Zwischendurch: Der Filmlook – Warum sieht Kino aus wie Kino?

Kino beflügelt die Fantasie. Kein Wunder also, dass viele Filmfans irgendwann selbst zur Kamera greifen, um ihre eigene Geschichte zu erzählen. Nach ersten Experimenten mit Papas Camcorder, dem Handy oder der DSLR stellt man dann fest, dass irgendetwas nicht stimmt. Warum sehen die eigene Hobbyproduktionen nicht aus wie ‚richtige‘ Filme, wie man sie aus dem Kino oder Fernsehen kennt? Auch nicht, wenn man schwarze Balken hinzufügt, um ein breites Kinoformat zu suggerieren. Und wie erreichen Agenturen, die Imagefilme für Firmen produzieren, ihre professionelle Ästhetik? (Beispiel: Filmproduktion Berlin)

Kameramann

Der gängige ‚Filmlook‘ setzt sich aus vielen verschiedenen Faktoren zusammen, die ein Laie nur unterbewusst wahrnimmt.

Kamera

Logisch – eine bessere Kamera erzeugt bessere Bilder. Entscheidend ist das Objektiv, das vor den ‚Body‘ einer professionellen Kamera geschraubt wird. Ein Objektiv kann die Funktionsweise des menschlichen Auges nachahmen, indem es den relevanten Bereich eines Bildes scharfstellt, während die davor- oder dahinterliegende Umgebung unscharf erscheint. Ein geringer Schärfebereich auf der Tiefenachse ist typisch für den Filmlook. Stichwort: Schärfentiefe/Tiefenschärfe.

Einzelbilder

Ein Film ist nichts anderes als eine schnelle Abfolge von Einzelbildern. Der typische Kino-/Fernsehfilm wird mit 24 beziehungsweise 25 Bildern pro Sekunde aufgenommen und ausgestrahlt. Deutlich weniger fps (frames per second) lassen Bewegungen abgehackt wirken. Deutlich mehr fps hingegen wirken zu flüssig für eine Kino-Optik (vgl. ‚Soap-Opera-Effekt‘). Daher auch die Kontroverse um HFR.

Struktur

Das klassische (analoge) Filmbild zeichnet sich außerdem durch Korn aus – kleine Partikel, die dem Bild eine Struktur verleihen. Weil digitale Bilder oft sehr glatt wirken, gibt es die Möglichkeit, in der Nachbearbeitung künstlich Filmkorn hinzuzufügen.

Tiefe

Das Spiel mit der oben erwähnten Schärfentiefe ist natürlich nur dann möglich, wenn das Bild überhaupt Tiefe besitzt. Filmlook entsteht auch unabhängig von Kameratechnik durch die Gestaltung des Raumes. Amateuraufnahmen spielen sich oft auf einer flachen Ebene ab. Um filmisch zu wirken, sollte das Motiv eine Räumlichkeit haben, Menschen sollten nicht direkt vor einer Wand stehen. (Unscharfe) Komponenten im Vorder- oder Hintergrund machen oft den Filmlook aus.

Einrichtung

Was in der Realität völlig normal ist, kann durch die Kamera betrachtet störend und unnatürlich wirken. Nicht umsonst verwenden Hollywood-Produktionen so oft selbstgebaute Sets anstelle von Originalschauplätzen, selbst bei alltäglichen Handlungsorten. Beispielsweise sind in kaum einem Film weiße Wände zu sehen, weil die helle Farbe das Auge ablenkt. Auch Heizungen oder Steckdosen wirken selten filmisch. Die Einrichtung des Schauplatzes – unter Berücksichtigung der räumlichen Tiefe – ist nicht zu unterschätzen, Stichwort: Mise-en-Scène. Im Zweifel lohnt sich der Ausflug in die Natur.

Licht

Gezielt gesetztes Licht inklusive Filter kann hart, weich, bunt oder flau sein und erzeugt konkrete Stimmungen – die bereits vorhandene Deckenlampe eher nicht. Ein Profi-Film verwendet mehr Scheinwerfer als man vielleicht denkt, schließlich sind die wenigsten im Bild zu sehen. Lichtsetzen ist eine Wissenschaft für sich. Daher lieber die Sonne nutzen als eine ungünstig platzierte Lampe.

Kadrierung

Die richtige Kamera ist gewählt, die Szene eingerichtet. Für den Filmlook muss nun noch die geeignete Einstellungsgröße gewählt werden, um mit dem Bild die gewünschte Botschaft zu vermitteln. Vor dem Drücken der Aufnahmetaste gilt es, zu überlegen, aus welcher Entfernung und Perspektive man das Objekt einfangen möchte. Amateurfilmen fehlt oft der Mut zur Nähe.

Dynamik

Film heißt in der Regel: Bewegung. Rein statische Szenen sind entweder ein außergewöhnliches Stilmittel oder zeugen von mangelnder Erfahrung mit dem Medium. Schwenks auf dem Stativ und auch die wackelnde Handkamera haben ihre Daseinsberechtigung, aber vor allem sind es Kamerafahrten, die die Spreu vom Weizen trennen. Je ruhiger die Fahrt, desto professioneller wirkt sie. Hierfür gibt es Kräne, Dollys, Steadicams, Slider und Dronen.

Nachbearbeitung

Selbst die schönsten Bilder können dilettantisch wirken, wenn sie nicht mit dem geeigneten Timing zusammengeschnitten werden. Hierfür gilt es, ein Gefühl zu entwickeln. Den letzten Schliff erhält der Filmlook dann in der Anpassung der Farben, Stichwort: Color Grading. Häufig wird die Sättigung heruntergeschraubt. Auch ein nachträgliches Hervorheben bestimmter Bildbereiche ist üblich, vor allem Gesichter. Wie immer gilt: Der Inhalt bestimmt die Form. Und wer viel ausprobiert, kommt dem Profi-Look, wie auch einem eigenen Stil Schritt für Schritt näher.

Und natürlich beeinflusst auch der oft unterschätzte Sound den Look. Aber das ist eine andere Geschichte…

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