Zypern: Verkauft

Zypern vor sozialem Kahlschlag
Von Rainer Rupp (jungeWelt)
Das dicke Ende kommt noch: Wurden bisher im Rahmen der jüngsten »Rettungsaktion« hauptsächlich Zyperns Mittelschicht und ausländische Großanleger zur Ader gelassen – durch die Konfiszierung von bis zu 80 Prozent der Bankguthaben über 100000 Euro – so erwartet die Lohnabhängigen und Rentner des Inselstaates ein härteres Los. Genau wie die griechischen Cousins und Cousinen werden sie von ihrer eigenen herrschenden Klasse zwecks Rückzahlung von deren Spekulationsverlusten auf Generationen in die Knechtschaft der internationalen Hochfinanz verkauft. Die Verträge (in einem Memorandum of Understanding, MoU, zusammengefaßt) über diesen Ausverkauf bekommen derzeit von der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds sowie der zypriotischen Regierung den letzten Schliff.
Letztere, die sich selbst auch gern als Diener des Volkes präsentiert, geht es wie immer vorrangig darum, ihre eigenen Schäflein ins Trockene zu bringen. Das wurde in den letzten Tagen am Beispiel von Präsident Nikos Anastasiades deutlich, nachdem bekanntgeworden war, daß sein Familienunternehmen wenige Tage vor der Bankenschließung auf Zypern mindestens 21 Millionen Euro ins Ausland verschoben hat. Wegen kriminellen Insider-Handels soll nun eine Untersuchung auch gegen ihn eingeleitet werden.
Zum Ärger der Herrschenden ist am Montag der Entwurf des IWF-Memorandums den Medien in Zypern zugespielt und veröffentlicht worden. Wie befürchtet strotzt das 24seitige Papier von sozialen Grausamkeiten. Allerdings wird das darin enthaltene, die Gesellschaft zerstörende Gift – wie in solchen Fällen üblich – mit positiv klingenden Vokabeln wie »Rentenreform«, »Arbeitsmarktflexibilisierung« etc. aufgepeppt. Augenfällig ist auch, daß Zypern am deutschen Wesen genesen soll, in dem das von der SPD durchgesetzte Sozialkahlschlagsmodell »Agenda 2010« kopiert wird. Zum Beispiel sind die Erhöhung des Renteneintrittsalters um zwei Jahre und die entsprechende Rentenkürzung, wenn jemand vorher in den Ruhestand will bzw. muß, vorgesehen.
Daneben sollen die Pensionen der Angestellten des öffentlichen Dienstes und der Beamten eingefroren werden. Die Umsatzsteuer wird auf 18 Prozent und die Gebühren für öffentliche Dienstleistungen werden sogar um 17 Prozentpunkte erhöht. Steuern auf Zinsen und Dividenden liegen demnächst bei 30 Prozent. Daneben gibt es höhere Abgaben auf Genußmittel. Zugleich sollen Tausende Teil- und Vollzeitarbeitsplätze im Staatsdienst eliminiert werden. Um zu sehen, was sie erwartet, brauchen die Zyprioten nur einen Blick übers Meer auf Griechenland zu werfen. Daher haben sich in den letzten Tagen sowohl Parlamentspräsident Omirou als auch Erzbischof Chrysostomos für einen raschen Austritt aus der Euro-Zone ausgesprochen.

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