In ihrer neuen Heimat Wollbach findet sie nicht nur die Ruhe, die sie fürs Übersetzen braucht, sondern auch ein neues Bild der Landschaften, die sie aus vielen der russischen Bücher kennt, die sie übersetzt. Ihre neueste Übersetzung, der Lyrikband „Wolkenrauch“ von Innokentij Annenskij, ist im vergangenen Herbst bei der renommierten Edition Rugerup erschienen. Am heutigen Mittwoch wird Jakobson in der Stadtbibliothek sowohl auf Deutsch als auch auf Weißrussisch daraus lesen und vom Leben und Schreiben des Schriftstellers erzählen. …
Das Übertragen von Gedichten in eine andere Sprache gilt als eine der schwierigsten und komplexesten Übersetzertätigkeiten überhaupt. Darum muss man, um einen Lyriker übersetzen zu wollen und können, einen Bezug zu ihm haben, sagt Martina Jakobson. Ihr Interesse habe Annenskij zum einen als Dichter zwischen den Welten von Symbolismus und Avantgarde geweckt, der oft klar in Inhalt und Sprache sei, manchmal aber auch voller Geheimnisse. Zum anderen binde sie die immer gültige Aktualität seiner Landschaftsmotive als Spiegel von Seelenzuständen an den Autor. …
Es sind aber nicht nur die Autoren des 19. und 20. Jahrhunderts, die die Übersetzerin für Russisch, Weißrussisch und Französisch interessieren, sondern auch die junge und ganz junge Lyrik nicht-deutscher und deutscher Autoren. „Da lese ich alles, was auf den Markt kommt“, sagt Jakobson. Die Frische der Sprache und die in diesem Umgang entstehenden neuen Wortschöpfungen der zeitgenössischen Dichter inspirierten sie stark in ihrer Übersetzertätigkeit, sagt die Berlinerin. Wichtig ist ihr auch der Austausch mit den Zeitgenossen, das assoziative Gespräch und Denken, das sie für ihre Arbeit brauche und zu dem die Lyriker in ganz besonderem Maße in der Lage seien. Von Marion Poschmann zum Beispiel, die im April in Staufen den Peter-Huchel-Preis vom Südwestrundfunk verliehen bekommt, einen Literaturpreis für Lyrik, habe sie viel gelernt. / Claudia Gabler, Badische Zeitung 26.1.