Zwischenruf: Beerdigt endlich den Kurt-Laßwitz-Preis !

Es ist eine Sache des Anstands, zunächst einmal jenen ganz herzlich zu gratulieren, die für die diesjährige Auflage des Kurt-Laßwitz-Preises (KLP) nominiert wurden. Dies sei hiermit geschehen. Leisten mussten die Damen und Herren immerhin etwas dafür. Und aus der Tatsache, dass einige ihrer Berufskollegen der Meinung waren, sie hätten für ihr im Vorjahr erschienenes Werk den KLP 2015 verdient, kann man den Nominierten schließlich keinen Vorwurf machen. Solche Dinge passieren eben. Oder gewissen Autoren auch immer wieder, wie die Vergangenheit des KLP nachhaltig bewiesen hat.

Zwischenruf: Beerdigt endlich den Kurt-Laßwitz-Preis !SF-Autor Sven Klöpping hat den KLP in einem Artikel für die Website Deutsche Science Fiction als "einen der wichtigsten SF-Literaturpreise in Deutschland" bezeichnet. Denkbar, dass Klöpping bei der Formulierung nur höflich sein wollte. Doch auf jeden Fall war er nicht präzise, denn er hätte besser geschrieben: Unter all den unbedeutenden deutschen SF-Literaturpreisen (denn es gibt in Deutschland keine relevanten Preise für SF-Literatur) ist der KLP noch einer der bekannteren.

Der KLP ist eine schon ewig in den Kellergewölben der deutschen SF-Literatur verwesende Leiche, die alljährlich aufgeschminkt, parfümiert und mit einem bekannten Namen - vorzugsweise dem von Andreas Eschbach (2008, 2010 & 2012), Dietmar Dath (2009 & 2013) oder Wolfgang Jeschke (2006 & 2014) - dekoriert wird, um sie im Schein einer Gravitas erstrahlen zu lassen, die ihr längst niemand mehr abkauft. Ein Preis, der explizit kein Publikumspreis sein und Verkaufserfolge prämieren will, dies unter dem Vorzeichen einer Jury-Entscheidung "von Profis für Profis" aber regelmäßig tut, muss es sich gefallen lassen, dass man sein Selbstverständnis hinterfragt. Und er muss die Frage aushalten, wieso ausgerechnet in der Kategorie SF-Hörspiele Maßstäbe angelegt werden, die sich so diskriminierend auswirken, dass kommerzielle Produktionen zugunsten von Radiohörspielen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten de facto chancenlos sind.

Zitat (inkl. Rechtschreib- und Grammatikfehler) der KLP-Website:

Die Jury orientiert sich am Qualitatsniveau der SF-Hörspiele der Achtziger und frühen Neunziger Jahren, auch wenn derzeit nur noch wenige Hörspiele in den Rundfunkanstalten produziert werden und die auf CD produzierten Hörspiele eher kommerziell statt künstlerisch-experimentell ausgerichtet sind. Daher kommt es immer häufiger vor, dass kein nominiertes Hörspiel ausgezeichnet oder gar kein Hörspiel nominiert wird. 24 Regisseure und Autoren wurden bislang prämiert, neunmal wurde kein Preis vergeben. Seit 2004 erhalten nicht nur der Autor, sondern auch der Regisseur und der produzierende Rundfunk eine Urkunde.

Dass kein einziges kommerzielles Hörspiel auf der Nominierungsliste für den KLP 2015 zu finden ist, obwohl neben den schon bestehenden Serien im letzten Jahr allein vier neue an den Start gingen und sich damit die Auswahl an potenziellen Kandidaten deutlich vergrößerte, überrascht angesichts der zitierten "Anforderungen" natürlich in keinster Weise. Und es erklärt sich von selbst, weshalb seit der Schaffung der KLP-Kategorie SF-Hörspiel im Jahre 1987 selbstredend noch nie ein kommerzielles Hörspiel gewonnen hat. Wie sollten sie auch? Immerhin sind sie ja nicht künstlerisch-experimentell ausgerichtet. Das sind die Bestseller von Frank Schätzing und Andreas Eschbach zwar auch nicht, doch da Romane sich nicht jenen absurd-rigiden Regeln unterwerfen müssen, wie sie für SF-Hörspiele geschaffen wurden, stand der Auszeichnung von auf den Massengeschmack ausgerichteten Werken dieser Herren mit dem KLP nichts im Wege. Die Botschaft ist klar: Kommt ein Inhalt zwischen zwei Buchdeckeln daher, darf er so kommerziell ausgerichtet wie nur irgend möglich sein. Aber wehe, er erscheint auf CD - dann wird er mit dem elitären Kunstguillotine gnadenlos gerichtet. Man muss kein Hörspielfan sein, um hier einen Widerspruch im Regelwerk des KLP zu erkennen, der sich durch nichts, aber auch gar nichts wegdiskutieren lässt. Die an dieser Stelle denkbare Forderung nach einer Reform der Regeln für die Kategorie SF-Hörspiele des KLP erspare ich mir. Denn sie wird von anderen Stimmen schon seit Jahren erhoben - und zwar ohne jede Wirkung. Auch würde eine solche Reformierung gar nichts bringen, denn es ist der Kurt-Laßwitz-Preis in seiner Gesamtheit, der sich überlebt hat und endlich die Gnade erfahren sollte, ehrenvoll beerdigt zu werden.

Der KLP stammt aus einer Zeit, als es für die Leser teilweise noch recht schwierig war, an Informationen über Neuerscheinungen auf dem Buchsektor zu gelangen. Und insbesondere die Veröffentlichungen kleiner Anbieter tauchten auf dem Radar der SF-Fans häufig gar nicht auf. Es war die Zeit vor den Verlagswebsites und den Internetforen, vor den Blogs und den sozialen Netzwerken. In dieser Ära ergab ein Preis, der insbesondere Newcomern und Geheimtipps zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen wollte, durchaus einen Sinn. Doch diese Zeiten sind vorbei. Wer sich heutzutage informieren will, kann dies ohne große Probleme tun. Und wer ein bestimmtes Buch anschließend kaufen möchte, hat dazu auf unterschiedlichsten Wegen die Möglichkeit. Auf "Profi-Tipps" in Form des KLP ist nun wirklich niemand mehr angewiesen. Und die Verleihung eines Preises an ein Radiohörspiel, das sich zum Zeitpunkt der Prämierung nicht einmal mehr aus den Mediatheken der Sender abrufen lässt, weil zwischen Ausstrahlung und Bekanntgabe des Gewinners zu viel Zeit vergangen ist, besitzt in etwa die Relevanz eines platzenden Sack Kaffees im Hafen von Acapulco. Ein kommerzielles Hörspiel hingegen wäre dann immer noch im Handel erhältlich...

Was bleibt, ist ein SF-Literaturpreis (Zitat) "von Profis für Profis", an dem aber selbst die Professionellen scheinbar kaum noch Interesse haben. Oder wie soll man es sich sonst erklären, dass letztes Jahr gerade einmal 38 Personen an der Abstimmung über die beste SF-Erzählung teilnahmen? Darum: Jedes Ding hat seine Zeit, und die des Kurt-Laßwitz-Preises ist einfach inzwischen abgelaufen. Ihn würdevoll zu Grabe zu tragen, wäre deshalb keine Schande, sondern vielmehr Ausdruck einer letzten Ehrerbietung - nicht zuletzt auch gegenüber dem verdienstvollen Menschen, nach dem der KLP benannt wurde.


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