, da irren sie nicht, die Damen und Herren Vegetarier, um meine Lust am Geschmack zu befriedigen, die ihr Leben lassen mussten, damit ich nun mit eingesackten Schultern hier hocke und leide, ich, der sich überfressen hat, der sich der orgiastischen Völlerei hingegeben hat, die ihn dereinst, und dies auch laut Auskunft von Doktor Tenzer, ins Grab bringen wird, das nicht irgendein Grab sein wird, sondern ein XXXL-Grab, denn irgendwie muss dieser voluminöse Leib, auch wenn bereits nach einigen Wochen des Todes ein gewisser Schwund zu verzeichnen ist, untergebracht werden.
Es könnte da, sehe ich mich in den heimischen Gefilden sowie den Landschaften des Fernsehprogramms um, ein gewisser Bedarf an Gräbern für Übergrößen geben, sodass ich für einige Minuten mit dem Gedanken liebäugelte, mich ins Beerdigungsgeschäft zu verabschieden, denn im Tod, das wissen wir doch alle, ist Zukunft; der Tod kommt nicht aus der Mode und gestorben wird sowieso und grundsätzlich immer. Ein gutes Geschäft also.
All die fetten Menschen, zu denen ich mich ja nun auch zählen muss, wollen nach ihren Tod untergebracht sein. Alles müsste ein Stück ausladender werden, ja, es sollte GEWICHT auf vergrößerte Leichenhemden und Leichenhäuser gelegt werden. Man könnte dem Sarg einen letzten Diätplan beilegen, aber, ich gestehe dies ein, das könnte zu Missstimmungen und Irritationen bei den Hinterbliebenen führen, die meist auch fett, sich in ihrer Wesensart angegriffen fühlen könnten.
Um all dies ging es mir ja nicht, sondern einzig darum, Ihnen und mir in aller Deutlichkeit zu versichern, dass nun Schluss ist mit Nahrung, diesem eh überbewerten Stück Überfluss der modernen Gesellschaften. Ich werde hungern, werde mit Hammer und Feder meine Gedichte in die Kellerwände schlagen, werde dürsten, ohne mich von Sherry und Weinen verführen zu lassen, werde auf das Jüngste Gericht warten, das laut letzter amtlicher Bekanntmachung der Wissenden Kinder Gottes (WKG) in genau siebzehn Minuten zur ersten Verhandlung rufen wird. Bis dahin hungere ich noch ein wenig. Siebzehn Minuten. Ich denke, die werde ich schaffen. Bestimmt sogar.



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