StromRauch©Dr.M.E.Waelsch
Die EURO-Länder sind von der Verfolgung der Haushaltsdisziplin in Beschlag genommen und übersehen dabei, dass es gerade jetzt um Festigung des Zusammenhaltes der EU geht. Dafür hat die EU den Nobelpreis bekommen – auch dafür, damit die EU in Friedenssicherung nicht nachlässt. Und nun ist der Kalte Krieg zurück. Die gleichen Akteure auf beiden Seiten, jünger, aber ausgestattet mit geschichtlichen Wissen und diversen Doktrinen folgen sie imperialistischen Zielen. Heute nennt man es Marktstrategie – Eroberung neuer Märkte, Sicherung von Rohstoffen.
Gerade die Rohstoffe hat die EU-Diplomatie in Überhitzung der Haushaltskonsolidierung völlig übersehen. Auf der anderen Seite der Globalisierungslinie sind Russland und China schwer dabei, ihren Einfluss in wichtigen Regionen zu sichern. Der chinesische Präsident besucht nach seiner Amtseinführung als erstes Russland. Es werden Allianzen zwischen aufstrebender Wirtschaftsmacht China und der gefestigten Rohstoffmacht Russland geschmiedet. Just zu diesem Zeitpunkt demaskiert sich das Bankenwesen Zyperns als angeschlagen, teilweise im Zustand der Insolvenz und der Staat Zypern soll zahlungsunfähig sein. Die Anzeichen dafür haben die milliardenschweren Anleger aus Russland schon länger mitbekommen und haben sich durch Einlagen bei zypriotischen Banken den finanziellen und politischen Einfluss in der aufkeimenden Krise gesichert.
Die Entwicklung der Rettung von Zypern mutet wie geplant an, welche Geheimabsprachen es im Vorfeld gegeben hat, kann man nur Vermutungen anstellen und aus der Analyse der Ereignisse Schlüsse ziehen. Lange Verhandlungen der Finanzminister übers Wochenende, damit Banken vor dem nächsten Werktag rechtzeitig geschlossen bleiben können. Die zypriotische Regierung entscheidet sich für Zugriff auf Spareinlagen der Bürger, daraufhin folgt auf dem Fuß der Protest der Bevölkerung und Kritik von Putin – das alles konnte man sich vorher ausrechnen und hat es wohl auch. Dem gewohnten Prinzip von gezielter Provokation, Propaganda und lang angelegten Zersetzung der inneren Stabilität kommen Proteste der breiten Bevölkerung wie gerufen – wenn sie denn erwünscht gewesen sind, dann sind sie punktgenau erfolgt und der Samen zu Abspaltung Zyperns aus der EURO-Zone ist aufgegangen.
Gestern Abend lehnte das zypriotische Parlament den Zugriff auf Spareinlagen und damit zugleich das EU-Rettungspaket ab – ohne eine einzige Ja-Stimme. Tage davor war zu vernehmen der zypriotische Präsident habe auch die Hilfe von Russland auf seiner Agenda. Bereits am frühen Nachmittag vor der Abstimmung soll es Gerüchte gegeben haben, dass Moskau seine Finger im Spiel habe: Viele Russen haben ihr Schwarzgeld auf Zypern gebunkert.
Welche Intension hätte Putin, um die Banken Zyperns zu retten? Sein eigenes Geld bzw. das von Gazprom retten? Will Putin Kontrolle über das russische Fluchtgeld, über die Milliarden russischer Oligarchen und damit über eine Art „EU-Brückenkopf“ zurück nach Russland holen? Am Mittwoch, also heute soll angeblich in Moskau verhandelt werden. In Erinnerung an die alte Blockstrategien der 60-ger Jahre des vorigen Jahrhundert könnte dabei Seitens Moskau ein ultimatives Angebot folgen, das Zypern nicht ablehnen könnte.
In der Strategie der regionalen Einflusssicherung folgend, könnte auch die Absicht dahinter stecken, Zypern zu einer „Kronkolonie“ Russlands werden zu lassen. So hofft der zypriotische Präsident auf Rettung der Insel, Moskau könnte eigener Strategieplanung folgend einspringen und die Insel zu einem Vasallen machen. Darin hat die russische Machtpolitik während der letzten siebzig Jahre reichlich Erfahrung. Das hat sich nach der sog. Wende nicht verändert, es dauerte nur etwas, bis Russland über eigene Rohstoffe wieder in die Nähe der alten Stärke zurückkehren konnte.
Nun ist diese in greifbarer Nähe. Russisches Geld liegt ohnehin bereits auf den zypriotischen Banken und Gazprom könnte sich die reichen Gasquellen vor Zyperns Küste sichern. Und Russland könnte die Insel für einen Militärstützpunkt gut brauchen, nachdem der Marinehafen in Syrien gerade im Bürgerkrieg droht abhanden zu kommen.
Somit besteht die Gefahr, dass Zypern in den nächsten Wochen die EU und damit den Euro unterstützt von Russland verlassen könnte. Dabei stellt sich die Frage, ob die Finanzminister der EURO-Zone nur Geld vor Augen haben, oder sie sich auch Gedanken machen könnten, welche gewinn bringende Kooperationen es im wirtschaftlichen Bereich geben könnte – wie im Fall Zypern und Griechenland im Bereich der Rohstoffe. China steht Griechenland auch schon wieder näher und wartet darauf, bis das Rettungskonzept in sich zusammenbricht.
Ich frage mich: Was ist der Grund, dass die gemeinsame Bewirtschaftung der Rohstoffe durch die EURO-Länder bei den nächtlichen Rettungsverhandlungen keine Rolle spielt?