Ich klemmte mich mal wieder ans Telefon. Eine Stellenanzeige versprach mir ein gutes Auskommen. Ich war skeptisch, aber so wie die Dinge lagen, musste etwas geschehen. Und dass die Anzeige nicht gleich mit einem Spitzenlohn aufwartete, beruhigte mich ein wenig. Ihre Bescheidenheit gefiel mir. Mehr ist in solchen Dingen oft weniger. Dass keine Vorkenntnisse nötig waren, machte die Sache rund. Aber Strohhalm bleibt nun mal Strohhalm. Man klammert sich daran, aber er knickt letztlich weg wie ein Nasenhaar bei der Morgenrasur.
»Gärtner«, meldete sich eine Frauenstimme.
»Ich rufe wegen Ihrer Annonce an. Da steht drin, dass Sie jemanden suchen für Telefondienste im Bezug auf Eigenheime. Was genau bedeutet das denn?«
»Wir machen mal einen Termin aus und dann präsentiere ich Ihnen das.«
Die Frau hatte ihr Büro irgendwo an der A6, weit weg von hier.
»Entschuldigung, aber ich kann nicht mal einfach so vorbeikommen.«
Sie hüstelte.
»Die Präsentation geht telefonisch. Sie müssen dazu aber ihren Rechner anschalten. Ich notiere mir jetzt Ihre Telefonnummer und Ihre e-Mail-Adresse und schicke Ihnen einen Link. Den klicken Sie an, wenn wir telefonieren. Es werden sich Schaubilder öffnen und ich erkläre Ihnen was dazu.«
Sachen gabs. Ich war damit einverstanden und sagte zu, am Freitag meinen Hörer abzuheben, sollte das dazugehörige Telefon gegen Eins klingeln.
Und dann war Freitag und es wurde Eins und der Apparat schrillte.
Ich hob ab und die Stimme der Frau begrüßte mich freudig und hieß mich gleich die Links zu öffnen. Sie verschenkte keine Sekunde und legte sofort los, stellte sich nochmal vor und sagte einige vage Sätze zum Aufgabenfeld, das man bald abdecken sollte. Konkret wurde sie nicht. Jedenfalls verstand ich nicht so richtig, um was es eigentlich gehen sollte. Um Wohneigentum. Das hatte ich verstanden. Ihr Text war auf jeden Fall einstudiert, vielleicht las sie ihn auch ab oder sie hatte ein Tonband eingeschaltet.
»Fast 60 Prozent der Menschen in Deutschland leben in Miete. Die Wohneigentumsquote ist bei uns sehr gering im Vergleich zum Ausland.«
Ich schwieg andächtig. Das passte zur Liturgie einer Telefonkonferenz, fand ich.
Sie rechnete einige Beispiele durch. Wenn man zwanzig Jahre Miete bezahlt zum Beispiel, dann kämen so und so viele Euro zusammen, die man ja auch hätte in den Erwerb von Wohneigentum hätte stecken können. Mir fiel auf, dass sie die Nebenkosten in das Exempel einbaute und verschwieg, dass auch bei einer Eigentumswohnung oder einem Haus Nebenkosten entstehen.
»... und nun ist es doch so, dass wir alle irgendwann mal das Ziel vor Augen haben, aus der Miete auszubrechen, um ein eigenes Objekt zu erwerben, nicht wahr ...«
»Ist das so?«, unterbrach ich sie.
»Na, etwa nicht?«
»Ich finde, dass auch die Miete Vorteile haben kann.«
»So? Da sind Sie aber der einzige Mensch auf Erden, der das so sieht.«
»Kann sein, aber das ändert ja nichts am Argument, oder?«
Sie schwieg einen Augenblick.
»Es ist doch so, dass ich als Mieter Risiken abwende, die ein Besitzer hat. Wenn heute mal eine Wand zerbröselt, sage ich es dem Vermieter und bin aus dem Schneider. Das muss man schon auch mal sehen.«
»Das ist eine eigenartige Sicht auf die Dinge.«
»Alles hat Vor- und Nachteile. Was ist daran eigenartig?«
Sie hüstelte leise und atmete schwer weiter.
»Ich bin nicht der Typ für so viel Eigenverantwortung, wissen Sie. Am Ende liegt der Hausbesitzer wie der Mieter auch in einem unterirdischen Einzimmerobjekt, wenn Sie verstehen, worauf ich hinauswill.«
»Mein lieber Herr, wollen wir weitermachen oder lassen wir es gleich bleiben. Ich werde den Eindruck nicht los, dass Sie nicht die richtige Person für die Stelle sind.«
»Erzählen Sie bitte weiter. Jetzt habe ich mir extra den Nachmittag freigehalten.«
Das tat sie dann auch. Sie stellte noch manche krumme Rechnung auf, wandte Suggestion an und versuchte sich in Küchentischpsychologie. Was aber genau die Aufgabe gewesen wäre, die ich in dem Spiel übernehmen sollte, begriff ich bis zum Ende nicht. Vielleicht war ich auch einfach nur zu blöd dazu. Ganz koscher schien mir die Show auf alle Fälle nicht gewesen zu sein. Zwei- oder dreimal lachte ich dann noch dezent auf und die Gärtner bat um Konzentration. Ausdauer hatte sie. Und ich Zigaretten. Ihre Verbissenheit musste man ihr lassen. Sie zog es durch, obgleich ich kein Kandidat für sie war. Die nahm ihren Job echt ernst. Als sie mit ihren Ausführungen schloss, legte ich ohne ein Wort zu vergeuden auf und wälzte wieder mal die Stellenanzeigen. Auch andere Arbeit konnte man mir schließlich zumuten.
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»Gärtner«, meldete sich eine Frauenstimme.
»Ich rufe wegen Ihrer Annonce an. Da steht drin, dass Sie jemanden suchen für Telefondienste im Bezug auf Eigenheime. Was genau bedeutet das denn?«
»Wir machen mal einen Termin aus und dann präsentiere ich Ihnen das.«
Die Frau hatte ihr Büro irgendwo an der A6, weit weg von hier.
»Entschuldigung, aber ich kann nicht mal einfach so vorbeikommen.«
Sie hüstelte.
»Die Präsentation geht telefonisch. Sie müssen dazu aber ihren Rechner anschalten. Ich notiere mir jetzt Ihre Telefonnummer und Ihre e-Mail-Adresse und schicke Ihnen einen Link. Den klicken Sie an, wenn wir telefonieren. Es werden sich Schaubilder öffnen und ich erkläre Ihnen was dazu.«
Sachen gabs. Ich war damit einverstanden und sagte zu, am Freitag meinen Hörer abzuheben, sollte das dazugehörige Telefon gegen Eins klingeln.
Und dann war Freitag und es wurde Eins und der Apparat schrillte.
Ich hob ab und die Stimme der Frau begrüßte mich freudig und hieß mich gleich die Links zu öffnen. Sie verschenkte keine Sekunde und legte sofort los, stellte sich nochmal vor und sagte einige vage Sätze zum Aufgabenfeld, das man bald abdecken sollte. Konkret wurde sie nicht. Jedenfalls verstand ich nicht so richtig, um was es eigentlich gehen sollte. Um Wohneigentum. Das hatte ich verstanden. Ihr Text war auf jeden Fall einstudiert, vielleicht las sie ihn auch ab oder sie hatte ein Tonband eingeschaltet.
»Fast 60 Prozent der Menschen in Deutschland leben in Miete. Die Wohneigentumsquote ist bei uns sehr gering im Vergleich zum Ausland.«
Ich schwieg andächtig. Das passte zur Liturgie einer Telefonkonferenz, fand ich.
Sie rechnete einige Beispiele durch. Wenn man zwanzig Jahre Miete bezahlt zum Beispiel, dann kämen so und so viele Euro zusammen, die man ja auch hätte in den Erwerb von Wohneigentum hätte stecken können. Mir fiel auf, dass sie die Nebenkosten in das Exempel einbaute und verschwieg, dass auch bei einer Eigentumswohnung oder einem Haus Nebenkosten entstehen.
»... und nun ist es doch so, dass wir alle irgendwann mal das Ziel vor Augen haben, aus der Miete auszubrechen, um ein eigenes Objekt zu erwerben, nicht wahr ...«
»Ist das so?«, unterbrach ich sie.
»Na, etwa nicht?«
»Ich finde, dass auch die Miete Vorteile haben kann.«
»So? Da sind Sie aber der einzige Mensch auf Erden, der das so sieht.«
»Kann sein, aber das ändert ja nichts am Argument, oder?«
Sie schwieg einen Augenblick.
»Es ist doch so, dass ich als Mieter Risiken abwende, die ein Besitzer hat. Wenn heute mal eine Wand zerbröselt, sage ich es dem Vermieter und bin aus dem Schneider. Das muss man schon auch mal sehen.«
»Das ist eine eigenartige Sicht auf die Dinge.«
»Alles hat Vor- und Nachteile. Was ist daran eigenartig?«
Sie hüstelte leise und atmete schwer weiter.
»Ich bin nicht der Typ für so viel Eigenverantwortung, wissen Sie. Am Ende liegt der Hausbesitzer wie der Mieter auch in einem unterirdischen Einzimmerobjekt, wenn Sie verstehen, worauf ich hinauswill.«
»Mein lieber Herr, wollen wir weitermachen oder lassen wir es gleich bleiben. Ich werde den Eindruck nicht los, dass Sie nicht die richtige Person für die Stelle sind.«
»Erzählen Sie bitte weiter. Jetzt habe ich mir extra den Nachmittag freigehalten.«
Das tat sie dann auch. Sie stellte noch manche krumme Rechnung auf, wandte Suggestion an und versuchte sich in Küchentischpsychologie. Was aber genau die Aufgabe gewesen wäre, die ich in dem Spiel übernehmen sollte, begriff ich bis zum Ende nicht. Vielleicht war ich auch einfach nur zu blöd dazu. Ganz koscher schien mir die Show auf alle Fälle nicht gewesen zu sein. Zwei- oder dreimal lachte ich dann noch dezent auf und die Gärtner bat um Konzentration. Ausdauer hatte sie. Und ich Zigaretten. Ihre Verbissenheit musste man ihr lassen. Sie zog es durch, obgleich ich kein Kandidat für sie war. Die nahm ihren Job echt ernst. Als sie mit ihren Ausführungen schloss, legte ich ohne ein Wort zu vergeuden auf und wälzte wieder mal die Stellenanzeigen. Auch andere Arbeit konnte man mir schließlich zumuten.
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