Wahnsinn! Wahnsinn, wie manchmal die Zeit verfliegt. Der letzte Logbuch-Eintrag ist ewig her. November 2018! Bitte? Wie konnte mir das passieren? Habe ich da etwa dermaßen gepennt und dieses zarte Pflänzchen von Kolumne derart vernachlässigt? Ist in all der Zeit etwa nichts beim und während des Radfahrens oder auch danach und davor geschehen, worüber ich hätte schreiben können? Nichts, was relevant für das Logbuch gewesen wäre? Das ist so natürlich nicht richtig. Doch woran kann das gelegen haben? Und warum schreibe ich ausgerechnet jetzt wieder? Fragen über Fragen, die förmlich nach einer Antwort schreien. Hier ein Versuch darauf auch genau diese Antworten zu finden.
Momentan liege ich eher auf der Couch, als auf dem Fahrradsattel zu sitzen. Der Grund: auch Radfahrer erwischt irgendwann einmal ein blöder Virus, der einen zu einer Zwangspause drängt. Neben der Porzellan-Schüssel also genug Zeit über Vieles nachzudenken. Da die Familie tagsüber ausgeflogen ist, herrscht daheim bis auf die Betätigung der Klospülung genug Ruhe. Denn bei mir geht zwar einiges gerade aus dem Körper hinaus, aber die Gedanken ans Fahrrad bleiben im Kopf. Gut so.
Daher habe ich ein wenig über das vergangene Jahr reflektiert. Schnell wurde mir klar, dass vermehrt größere Storys auf meinen Blog im Vordergrund standen. Ein Grund sind wahrscheinlich die Events und Radreisen, die einen großen Teil an Zeit ge- und erfordert haben. Nicht das dies tragisch wäre. Ganz im Gegenteil. Aber so habe ich die kleineren Geschichten etwas aus den Augen verloren und einfach weggelassen. Unbewusst. Ungewollt. Kann man nichts machen. Es ist, wie es ist. Erst wenn man anscheinend mal zur (Zwangs)Ruhe kommt und eine (Zwangs)Entschleunigungverschrieben bekommt, fängt man an darüber nachzudenken.
Gerade jetzt, quasi im Delirium und in gefühlter Gefangenschaft in der Wohnung, bemerke ich ganz deutlich, wie sehr ich mittlerweile in diesen „Universum Fahrrad" in gewisser Art und Weise fester Bestandteil geworden bin. Diese Sehnsucht da hinauszugehen, sich auf mein Fahrrad zu schwingen, tief die frische Luft einzusaugen in herrlicher Natur, abzuschalten, zu entspannen, Neues zu entdecken und zu sehen um anschließend von mir aus auch verschwitzt und verdreckt und wie Sau nach Hause zu kommen mit dem Gefühl absoluter innerer Befriedigung. Gibt es was Schöneres? Nur schwer vorstellbar. Klar, Familie und so. Gar keine Frage. Aber ihr wisst genau, was ich meine. Wenn nicht, fahrt ihr nicht richtig Fahrrad! Oder nur mit Stützrädern.
„Und? Was ist denn jetzt nun passiert?", wollt ihr wissen? Nun gut. Hier ein kleiner Auszug, sagen wir mal, der letzten paar wenigen Wochen. Zum Beispiel, wie aus einem ganz normalen handelsüblichen Platten am frühen Morgen auf dem Weg zur Arbeit ein Schaden in Höhe von fast500 Euro wurde. In Kurzform: Plattfuß im Dunkeln, aber ideal beleuchtete Stelle vor einem Restaurant in der Innenstadt -> Fahrrad dort auf einen Tisch aufgebockt -> Reifenheber angesetzt und KNACK, der Erste, KNACK, der Zweite abgebrochen -> Mit Ach und Krach den Schlauch rausgeholt, den Ersatzschlauch eingesetzt -> Pumpe angesetzt, ohne Funktion -> Dutzende Wiederholungen, ohne Erfolg -> Zum Glück kam ein anderer Radfahrer, mit sogar besserer Pumpe -> Pumpe angesetzt, erneut ohne Erfolg -> F#*K!!! -> Anruf zu einem Arbeitskollegen, ich werde etwas später kommen -> „Ich kann dich abholen", sagt der Cheffe vom Dienst, sagt der Arbeitskollege -> Astrein, ist mit dem Auto ja nicht mehr so weit -> Kollege kommt mit Twingo, habe das Vorderrad schon demontiert -> Rahmen auf den Rücksitz festgeschnallt, Laufräder in den Kofferraum -> Klappe zu -> Denkste -> Fahren los -> Kurz darauf an Ampel rollend -> Auf der rechten Spur andere Karre -> FUNKENSPRÜHEND(!!!) fährt der an uns vorbei -> Ich so: „WOW!!! Was für ein Effekt!!!" -> Wir gucken uns an -> Wieso ist das hinten eigentlich so laut? -> Wir drehen uns um -> Der verdammte Kofferraum ist auf!!! -> Die Laufräder sind raus!!! -> Eins davon eiert noch über die Straße -> Der Kollege hält mit Warnlicht und läuft mit den Armen fuchtelndhinterher -> Das zweite Laufrad wisst ihr ja jetzt, wo es war -> Es wird nie, nie, nie wieder gesehen -> Die andere Karre auch nicht -> Der Fahrer wird womöglich nach dem Aussteigen einen Schock erlitten haben, dass er einen Radfahrer gekillt haben könnte -> Ich bin kreideweiß -> Das verbliebene vordere Laufrad ist sogar noch in Ordnung -> Der Witz: Abends zuvor hatte ich mir noch wegen Verschleiß der Nabe ein Laufrad neu bestellt -> Ratet mal welches -> Später am Tag direkt dann das nächste Laufrad bestellt -> Der Versender aus Bocholt wird über beide Backen gestrahlt haben -> Wieso? -> Brauchte ja direkt noch eine neue Kassette, neue Scheibenbremse, neuen Reifen -> Die Göttergattin vor völliger Freude in Ekstase -> Für mich war irgendwie schon Weihnachten, merkwürdig -> Ein paar Tage später verschwand ich mit allen Teilen im Keller -> Einbau aller Teile -> Test der Schaltung -> Völlig indiskutabel, Kette springt wie wild über die Ritzel -> Verdammt -> Also richtig Feintuning betreiben -> Nichts regt sich am Zug -> Häh? -> Keine Chance, egal was ich tue -> Tiiiiieeeeffff durchatmen -> Ein Gefühl von „Ich höre auf mit dem Radfahren" schleicht sich für eine Milimillisekunde ein -> Negative Gedanken ergreifen Besitz von mir -> Also ab zur Werkstatt umme Ecke bevor Böses, sehr Böses passiert: „ich habe da einen Notfall" -> Freudige schnelle Hilfe -> Denkste -> Bei Abholung zwei Stunden später gestaltet sich der Fall schon schwieriger -> Die Offenbarung erfolgt prompt -> Der Zug im rechten Brems- und Schalthebel ist total zerfetzt! -> Zugführung aus Plastik hat den Status von Microplastik erlangt -> Fazit: ich brauche noch einen neuen STI-Schalthebel -> Mir wird schwindelig -> Das darf alles nicht wahr sein -> Habe ich schon erwähnt, dass ich eine hydraulische Bremse habe? -> Wieso? -> Da ist der Schalthebel nochmals etwas teurer -> $$$ -> An dieser Stelle: danke an eine liebe Person -> Hebel da und samt Rad abgegeben bei Werkstatt umme Ecke -> Montagekosten -> Support your local Dealer -> $$$ -> Ach ja, neues Lenkerband kam dann noch als i-Tüpfelchen darauf -> Is' ja nicht so, als ob ich nicht erst vor kurzem ein Neues draufgemacht hätte -> Läuft wieder -> Im Portemonnaie ist jetzt schon wieder Aschermittwoch -> Zeitreisen funktionieren also wirklich!
Noch Fragen?...Diese Ruhe...Und sonst noch? Freudig war einmal mehr die Wahl zum Fahrrad-Topblog in Deutschland auf der Website des Onlinehändlers fahrrad.de mit tollen Platzierungen. In der Kategorie „Allrounder" wurde ich 4., über alle Kategorien hinweg kam ich auf einen hervorragenden 14. Platz! Danke nochmal, wer für mich abgestimmt hat. Geile Sache.
Ansonsten bereite ich mich gerade auf meinen ersten „Radreise"-Vortrag im Rahmenprogramm einer Preisverleihung des Landesumweltamt NRW vor. Ungewohnte Rolle, aber das mache ich sehr gerne. Ein bisschen nervös bin ich allerdings tatsächlich. Wer wäre das nicht?
Auch das Thema „Fahrradfreundlicher Arbeitgeber" beschäftigt mich immer noch. Dass das aktuell ein großes Thema ist, zeigen die Veröffentlichungen dazu im Laufe des Jahres in Radio, Presse und Fernsehen, wozu immer wieder mal Anfragen hereinkommen. Dazu aber schon bald mehr.
Das soll's zunächst mal gewesen sein mit diesem Logbuch-Eintrag. Ich hoffe, das ich bei Veröffentlichung dieses Artikels zumindest wieder die ersten zaghaften Meter auf dem Rad machen kann. Nichts Wildes. Nur etwas rollen und bewegen. Schließlich muss ich etwas Fitness aufholen. Zwischen den Feiertagen steht für mich eine selbstauferlegte Challenge auf den Plan. Die #festive500 von Rapha möchte ich gerne packen. In acht Tagen 500 Kilometer radeln und so den Weihnachtsspeck erst gar nicht ansetzen lassen, dafür einen geilen Patch erhalten. Mal schauen, wie und ob das funktioniert...
zum ganzen Logbuch geht es hier