Zum Glück für die deutschsprachige Literatur der Nachkriegszeit gab es nicht nur die ‘Gruppe 47′ mit ihren Großwesiren. ‘Graz, Stadtpark 1′ hieß seit dem Ausgang der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts und für lange Zeit die erste Adresse der jüngeren deutschsprachigen Literatur, bekannt auch als deren ‘Genie-Ecke’. In dieser Grenzregion, wo eine Peripherie an die andere stößt, mit Reibungszonen, die selbst jeden Vers konkreter Poesie zum umkämpften Politikum machten, hier wollte man Avantgarde sein, hier war man einer experimentellen Literatursprache verpflichtet, und anders als in Berlin, München oder Wanne-Eickel wäre hier auch niemand auf die Idee gekommen, so zu schreiben wie ihm der Schnabel gewachsen ist.
Das alles begann mit der ‘Revolution im Stadtpark’ und Alfred Kolleritsch, der heute achtzig Jahre alt oder besser – wovon seine wasserklaren, klugen und neugierigen Augen zeugen – jung wird, war ihr Prophet. / VOLKER BREIDECKER, Süddeutsche Zeitung 16.2.
‘Das schönste Fremde ist bei dir.’ (Alfred Kolleritsch zum 80. Geburtstag, hrsg. von Andrea Stift und Andreas Unterweger, Literaturverlag Droschl, Graz/Wien 2011, 192 Seiten, 25 Euro.)