Stift Kremsmünster / Foto: privat
Das Landesgericht Steyr hat erstmals einen hochrangigen Kleriker wegen sexuellen Missbrauchs und Gewalt an Kindern schuldig gesprochen. Der ehemalige Direktor des Konvikts des Stiftes Kremsmünster ist am frühen Mittwochnachmittag zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.Für Betroffene kirchlicher Gewalt ist das Urteil eine Sensation. Sie haben das Gefühl, dass ihnen Gerechtigkeit widerfahren ist. Wenn auch reichlich spät.
Der ehemalige Direktor des Konvikts des Stifts Kremsmünster ist am Landesgerichts Steyr unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Ein so hochrangiger Kleriker ist in Österreich noch nie wegen derartiger Delikte vor Gericht gestanden. Er soll über Jahrzehnte mindestens 24 Schüler geschlagen, bedroht und vergewaltigt haben. Die letzten Übergriffe fanden nach Auffassung des Gerichts in den 1990ern statt. Wegen der schweren Schäden, die eines der Opfer erlitten hat, wurde die Verjährungsfrist verlängert – was es überhaupt erst möglich gemacht hat, den heute 79-Jährigen vor Gericht zu stellen. Der Mann ist mittlerweile in den Laienstand zurückversetzt worden.
Verteidigung bestand auf Verjährung
Genau das bestritt in seinem Plädoyer der Verteidiger. Er geht wie erwartet davon aus, dass die Verbrechen verjährt sind. Ein Gericht könne seinen Mandanten wegen so lange zurückliegender Taten nicht verurteilen. Dass es die Übergriffe gab, bestritt auch er großteils nicht. Der Angeklagte soll sich großteils schuldig bekannt haben (der hpd berichtete).
Die Öffentlichkeit war vom Großteil des Prozesses ausgeschlossen. Bei Strafverfahren, in denen es um sexuelle Gewalt gegen (damals) Kinder geht, kein ungewöhnlicher Schritt.
Braune Vergangenheit
Am Rande des Prozesses ging es auch um die Schatten der NS-Vergangenheit in Kremsmünster. Jahrzehnte nach Kriegsende sollen die Schüler aus Tellern mit Hakenkreuzverzierung gegessen haben.
Der (nicht rechtskräftig) verurteilte Ex-Pfarrer soll Schülern auch einen SS-Dolch mit dem Spruch “Meine Ehre heißt Treue” gezeigt haben. Andere Schüler soll er mit einer Repetierschrotflinte, einer so genannten Pumpgun, bedroht haben – mit den Worten: “Ich erschieß dich, du Jud”. Er wurde auch wegen Wiederbetätigung angezeigt. Ob er auch wegen dieses Vorwurfs vor Gericht stehen wird, ist nicht bekannt.
Christoph Baumgarten