Zwischenruf anlässlich des Audi Prologue Concept


Versuch einer qualifizierten Antwort zum Kommentar eines Lesers auf Audis Facebook-Seite, in dem von der mangelnden Emotionalität des Audi Design (namentlich im Vergleich zum dem von Mercedes) die Rede ist.

Wenn man F.R.'s Einwand inhaltlich ernst nimmt, findet man ein Problem, das heute alle Hersteller haben: Eine plakative Formensprache und die Verwendung vieler dekorativer Elemente dienen dazu, auf den ersten Blick Begeisterung auszulösen – und diese Begeisterung wird von vielen mit Emotionalität verwechselt. 

Eine Verbindung mit dem Fahrzeug und eine echte, nachhaltige Bindung an die Marke entstehen aber nicht im Showroom oder anhand von Fotos, sondern draußen auf der Straße. Es ist ein bisschen so, als ob man eine Frau, die für eine Party gestylt und geschmückt ist, ansieht – oder eine, die einem morgens am Frühstückstisch gegenüber sitzt. Die, die auch am Morgen danach noch gut aussieht und anziehend wirkt, ist die wirkliche Schönheit! Mercedes macht zur Zeit Party-Design: Plakativ, effektvoll, spektakulär, aber arm an Substanz. Das reicht oft nicht mal für eine Nacht. 

Audi hat immer schon, zuletzt besonders deutlich in der Zeitspanne zwischen Mitte der 1980er bis Anfang der Nuller-Jahre ein substanzielles, nachhaltiges Design gehabt. Man erkennt das daran, dass man die Modellreihen durch alle Jahre hindurch heute noch ansehen kann: Da ist kaum etwas peinlich oder seltsam, da sind immer noch gute Proportionen, schöne Details und eine edle Modellierung – egal, wie alt der Audi ist, den man gerade ansieht. Das war ein Design für's Leben, und das war nicht nur deswegen gut, weil es nachhaltig war, sondern weil der Kunde sich mit diesen Produkten ernst genommen fühlen konnte.

In letzter Zeit hat auch Audi den Bling-Bling Stil adaptiert. Das ist den neuen Märkten, vor allem in Asien, geschuldet – dort gibt es die Tradition der »guten Form« nicht, die wir in Deutschland dank Bauhaus und Ulmer Schule haben, und es gibt auch die Idee der »vornehmen Zurückhaltung« nicht in dem Maße, wie sie in Europa verwurzelt ist. 

Trotzdem ist auch bei vielen neuen Audi-Modellen der letzen Jahre noch Substanz zu erkennen, wobei die Entwicklung der Substanz unter der Hülle von effektvollen Details und oberflächlichem Spektakel deutlich stehen geblieben ist. Der neue Q7 ist in diesem Sinne ein Tiefpunkt: Eine dekorierte Kiste, weniger »Schönheit von innen« sollte Audi sich nicht mehr leisten. 

Der Prologue ist für mich der Versuch, wieder ein Gleichgewicht zwischen der Schminke und der substanziellen Schönheit herzustellen: Nimmt man die effektvollen Details weg und vereinfacht man die gestylten Flächen, dann hat man immer noch ein super aufregendes Auto. In diesem Sinne verstehe ich die Ankündigung, sich »wieder alter Tugenden zu besinnen«. Aber man sollte dabei nicht vergessen, dass Audi Design immer auch ein Treiber im Markt war und Dinge gewagt hat. Auch dieser Mut ist eine Tugend, und von dieser sehe ich am Prologue nicht allzu viel.

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