Der von ihm vorgetragene Zyklus „Bilder vom Leben am Meer“ mache deutlich, „dass Landschaft ein Kontemplationsthema geblieben ist“, erklärte die Berliner Kritikerin und schwärmte geradezu von der „Sensibilisierung für verschwundene Lebenswelten“ und von einem „Reifezustand, den hier wenige andere Gedichte erreichen“.
Die meisten der übrigen Jurymitglieder stimmten ein in den Bewunderungston, nicht ohne durchblicken zu lassen, wie schön Popp sich seit dem letzten Wettbewerbsauftritt entwickelt habe. „Es kann ja auch sein, dass das Verständnis der Jury sich entwickelt“, sagte Popp später, aber das klang gar nicht böse, denn da hatte er gerade den mit 8000 Euro dotierten Leonce-und-Lena-Preis erhalten. …
Der Literarische März behauptete seine Bedeutung als eines der wichtigsten Nachwuchstreffen, und die meisten der Lesungen bezeugten Talente, die neugierig machen auf die weitere Entwicklung. Da waren zum Beispiel die stilsicher und präzise gesetzten Gedichte, deren Musikalität der Autor Tobias Falberg noch unterstrich, indem er sich mit geschmeidigen Bewegungen der rechten Hand selbst zu dirigieren schien. Da gab es die sprachlich dichten, anrührenden Liebesgedichte von Nadja Küchenmeister, die Kurt Drawert in der Jury-Diskussion mit sympathischer Entschiedenheit verteidigte gegen Vorwürfe wie den von Raoul Schrott, der in ihnen eine „prüde und zwangspoetisierende“ Art entdeckte, mit Körperlichkeit umzugehen.
Es gab Autoren mit starken Performer-Qualitäten wie Walter Fabian Schmid, der das Podium zur Lautbühne für vielstimmige Dramen machte oder den in seiner scharfen Präzision überzeugenden Vortrag, mit dem Ann-Kathrin Ast für ihre erstaunlich sprachökonomischen, mit geringem äußeren Aufwand große Tiefe erreichenden Gedichte warb. …
Nur bei Raoul Schrott fand Rudolph ebensowenig Gnade wie auch die meisten anderen Teilnehmer. Schrott staunte regelmäßig über die weitreichenden Interpretationen seiner Jurykollegen und seufzte oft und tief. Man kennt ihn eigentlich als aufmunternden Fürsprecher der Autoren, aber diesmal sah er wenig Grund dazu, auch nicht beim Hauptpreisträger Steffen Popp. Die Unverständlichkeit allein, spottete Schrott, mache noch kein Gedicht aus. / Darmstädter Echo