10 Cloverfield Lane
5HorrorSpannender als der Plot des zweiten Teils des Si-Fi-Franchise von Produzent J.J. Abrams ist die Frage: was hat das Ganze mit Matt Reeves acht Jahre altem Creature Feature Cloverfield zu tun?
Laut Regisseur Dan Trachtenberg spielen sein Spielfilmdebüt 10 Cloverfield Lane und Cloverfield zwar nicht in derselben Timeline, aber im selben Universum, genannt Cloververse. Das wirkt ein bisschen so, als würde man A.I. als Nachfolger von E.T. bewerben, weil beide einen ähnlich klingenden Titel, den gleichen Produzenten und eine ähnliche Atmosphäre aus Drama und Science Fiction haben. Doch selbst die Ankündigung, Abrams Filme wären auf vergleichbare Weise unheimlich, ist weit hergeholt. Die nervöse Wackelkamera-Optik von Cloverfield ist das Gegenteil der synthetischen Inszenierung von 10 Cloverfield Lane. Während der filmische Vorreiter einem halben Dutzend Figuren auf dem Weg durch ein apokalyptisches New York folgte, zeigt der Nachfolger ein Kammerspiel mit drei Personen.
Die junge Michelle (Mary Elizabeth Winstead) verlässt nach einem Streit fluchtartig ihren Verlobten. Nach einem Autounfall kommt sie in einem Kellerverlies wieder zu sich, angekettet wie in Saw und versorgt von einem suspekten Behüter wie in Misery. Da Michelle beide Filme offenbar kennt, plant sie augenblicklich mit McGyver-würdiger Einfallsgabe die Flucht aus dem Bunker. Doch ihr angeblicher Lebensretter Howard (John Goodman) hat nicht die Absicht, sie gehen zu lassen oder selbst den an eine groteske Sitcom-Kulisse erinnernden Luftschutzraum zu verlassen.
Der radikal-autoritäre Howard behauptet, die Außenwelt sei nach einem Giftangriff feindlicher Mächte aus Russland oder von einem anderen Planeten unbewohnbar. Ihr nicht sonderlich heller Bunkermitbewohner Emmett (John Gallagher Jr.) bestätigt diese Version und der Boss im Bunker ist in der Tat mehr als ein Weltuntergangs-Spinner. Co-Drehbuchautor Damien Chazelle (Whiplash) macht früh klar, dass es an der Erdoberfläche wirklich nicht gemütlich zu geht. Auch im Schutzraum ist es trotz Einbauküche und Gesellschaftsspielen wenig heimelig. Hinweise wie blinkende Warnschilder signalisieren: Howard ist ein gefährlicher Psychopath. Typen, die unterirdische Bunker bauen sind eben selten Typen, mit denen man gern auf ewig in so einem Bunker „Tabu“ spielen möchte, wie die Figuren es müssen.
Psychologische Tiefe ist dabei keinem der Drei vergönnt. Alles, was verbal oder visuell hervorgehoben wird, dient unweigerlich später einer bestimmten Handlungsentwicklung. Doch selbst wenn nicht, reicht die Suspense, wozu der Duschvorhang mit Entchen-Muster oder die Whiskey-Flasche noch nützen werden, nur zu einem mittelprächtigen Psychothriller. Das wäre ausreichend, wenn nicht ein aufgepfropfter vierter Aktion-Akt und die beworbene Verbindung zu Cloverfield den Film als faszinierendes Spektakel ausgeben würden.
Was den Film tatsächlich zum, wie Abrams es ausdrückt, Blutsverwandten von Cloverfield macht, ist seine clevere Vermarktung. Cloververse ist bloß ein kleiner Teil eines größeren Marketing-Universums: J.J. Abrams-verse, wo alte Filmkonzepte am Fließband neu verpackt werden, nämlich in die unfehlbar verkaufsstarke Box mit dem Fragezeichen drauf.
Regie: Dan Trachtenberg, Drehbuch: Josh Campbell, Matthew Stuecken, Damien Chazelle, Darsteller: John Goodman, Mary Elizabeth Winstead, John Gallagher Jr., Filmlänge: 103 Minuten, Kinostart: 31.03.2016, www.10cloverfieldlane.com
Autor
Lida Bach&post;