06. Februar 2020 – Ein normal unnormales Wochenende

Unseren Donnerstagabend wollen wir auf Wunsch von Martin mit einer österreichischen Brotzeit ausklingen lassen. Und während unsere Perle das frische Brot aus dem Ofen holt, versuchen Felix und ich irgendwoher Käse, Schinken und saure Gurken zu bekommen. Zum Glück gibt es nur einige Busstationen entfernt einen tollen Butcher, bei dem wir uns eindecken können. Tatsächlich habe ich manchmal das Gefühl die einzige Deutsche ohne ausgeprägte Brotvorliebe zu sein. Baguette mit Öl und Meersalz? Ja! Aber belegte Brote?

Am Freitagmorgen ergreift uns verfrüht das Wochenendfeeling, da Martin erst am Abend für eine Europa-Telko ins Büro muss. Den Vormittag haben wir also gemeinsam frei. Und nachdem er ausgiebig dem Ausschlafen gefrönt hat, entführe ich ihn in mein „Favorit-after-Yoga-Frühstücks-Café“ im Cluny Court.

Ich genieße es ihm einen Teil meines Lebens in Singapur zu zeigen, dass er doch meist nur aus Erzählungen kennt. Vieles von dem, was für mich normal ist und zu meinem Alltag gehört, hat er noch nie gesehen. Mein Singapur ist nicht sein Singapur. Das ist nicht anders als in Hamburg. Nicht anders, als in anderen Familien überall auf der Welt, ob im Ausland oder in der Heimat. Während er zwischen Flughäfen, Konferenzräumen und Büro wechselt, habe ich neben meinen festen Alltagspunkten auch immer wieder die Freiheit mir Neues anzusehen, ob mit den Kindern oder ohne.

Den seltenen gemeinsamen Vormittag heute nutzen wir also ohne Kinder für einen Pärchen Culture Day. Bei Flat White und Lachsfrühstück planen wir unseren Trip ins Kolonialviertel Singapurs.

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Und schon kurz darauf bringt uns der Bus zur ersten Station des Tages, dem Chijmes. Die riesige ehemalige Klosteranlage mit der gotischen Kapelle erstrahlt in frischem Weiß. Wir schlendern durch die Säulengänge, in denen die Kapitelle jeder Säule mit tropischen Blumen oder Vögeln verziert sind. Wo früher Waisen eine Schulbildung ermöglicht wurde, ist eine traumhafte Oase der Ruhe im geschäftigen Singapur entstanden.

Mit nur einem Gebäude, dem Caldwell House oder auch Old Parliament House begonnen, zogen im Februar 1854 die ersten Nonnen und Schüler in die Convent of the Holy Infant Jesus ein, kurz CHIJ, oder auch Chijmes. Zu der Zeit lebten weniger als 200 Europäer in Singapur. Später wurden von der in Geldnot geratenen Raffles Institution vier weitere umliegende Grundstücke hinzugekauft, auf denen nach und nach das Kloster im neogotischen Stil in seiner heutigen Größe entstand.

Nachdem am 03. November 1983 dann zum letzten Mal die Messe stattfand, wurde die gesamte Anlage über 5 Jahre für 100 Millionen Singapur Dollar zum Treffpunkt für die Öffentlichkeit umgebaut, 2002 von der UNESCO ausgezeichnet und als Nationaldenkmal erklärt.

Heute verteilen sich zahlreiche Bars und Restaurants unter den malerischen Säulengängen, auf den gepflasterten Plätzen und inmitten der grünen Gärten. Die nächtliche Beleuchtung verleiht dem Ganzen eine zauberhafte Atmosphäre.

Und auch hier finden wir wieder eines der vielen bemalten Pianos Singapurs, das zwar nicht zu der „Play Me, I’m Yours“ Kampagne (Infos hier oder hier) gehört, aber ebenso kunstvoll vom amerikanischen Künstler Alec verziert wurde. Die Sonne lässt das Gebäude noch weißer erstrahlen und wir werden auf jeden Fall bald mal abends wiederkommen.

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Erstmal geht es für uns aber zu Fuß weiter zur beeindruckenden St. Andrews Cathedral und dem nebengelegenen Projekt der National Galerie „Portraits of the People“ aus 2015, das mit zahlreichen Selbstportraits die Vielfältigkeit der Einwohner Singapurs wiederspiegelt.

Wir gönnen uns eine Pause im Privée und genießen mit eisgekühlten Drinks den Blick auf den um diese Uhrzeit verschlafenen Boat Quay am Singapore River, bevor es für uns weiter durchs Kolonialviertel Richtung Raffles Hotel geht.

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Im Raffles Courtyard angekommen genießen wir ein spätes Mittagessen. Die Burger sind mau, das Ambiente im Garten rund um das Raffles Hotel aber wirklich traumhaft und absolut für Getränkepausen im Sightseeingtrubel zu empfehlen. Und nachdem wir uns heillos verlaufen haben und schlussendlich durch die Gärtnerbereiche des Raffles, durch Büsche und über Geländer gekraxelt sind, finden wir unser Taxi nach Hause, das schon abfahrbereit auf uns wartet.

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Auf dem Rückweg verabrede ich mich spontan mit meiner Freundin Katharina, die sich zwischen zwei Calls kurz für eine Pause aus ihrem Homeoffice stehlen kann, zur Maniküre. Während Martin ins Büro startet, spaziere ich entspannt zu Fuß zu K und gemeinsam mit ihr weiter zu unserem Termin. Und da die schönsten Tage bekanntlich spontan verlaufen, wird aus einem kleinen anschließenden Sekt auf ihrer Terrasse ein ganzer Abend. Als ihre Kinder dann später am Abend im Bett liegen schließen wir die Nacht mit einem Spaziergang und letzten Drink bei mir am Pool ab, bevor kurz vor Mitternacht auch endlich Martin zu Hause ankommt. Danke an die liebe Jacin, die mir diese unfassbar gute Schokolade von ihrem Afrika Trip mitgebracht hat.

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Am nächsten Morgen schon sehen wir Katharina, Malte und ihre Kids auf ein Resteessen unserer Brotzeit und Poolbesuch wieder, bevor wir uns dann am Nachmittag zu Dritt zu Felix´ erster Geburtstagseinladung aufmachen.

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Wie es hier in Singapur normal ist, wird neben Freunden auch die ganze Klasse eingeladen. Eine komplette Location samt Fotograf ist gebucht, Animation und Caterer on top. WAHNSINN. Kennen wir aus Deutschland die Guideline ungefähr so viele Kinder einzuladen, wie das Kind alt wird, wird hier jeder Geburtstag wie dieser hier zelebriert. Mindestens. Wir haben von Freunden gehört, die bei einem 3. Geburtstag Teil einer 200 köpfigen Gästeschar waren….

In dem Kulturpotpourri Singapurs, gibt es so viele Unterschiede in Gos oder no gos, dass ich mich vorab erstmal eingelesen habe. So sollte man

  • 1. chinesisch stämmigen Kindern, wie dem Geburtstagskind Preston, etwas schenken, dass die Wünsche zur Gesundheit und hoher Intelligenz ausdrückt. Wir entscheiden uns also neben einem Auto (Spaß muss sein) auch noch für ein Denkspielzeug.
  • Wichtig ist 2. den Namen des Schenkenden, also „from Felix“ dick und fett auf das Papier zu schreiben und am Besten die Karte am Geschenk festzukleben. Niemals öffnen Chinesen vor den Augen der Gäste Geschenke, um zu vermeiden Freude vorspielen zu müssen.
  • Die Karte sollte man 3. mit Mühe schreiben, da sie genauestens gelesen und sich detailverliebt für die Worte und auch das Geschenk bedankt wird.

Da ich die Location aus einigen NMSG (New Mothers Support Group) Treffen schon kenne, freue ich mich zu lesen, dass die Party hier stattfindet. Das Power Kids Gym ist einer kleineren Turnhalle ähnlich, und die Kids können mal richtig toben, hüpfen und klettern. Das Catering stellt sich ganz unkompliziert als Pizza und andere Snacks heraus. Geniale Idee. Mag jeder, kann man im Stehen snacken und es macht nicht viel Arbeit. Wie erwartet ist das Geburtstagskind ob der vielen Gäste etwas eingeschüchtert, taut aber zum Glück später noch auf und kann seinen Geburtstag genießen. Eine kleine Party mit seinen best Buddies hätte ihm vielleicht besser gefallen, aber gut.

Genial ist tatsächlich, dass man sich endlich mal in Ruhe mit anderen Eltern unterhalten kann, was auf den Geburtstagen in Deutschland, die ja gewöhnlich zu Hause gefeiert werden oft nicht möglich ist, weil man die Kinder davon abhalten muss sich von den Tischen zu stürzen, sich zu prügeln oder Smarties in wirklich jeder Ecke der Wohnung zu verteilen. (Danke an die Kleinen für den leckeren Proviant, der beim Ausräumen unserer Wohnung in Deutschland noch so aufgetaucht ist.)

Schön ist auch, dass der Geburtstag auf 3 Stunden begrenzt ist und die Kinder somit im Anschluss nicht komplett hinüber sind. Die Feier wird durch das Anschneiden der aufwendigen Dinosaurier-Torte gekrönt und die Menge singt dem kleinen Preston Happy Birthday auf Englisch und Mandarin. Dass Felix munter in den chinesischen Text einstimmt lässt uns kurz überrascht erstarren. Scheinbar ein Ergebnis des Kita Mandarin-Unterrichts.

Wir spazieren also zufrieden mit Gastgeschenk und Luftballon bewaffnet los und freuen uns über die schönen Erinnerungen und Unterhaltungen.

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Auf dem Nachhauseweg werden wir von den Feierlichkeiten des hinduistischen Festes Thaipusam begleitet, dessen Festzug die Innenstadt Singapurs heute lahm legt. Die gläubigen Hindus -zumeist Tamilen, eine Volksgruppe Indiens- sehen dieses Fest als Höhepunkt eines Monats, in dem sie sich spirituell vorbereitet und ausschließlich vegetarisch ernährt haben. Sie zelebrieren dieses Thai (Für den Monat Januar/Februar) Pusam (Für einen Stern der bei diesem Fest seinen höchsten Punkt erreicht hat), zu Ehren des Geburtstags von Gott Murugan sowie der Übergabe einer Lanze die er an diesem Tag erhielt, damit er das Böse besiegen kann.

Der nicht enden wollende, bunte Festzug findet unter anderem im Sri Thendayuthapani Temple statt und zieht sich durch die Stadt. Die Saris erstrahlen in allen Farben, der auffällige Schmuck und die Blumenketten leuchten um die Wette. Die Menschen singen und trommeln, die Musik schallt aus Lautsprechern und lässt die nach Jasmin und Früchten duftende Luft wabern. Es ist bunt, es ist laut, es ist indisch! Es ist mitreißend!

Während die einen Tontöpfe mit Milch auf dem Kopf tragen, stämmen andere mit ihren Körpern die gigantischen bis zu 4m hohen und 40kg schweren Kavadi. Diese mit Blumen und Federn verzierten Konstruktionen werden mit Metallstäben am und im Körper verhakt. Die Gläubigen tanzen sich in Trance um dem Schmerz Herr zu werden, der -trotz des Glaubens an Schmerzfreiheit durch einen reinen, von materiellen Sehnsüchten freien Geist- von außen spür- und sichtbar ist.

Wir lassen uns von der Feierlaune anstecken und folgen einem Hindu, der uns in den Tempel einlädt. Wie immer ist Singapur offen, wie immer ist jeder willkommen. Der Tempel ist beeindruckend, es wird getanzt und gesungen. Opfergaben werden erbracht und die Männer mit den Kavari tanzen umringt von hunderten von Gläubigen ihren Kavadi Aattam, ihren Bürdentanz, bevor sie in ihren langen Marsch durch die Stadt starten.

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Wir begleiten den Festzug noch etwas und steigen dann in den Bus, der uns die wenigen Stationen nach Hause bringt. Schnell bringen wir die Kinder ins Bett, duschen und ziehen uns um. Denn trotz des langen Tages sind wir tatsächlich noch mit einigen Nachbarn zum BBQ auf unserer Gemeinschaftsterrasse oberhalb des Pools verabredet.

So genießen wir den Ausklang des Abends bei originalem Iberico Schinken aus Barcelona, katalanischen Flan, selbstgebrannten Getränken aus Venezuela. Und während die Sterne am Himmel immer höher stehen und der Garten unter uns im nächtlichen Dunkel versinkt, lehnen wir uns zurück und bemerken, dass es mindestens um 2 Grad kühler geworden ist.

Morgen werden wir es definitiv ruhig angehen, bevor Martin dann mitten in der Nacht zum Flughafen aufbricht um mit der Reise nach Europa die erste von drei langen Wochen der Reiserei einzuläuten.

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